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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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    »Ja, wir werden eine schwere Bö bekommen,« sagte Gibson. (S. 155.)
     
    Jeder aufmerksame Kapitän mußte einer solchen Erscheinung Rechnung tragen, und Gibson war vorsichtig genug, sich nicht unvorbereitet überraschen zu lassen.
    Eben wies ihn nämlich Karl Kip, der die Blicke über den Horizont schweifen ließ, auf eine im Westen aufsteigende Wolke hin, eine Art Ballon von Dunstmassen mit abgerundeten Seiten, der – das sah man an seinem Größerwerden – offenbar sehr schnell heraufstieg.
    »Ja, wir werden eine schwere Bö bekommen, sagte Gibson.
    – Die aber nicht lange anhalten dürfte, antwortete Karl Kip.
    – Nein, das zwar nicht, sie droht aber sehr heftig zu werden,« meinte der Kapitän.
    Auf seinen Befehl ging die Mannschaft sofort an die Arbeit. Bram-und Oberbramsegel, Lee-und Stagsegel wurden binnen einer Minute geborgen, auch das Fock-und das Großsegel sowie die Brigantine wurden aufgegeit. Der »James-Cook« trug nur noch die gerefften Marssegel und das zweite Klüversegel.
    Es war die höchste Zeit gewesen. Kaum hatte man die Segelfläche in der angegebenen Weise verkleinert, als die Bö schon mit außerordentlichem Ungestüm losbrach.
    Die Matrosen hielten sich an ihrem Posten, der Kapitän stand vor dem Deckhause, und Hawkins, Nat Gibson und Pieter Kip hatten sich nach dem Hinterdeck begeben, während Karl Kip am Ruder stand, und unter seiner Hand wurde der »James-Cook« gewiß mit größter Geschicklichkeit gesteuert.
    Als die Bö mit voller Kraft das Fahrzeug packte, wurde dieses natürlich umhergeschleudert, als ob es kentern sollte. Es neigte sich zuweilen so weit nach Steuerbord, daß seine Großraa in das weißschäumende Meer eintauchte. Eine Wendung des Steuers richtete das Schiff wieder auf und hielt es auch in besserer Lage. Statt sich dem Sturmwinde gerade entgegen zu stellen, zog es Gibson vor, mit diesem zu fliehen, da er aus Erfahrung wußte, daß solche Böen wie Meteore vorübergehen und niemals lange anhalten.
    Dabei entstand nur die Frage, ob die Brigg nicht etwa bis zu den Salomonsinseln verschlagen oder wenigstens bis in Sicht der Insel Bougainville getrieben würde, bis zur ersten der Gruppe, die sich im Nordosten der Louisiaden erhebt. Diese lag von der jetzigen Brigg nur gegen dreißig Seemeilen entfernt.
    Jedenfalls konnte diese Insel wenigstens für kurze Zeit in Sicht kommen. Sie steigt als hohe Bergmasse im Nordosten auf, und wenn man sie sah, bewies das, daß der »James-Cook« aus seinem Kurse bis zum hundertdreiundfünfzigsten Grade östlicher Länge abgetrieben worden war.
    Flig Balt und Vin Mod sahen es wahrscheinlich nicht ungern, sich in dieser Weise vom bisher verfolgten Wege verschlagen zu sehen, da das mindestens eine Verspätung der Ankunft in Neuirland verursachen mußte. Die Gruppe der Salomonsinseln ist einem Handstreiche überhaupt günstig. Hier tummeln sich Abenteurer in Menge umher, und diese Gegend ist schon oft der Schauplatz verbrecherischer Unternehmungen gewesen. Der Bootsmann konnte auf der Insel Rossel oder einer der anderen recht leicht alte Bekannte finden, die sich nicht weigern würden, seine Pläne zu unterstützen. Und Vin Mod, der ja seinen Schiffssack schon überall auf dem Großen Ozean umhergeschleppt hatte, begegnete erst recht vielleicht alten Kameraden, die zu allem fähig waren.
    Am ärgerlichsten war es für den Bootsmann aber, daß Len Cannon und dessen Genossen ihm unablässig zusetzten. Unter den jetzigen Verhältnissen, erklärten sie wiederholt, wollten sie auf keinen Fall noch weiter mitfahren.
    »Ist die Sache nicht vor dem Eintreffen in Port-Praslin abgetan, so kommen wir dort nicht wieder an Bord… das steht fest!
    – Und was sollte in Neuirland aus euch werden? bemerkte Vin Mod.
    – O, dort nimmt man uns als Kolonisten auf, antwortete Len Cannon. Die Deutschen brauchen kräftige Arme… Dann warten wir eine gute Gelegenheit ab, die sich in Tasmanien doch niemals böte… nach Hobart-Town gehen wir aber niemals.«
    Dieser Entschluß brachte Flig Balt und seinen Genossen natürlich nicht wenig in Wut. Fehlten ihnen die vier Burschen, so mußten sie auf ihre Pläne überhaupt verzichten. Sollte ihnen also auch diese Fahrt des »James-Cook« nicht den Nutzen bringen, den sie davon erhofft hatten?
    Wenn Len Cannon, Kyle, Sexton und Bryce in Port-Praslin desertierten, würde es dem Kapitän freilich sehr erschwert sein, von da wieder auszulaufen. An die Anmusterung neuer Matrosen war auf der Insel Tombara

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