Die Gebrüder Kip
Magazine bildeten dagegen eine unregelmäßige Gebäudegruppe im Hintergrunde des Hafens, wo auch andere Kaufleute ihre Schreibstuben und Faktoreien errichtet hatten.
Die Eingebornen Neuirlands führen dieselbe Lebensweise wie die Koloniebevölkerung. Ihre Dörfer bestehen aus Haufen von Hütten, die in der Mehrzahl auf Stämmen, also über der Erde freistehend, erbaut sind. Sie kommen gern nach Port-Praslin und zu den Agenten, die im deutschen Melanesien die Staatsgewalt vertreten. Als Hawkins und seine Begleiter ans Land fuhren, begegneten sie auch schon mehreren dieser Eingebornen.
Obwohl diese wenig arbeitsamer Natur sind und die meisten den Tag mit Nichtstun hinbringen, erliegen sie doch zuweilen dem Verlangen, einige Piaster zu verdienen. Nicht selten bieten sie sich dann zum Löschen und Beladen der Schiffe an. Man beschäftigt sie im allgemeinen gern, denn wenn man sie nur scharf beaufsichtigt, da die Leute gern kleine Diebstähle begehen, geben sie zu Klagen keinen Anlaß.
Der Neuirländer ist nicht gerade groß; er mißt im Durchschnitt nur fünf Fuß und zwei Zoll. Seine Haut ist braun, nicht schwarz wie die des Negers. Der Unterleib tritt etwas hervor und die Glieder sind dünn und schlank. Das wollige Haar läßt der Eingeborne zu zierlichen Locken gewunden über die Schultern hinabfallen, eine Haartracht, die in zivilisierten Ländern nur beim weiblichen Geschlechte vorkommt. Ferner zeigen die Urbewohner eine abgeflachte Stirn, ziemlich platte Nase und einen breiten Mund mit Zähnen, die durch den Mißbrauch von Betel meist verdorben sind. In der Zwischenwand und in den Flügeln der Nase, die ebenso wie die Ohren durchlöchert sind, stecken kleine Stäbchen, woran Tierzähne oder auch Blumen und nicht selten sogar kleine Gebrauchsgegenstände hängen. Die Kleidung besteht gewöhnlich nur aus Stoffschürzen, die seit einigen Jahren die früher getragene Schürze aus Rindengewebe verdrängt haben. Wie zur Vervollständigung der Kleidung bemalen sich die Leute verschiedene Stellen des Körpers. Mit Ocker, der in Kokosöl verrieben ist, färben sie sich die Wangen, die Stirn, die Nasenspitze, das Kinn, die Schultern, die Brust und den Leib. Nur wenige sind tätowiert, und diese Tätowierungen sind dann nicht durch Einstiche hergestellt, sondern mittels Steinkanten und scharfrandigen Muscheln eingeschnitten. All dieser »Schmuck« verhüllt aber noch nicht die Lepra, an der sie vielfach leiden, trotz der öligen Einreibungen, die sie dagegen anwenden, und auch nicht die Narben der Wunden, die sie in häufigen Kämpfen, besonders mit ihren Nachbarn auf Birara, davongetragen haben.
Daß die Eingebornen dieser Inselgruppe Menschenfresser gewesen wären, unterliegt kaum einem Zweifel… vielleicht sind sie es gelegentlich auch jetzt noch. Wie dem auch sei, jedenfalls ist die abscheuliche Sitte der Menschenfresserei jetzt stark eingeschränkt, dank den Missionaren, die sich auf der Insel Roon, im Südwesten von Neupommern, niedergelassen haben.
Die auf dem Kai stehenden Eingebornen gehörten dem stärkeren Geschlecht an. Keine Frau, kein Kind befand sich darunter. Diese kann man fast nur in den Dörfern und auf dem Lande zu sehen bekommen, wo die Neuirländerinnen die Feldarbeit verrichten; in die Nähe der Faktoreien wagen sie sich dagegen nur sehr selten.
»Wir werden einige Ausflüge ins Innere unternehmen, sagte Zieger, das wird Ihnen Gelegenheit geben, diese Völkerschaften genauer zu betrachten.
– Ich bin mit Vergnügen dabei, versicherte Hawkins.
– Zunächst aber, setzte Zieger hinzu, drängt es mich, Sie meiner Frau vorzustellen, denn sie dürfte uns schon erwarten.
– Wir folgen Ihnen,« antwortete der Reeder.
Der Weg, der erst am Ufer hin nach Wilhelmstaf führte, war reichlich beschattet. Die weiter im Innern terrassenartig emporsteigenden Anpflanzungen reichten herunter bis zur Linie der Brandung an den äußersten Felsen der Buchten. Zur Rechten stiegen dichte Waldmassen bis zum Kamme der Bergkette des Landes empor, der noch von zwei oder drei Gipfeln der Lanutberge überragt wird. Zwang irgend ein Hindernis, ein Rio oder ein Stück sumpfigen Bodens, vom Ufer abzuweichen, so wendete man sich unter die Bäume, wo – allerdings wenig betretene – Fußsteige dahinliefen. Hier gediehen in Menge Arecapalmen, Pandanusbäume, Barringtonias und Bananen-Feigenbäume. Ein Netz von Lianen, die zuweilen hochgelb wie Gold aussahen, umstrickte die Stämme, wand sich um die Aste und kletterte bis
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