Die Gebrüder Kip
den nördlich davon gelegenen Inselgruppen ziemlich häufig auftreten. Sie dauern übrigens niemals lange an und sind nur gefährlich für nachlässige und unerfahrene Kapitäne, die sich davon überraschen lassen. Man nennt sie »schwere Böen«. Ein Fahrzeug, das nicht auf seiner Hut ist, läuft dabei Gefahr, zu kentern.
Im Laufe dieses Tages und der folgenden Nacht war von einer solchen Bö nichts zu spüren und die Richtung des Windes blieb unverändert. Als der »James-Cook« die unfruchtbare und unbewohnte Insel Monyon, die sich in der Mitte eines Korallenringes, eines sogenannten Atolls, erhebt, an Backbord hinter sich gelassen hatte, kam er auf ein, weniger von madreporischen Bänken durchsetztes Meer und konnte seine mittlere Geschwindigkeit von zehn Seemeilen in der Stunde sorglos beibehalten.
Es liegt auf der Hand, daß sich die von Flig Balt, Vin Mod und den anderen herbeigewünschte Gelegenheit unter diesen Verhältnissen nicht bieten konnte. Gibson, sein Sohn, der Reeder und die Gebrüder Kip suchten für die Nacht ihre Kabinen ebensowenig auf, wie die Matrosen Hobbes, Wickley und Burnes oder der Schiffsjunge Jim das Volkslogis. Es war daher unmöglich, sich des Kapitäns durch einen herbeigeführten Unfall zu entledigen, denn dieser war niemals allein auf dem Verdecke.
Obwohl die jetzige Jahreszeit für die große Küstenfahrt in den melanesischen Meeren die günstigsten Aussichten bot. begegnete die Brigg auf ihrem Wege doch keinem einzigen Schiffe. Eine Erklärung dafür liegt darin, daß auf den Inselgruppen zwischen dem Äquator und dem nördlichen Teile Papuasiens bisher sehr wenige Kontore und Faktoreien entstanden sind und zu einem regeren Handelsverkehre, wie er sich in Zukunft jedenfalls entwickeln wird, noch keinen Anstoß gegeben haben.
Wir geben im folgenden einen gedrängten Überblick über die politische und geographische Verteilung dieser Archipele.
Seit langen Jahren schon hatte England, alter Gewohnheit gemäß, mit mehr oder weniger Berechtigung seine Schutzherrschaft über die Nachbarinseln von Neuguinea ausgedehnt, bis es 1884 zu einem Vertrag zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreiche kam.
Infolge dieses Vertrages wurden alle Inseln im Nordosten von Papuasien bis zum hunderteinundvierzigsten Grade der Länge östlich von Greenwich als deutsche Besitzungen erklärt.
Damit erhielt das Kolonialgebiet des Deutschen Reiches, das es sich bald sehr angelegen sein ließ, Einwanderer hierher zu ziehen, einen Bevölkerungszuwachs von rund hunderttausend Seelen.
Wir möchten die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Hauptgruppe in dieser Inselwelt hinlenken, in der sich unsere Erzählung abspielt.
Die beiden bedeutendsten Inseln der Gruppe sind Tombara oder Neuirland, und Biara oder Neubritannien. Beide haben die Gestalt eines engen Bogens. Die erste ist von Neuguinea durch die Dampierstraße getrennt. Der St. Georgkanal verläuft mitten durch zahlreiche Korallenriffe von der Süd-nach der Nordostspitze der zweiten.
Auf den Karten findet man ferner die wesentlich kleineren Inseln Hannover und York, nebst einigen anderen bewohnten oder unbewohnten Eilanden – das Ganze mit einer Oberfläche von fünfzehnhundertachtzig Quadratkilometern.
Natürlich wurden nach dem Teilungsvertrag der beiden Mächte die früher melanesischen oder englischen Namen der Inseln durch deutsche ersetzt; so ist Tombara oder Neuirland zu Neumecklenburg geworden, Birara oder Neubritannien wurde zu Neupommern, und York zu Neulimburg umgetauft. Nur Neuhannover hat seinen ja an sich schon germanischen Namen behalten.
Nun galt es noch, der Gesamtheit der Inseln, die in diesem Teile des Großen Ozeans eine ziemlich bedeutende Besitzung bilden, einen gemeinschaftlichen Namen zu geben, und heute findet man sie auf den Karten als »Bismarck-Archipel« bezeichnet.
Pieter Kip fragte Hawkins, unter welchen Umständen und Bedingungen er mit diesem Archipel besonders mit Neuirland, in Handelsverbindung stände.
»Ich war in früherer Zeit, antwortete der Reeder, Korrespondent einer Firma in Wellington auf Neuseeland, die mit Tombara in Geschäftsverbindung stand.
– Also schon vor dem Teilungsabkommen, Herr Hawkins?
– Schon zehn Jahre vorher, Herr Kip. Als dann dieses Haus liquidierte, übernahm ich das Geschäft auf eigene Rechnung. Nach dem 1884 zwischen Deutschland und England abgeschlossenen Vertrage trat ich dann mit den von den deutschen Ansiedlern gegründeten Kontoren in Verbindung. Unser
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