Die Geächteten
unterstrichen das Ganze noch. Ihre Kleidung ähnelte der Eves, doch der Stoff war dunkelblau und von besserer Qualität. Beide trugen wie Eve ein Kreuz, nur ein größeres. Hannah fühlte sich durch den Ausdruck ihrer Gesichter, der ernst, aber nicht unfreundlich war, beruhigt. Sie kamen auf sie zu, und dann begann der Mann zu reden.
»Ich bin Pastor Ponder Henley, der Direktor des Zentrums des Geraden Weges. Und das ist Mrs. Henley.« Seine runden braunen Augen wirkten überraschenderweise leicht ausdruckslos. Ihre waren funkelnd blau und passten zu ihrer Kleidung.
»Sehr erfreut«, sagte Hannah, getrieben von einem völlig absurden Impuls, höflich sein zu wollen. »Ich bin Hannah Payne.«
»Weshalb bist du hier, Hannah?«, fragte Mrs. Henley. Ihre Stimme war lieblich und mädchenhaft und ihr Ton sanft, doch Hannah wusste, dass diese Frage nur ein Test war. Sie blickte in ihre Gesichter und versuchte zu ergründen, was die beiden hören wollten. Vielleicht, »um Buße für meine Sünden zu tun« oder »um zu lernen, einen geraden, frommen Weg zu gehen«.
Am Ende jedoch zuckte sie die Achseln und sagte: »Ich kann nirgendwo anders hingehen.«
Der Pastor und seine Frau wechselten einen schnellen Blick. Ihre Münder dehnten sich in die Breite, und das darauf folgende Lächeln brachte zwei Reihen weißer, gleichmäßiger Zähne zum Vorschein. Auf Mrs. Henleys Wangen bildeten sich schöne Grübchen.
»Das ist die richtige Antwort, Hannah«, sagte Pastor Henley. »Weißt du auch, warum?« Sie schüttelte den Kopf, und er sagte: »Weil sie wahr ist. Ohne Wahrheit kann es keine Rettung geben.«
»Möchtest du denn gerettet werden, Hannah?«, fragte Mrs. Henley.
»Ja.«
»Und glaubst du, dass du gerettet werden kannst? «, fragte Pastor Henley.
Wieder erwog Hannah eine Lüge. Was, wenn der Glaube an Gottes Vergebung erforderlich war? Was, wenn sie sich dafür entschieden, sie nicht hierzulassen? Sie schüttelte ein zweites Mal den Kopf. Das Lächeln von Mr. und Mrs. Henley wurde breiter.
»Das ist sowohl die richtige als auch die falsche Antwort«, sagte Pastor Henley. »Richtig, weil du ehrlich warst, falsch, weil du gerettet werden kannst . Du bist nur zu blind, um es jetzt zu sehen, aber du wirst gerettet werden , Hannah, wenn du den geraden Weg gehst. Die ersten Schritte für deine Rettung bist du bereits gegangen.«
Vielleicht können sie dir helfen, etwas Gnade zu finden . War es möglich, fragte sich Hannah, dass Gott für sie nach allem, was geschehen war, doch nicht verloren war? Dass die Henleys sie an einen Ort führen konnten, wo Er ihr vergeben würde? Deren abgeklärtes, unerschütterliches Vertrauen bedeutete ihr, dass es möglich war.
»Aber die Blinden will ich auf dem Wege leiten, den sie nicht wissen … Das alles will ich tun und nicht davon lassen«, sagte Pastor Henley. »Das hat uns Gott in Jesaja versprochen. Und das ist es, was wir dir versprechen, Hannah. Unter zwei Bedingungen: dass du dich an die Regeln halten wirst und uns niemals, niemals anlügst. Schwörst du das?«
Hannah öffnete den Mund, um ja zu sagen, doch bevor sie etwas sagen konnte, hob Mrs. Henley ermahnend einen Zeigefinger und sagte: »Mach dir den Schwur nicht zu leicht, Hannah. Falsche Leute dürfen in meinem Haus nicht bleiben, die Lügner gedeihen nicht bei mir.«
Sie warteten und sahen sie mit feierlicher Geduld an. Sie versuchte sich eine Frage vorzustellen, die sie stellen könnten und die sie mit einer Lüge würde beantworten wollen. Es fiel ihr nur eine ein – »War Aidan Dale der Vater deines Kindes?« –, aber sie nahm an, dass den beiden niemals in den Sinn käme, eine derartige Frage zu stellen. Etwas anderes hatte sie nicht zu verbergen; es gab nichts anderes, das von solcher Bedeutung war, dass sie es hätte verheimlichen wollen.
»Ich schwöre es«, sagte sie.
Die Henleys gingen zu ihr. Ponder Henley nahm ihre linke und Mrs. Henley ihre rechte Hand. Sie bildeten einen Kreis. Hannahs Handflächen waren feucht, die Hände der Henleys warm und trocken. Sie war etwas größer als der Pastor und
überragte Mrs. Henley, und sie fühlte sich neben den beiden unbeholfen und rot. Sie senkten die Köpfe. »Heiliger Jesus«, betete Pastor Henley. »Du hast dieser Wanderin den Weg zu ihrer Rettung gezeigt. Überwache ihre Schritte, Herr, und unterstütze sie darin, auf dem Weg zu bleiben, wenn Satan sie in Versuchung führt. Erleuchte ihr den Weg, Herr, und öffne ihre Augen für Deinen Willen und ihre
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