Die Gebrüder Kip
ja kaum zu denken. Port-Praslin war weder Dunedin, noch Wellington oder Auckland, wo es für gewöhnlich viele Seeleute gibt, die nur darauf warten, sich einzuschiffen.
Hier gab es nur auf eigene Rechnung arbeitende Kolonisten oder Angestellte in den verschiedenen Handelshäusern; es bot sich also gewiß keine Gelegenheit, etwaige Lücken in einer Mannschaft auszufüllen.
Gibson wußte aber nicht, was ihm drohte, und hatte überhaupt keine Ahnung von dem gegen ihn und sein Schiff angezettelten Komplotte. Die zuletzt angeworbenen Matrosen hatten bisher zu keiner Klage Anlaß gegeben. Auch der immer unterwürfige und willfährige Flig Balt konnte keinerlei Verdacht bei seinem Kapitän aufkommen lassen. Hatte er Hawkins ebenso zu täuschen verstanden, so behielten ihn die Gebrüder Kip, denen er nun einmal kein Vertrauen einflößte, immer scharf im Auge, was ihm übrigens nicht entgangen war. Wahrlich, das reine Unglück, die Schiffbrüchigen von der Insel Norfolk gerettet zu haben! Und wenn der »James-Cook« diese wenigstens in Port-Praslin abgesetzt hätte! Doch nein, er sollte sie ja auch bis Hobart-Town mit zurückbringen.
Was Len Canon und seine Genossen anging, war die Hoffnung, die sie daran geknüpft hatten, nach dem Salomonsarchipel verschlagen zu werden, nur von kurzer Dauer. Nach drei Stunden – so lange wütete die Bö mit voller Gewalt – nahm der Sturm plötzlich ein Ende und der Wimpel am Großmast flatterte nicht mehr ausgestreckt in der Luft. Unter der Führung Karl Kips hatte sich das Schiff vortrefflich gehalten und nicht einmal eine der so gefährlichen Sturzseen übergenommen, denen man sonst beim Segeln vor dem Winde so selten entgeht. Dann steuert ein Fahrzeug entweder gar nicht oder doch nur sehr schlecht, und es wird stets schwierig, dessen Schwanken von einer Seite zur anderen zu vermeiden. Karl Kip hatte hier Gelegenheit gehabt, seine Geschicklichkeit und Kaltblütigkeit glänzend zu erweisen. Kein Mann aus der Besatzung hätte während der Sturmbö das Ruder besser regieren können, als er.
Wenn sich der Wind auch urplötzlich legte, blieb das Meer doch noch länger furchtbar aufgewühlt. Die Wogen wälzten sich durcheinander, so als ob die Brigg inmitten einer schweren Brandung oder madreporischer Bänke segelte. Mindestens herrschte jetzt aber wieder Ruhe in der Atmosphäre, und nach einem tüchtigen Platzregen, der die Bö begleitet und die von Westen herangezogenen Wolken entleert hatte, sprang der Passatwind in seiner gewöhnlichen Richtung wieder auf.
Gibson ließ jetzt die Reffe der Marssegel wieder lösen und das Focksegel nebst Brigantine, sowie Bram-und Oberbramsegel beisetzen; nur die Leesegel wurden weggelassen, um die Maste nicht zu überlasten. Mit Steuerbordhalfen machte die Brigg so gute Fahrt, daß sie sich am nächsten Tage, am 19., nachdem sie von der Insel Bougainville aus hundertfünfzig Seemeilen zurückgelegt hatte, schon gegenüber dem St. Georgskanal befand, der zwischen den Bergküsten von Neuirland und Neuguinea verläuft.
Dieser Kanal hat nur einige Seemeilen Breite. Die Fahrt darauf ist nicht leicht, denn in seiner ganzen Länge erheben sich zahlreiche Klippen, er verkürzt aber die Fahrstrecke reichlich um die Hälfte. Für Schiffe, die die Westseite von Tombara unmittelbar umsegeln, statt sich an der Südküste von Birara zu halten und die Dampierstraße aufzusuchen, bedarf es gar sehr der Hand eines erfahrenen, ortskundigen Kapitäns, wie Harry Gibsons.
Im vorliegenden Falle kam das aber nicht in Frage, weil Port-Praslin an der Südseite Neuirlands, an der nach dem Großen Ozean gewendeten Küste und nahe am Kap Saint-Georges liegt, das fast am Eingange der Wasserstraße emporragt.
Da der »James-Cook« bei seiner Annäherung an das Land noch einmal von einer fast vollständigen Windstille überrascht wurde, hatten Hawkins, Nat Gibson und die Gebrüder Kip die beste Gelegenheit, diesen Teil der Küste eingehend zu besichtigen.
Das Gerippe der Insel wird von einer doppelten Bergkette gebildet, die im Mittel sechstausend Fuß hoch ist und von dem vorliegenden Punkte der Küste ausgeht. Beide Bergzüge sind bis zum Gipfel mit Wäldern bedeckt. Undurchdringlich für jeden Sonnenstrahl, strömt daraus fortwährend eine feuchte Luft herab, wodurch die Temperatur eine erträglichere bleibt als in anderen, dem Äquator benachbarten Gegenden. Jener Umstand vermindert also recht glücklich die starke Wärme, die im Bismarck-Archipel gewöhnlich herrscht, und
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