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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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hierher zu schicken? Wusste Aidan darüber Bescheid?
    »Sie war wie wir eine Ausgestoßene«, sagte das Mädchen. »Bis Jesus die Dämonen in ihr verjagte. Er hat sie direkt in die Hölle geschickt, einfach so.« Sie schnippte mit den Fingern. Ihre knochendünnen Handgelenke schauten einige Zentimeter aus den Ärmeln ihres Kleides heraus.
    »Ich weiß, wer sie ist.« Hannah fragte sich, was das Mädchen verbrochen haben mochte. Nichts Gravierendes, denn sonst wäre sie keine Gelbe. Drogenbesitz? Gelegenheitsdiebstahl?
    Das Mädchen neigte den Kopf. »Oh ja? Du bist so schlau, sag mir, warum sie nackt ist.«
    Hannah zuckte mit den Achseln. »Vor Gott sind wir alle nackt.«
    »Das stimmt«, sagte das Mädchen. »Aber falsch.« Sie war schlicht von Gestalt, hatte ein schwach ausgeprägtes Kinn und einen unvorteilhaften Überbiss. Die Art von Mädchen, die man wegschickte, wenn da nicht die Augen wären. Sie hatten eine satte Bernsteinfarbe, und mittendrin tanzten aufrührerische kleine Funken, die ihrem Gesicht etwas Lebendiges verliehen. Sie waren der Grund dafür, dass Hannah sie trotz ihrer forschen Art gleich mochte.
    »Warum denn?«, fragte Hannah und wünschte, sie könnte die zu kurzen Ärmel des Mädchens ein Stück auslassen. Sie war noch ein Kind, siebzehn, höchstens achtzehn.
    »Du wirst es herausfinden.« Das Mädchen lächelte sie verschlagen an und fegte weiter.
    Hannah ging einige Schritte. Ihre Augen wanderten wieder zu Magdalena zurück; das Bild zog ihren Blick förmlich auf sich. Das Gemälde und eine einfache Holzbank waren die einzigen Dinge in dem ansonsten asketischen Raum. Die Wände waren weiß, die Böden aus Terracotta-Fliesen. Lange, horizontale Fenster unweit der Decke ließen dünne Lichtstrahlen hinein. Es gab drei Türen: die, durch die sie gekommen war, und zwei weitere, eine neben dem Mädchen und die andere direkt unter dem Bild. Letztere war hoch und schmal und aus dunklem Holz mit komplizierten Schnörkeln, die auf Hochglanz poliert waren. Sie sah alt und fremdartig aus, als gehörte sie in irgendein verfallenes Schloss. Hannah ging zu der Tür, um sie aus der Nähe zu betrachten.
    »Du kannst da gern reingehen«, sagte das Mädchen.
    »Ich wollte sie nicht öffnen, nur ansehen.« Die Schnitzarbeiten des Hauptpaneels, die einen Schäfer mit seiner Herde zeigten, waren überaus detailliert. Darunter standen einige lateinische Worte. Hannah ließ ihre Finger leicht über die Buchstaben gleiten.
    »Es ist aus Lukas«, sagte das Mädchen. »Darin heißt es, dass man versuchen soll, durch die enge Pforte hineinzugehen …«
    »Denn viele, das sage ich euch, werden danach trachten, wie sie hineinkommen, und werden’s nicht können«, endete Hannah. »Ich kenne den Text.«
    Das Gesicht des Mädchens bekam plötzlich einen feindseligen Ausdruck. »Du weißt gar nichts . Du denkst, du weißt alles, aber das tust du nicht. Rede wieder mit mir in drei Monaten, dann werden wir sehen, was du weißt.« Sie beugte sich hinab und fegte ärgerlich den zusammengekehrten Schmutz in die Kehrschaufel. Dann ging sie zu der Seitentür und machte sie auf.
    »Bist du so lange hier?«, fragte Hannah, bevor sie gehen konnte. »Drei Monate?«
    »Genau«, gab das Mädchen hölzern und mürrisch zurück.
    »Ich bin Hannah. Wie heißt du?«
    »Eve.« Argwöhnisch sagte sie ihren Namen, als wartete sie darauf, verspottet zu werden.
    »Ist das dein wirklicher Name, oder hat man ihn dir hier gegeben?«
    »Es ist mein Name.«
    »Es ist ein schöner Name«, sagte Hannah.
    Die Augen des Mädchens begannen zu flackern. »Das ist das Einzige, was sie dir hier lassen.«
    Sie ging und machte die Tür leise hinter sich zu.
    Einige Minuten später ging die Tür wieder auf, und ein Paar betrat händchenhaltend den Raum. Der Mann war von mittlerer Größe, gepflegt und kräftig, mit einem Kopf, der für seinen Körper ein bisschen zu groß geraten schien. Seine Kleidung war schlicht: weißes Hemd, dunkelgraue Hose, schwarze Hosenträger. Er musste etwa Mitte vierzig sein, schätzte Hannah, attraktiv wie ein in die Jahre gekommener Barbiepuppen-Ken, mit einem quadratischen Kiefer, dichtem blonden Haar und kleinen Fältchen in den Augenwinkeln. Auch wenn sie um einiges jünger sowie kleiner und zierlicher war, ähnelte ihm die Frau so sehr, dass man sie für Bruder und Schwester hätte halten können. Auch sie war blond und strotzte nur so vor Vitalität und Wohlergehen. Die auf ihren rosa Wangen verstreuten Sommersprossen

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