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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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mißlingt

    der Wurf, sooft ich mein Weh
werfe nach deinem Bilde;
es fällt von nahe milde
zurück und kalt wie Schnee.

    III
    Wenn ich draußen stünde,
wo ich begonnen war,
so wären die Nächte Sünde
und der Tag Gefahr.
Es hätte mich einer genommen
und wieder gelassen, und
wäre ein zweiter gekommen
und hätte meinen Mund

    verbogen mit seinen Küssen,
und dem dritten hätt ich vielleicht
barfuß folgen müssen
und hätte ihn nie erreicht;

    und hätte den vierten nur so
aus Müdigkeit eingelassen,
um irgendwas zu fassen,
um zu liegen irgendwo.

    Nun da ich bei keinem schlief,
sag: hab ich nichts begangen?
Wo war ich, während wir sangen?
Wen rief ich, wenn ich dich rief?

    IV
    Mein Leben ging – Herr Jesus.
Sag mir, Herr Jesus, wohin?
Hast du es kommen sehen?
Bin ich in dir drin?
Bin ich in dir, Herr Jesus?

    Denk, so kann es vergehn
mit dem täglichen Schalle.
Am Ende leugnen es alle,
keiner hat es gesehn.
War es das meine, Herr Jesus?

    War es wirklich das meine,
Herr Jesus, bist du gewiß?
Ist nicht eine wie eine,
wenn nicht irgend ein Biß
eine Schramme zurückläßt, Herr Jesus?

    Kann es nicht sein, daß mein
Leben gar nicht dabei ist?
Daß es wo liegt und entzwei ist,
und der Regen regnet hinein
und steht drin und friert drin, Herr Jesus?

    Vergiß, vergiß und laß uns jetzt nur dies
erleben, wie die Sterne durch geklärten
Nachthimmel dringen; wie der Mond die Gärten
voll übersteigt. Wir fühlten längst schon, wies
spiegelnder wird im Dunkel; wie ein Schein
entsteht, ein weißer Schatten in dem Glanz
der Dunkelheit. Nun aber laß uns ganz
hinübertreten in die Welt hinein
die monden ist –

    Fühlst du noch, wie wir allein in Straßen,
aneinander wie die Engel gehn,
nächtens gingen: laß uns solchermaßen
was uns innen hinbewegt verstehn.

    Daß es uns zu einem Gehen werde,
das uns, Leichte, weiterreißt,
und dies Seligsein zu einer Erde,
kaum berührt von unserm Gang im Geist.

    Der Schicksale sind nicht viele: wenige große
wechseln beständig ab und ermüden an denen,
die mit unbegrenzt erfindenden Herzen
unzerstört hingehn –

    Sag weißt du Liebesnächte? Treiben nicht
auf deinem Blut Kelchblätter weicher Worte?
Sind nicht an deinem lieben Leibe Orte,
die sich entsinnen wie ein Angesicht?

    … … . . diese weichen
Nächte halten mich wie ihresgleichen
und ich liege ohne Lieblingin.

    Ach, wie reut es mich jetzt des kleinsten Verweises.
Wärest du, Inniger, da: was gäb ich nicht zu.
Manchmal erschrickt meine eigene Hand: so Leises
streift sie an mir. Lieber, fändest es du.

    Sohn des gefallenen Goldes, Heimlicherzeugter
der in vergrabenem Zimmer entsprang.
Siehe: nun sehen dich alle: nördlicher Leuchter
in der Himmel erlauchtem Zusammenhang,
weil die eine dich sah, zu der du flügelbeschuht
niedererschienst bei steigender Flut.

    Bilden die Nächte sich nicht aus dem schmerzlichen Raum
aller der Arme die jäh ein Geliebter verließ.
Ewige Liebende, die überstehn will: ergieß
dich als Quelle, schließ dich als Lorbeerbaum.

    Immer wieder an derselben seichten
Wasserstelle stand derselbe dürre
Büßer mit dem reingenährten, leichten
Innern, unter seinem ausgebleichten
Bart und Mantel düftender denn Myrrhe

    Welche Wiesen duften deine Hände?
Fühlst du wie auf deine Widerstände
stärker sich der Duft von draußen stützt.
Drüber stehn die Sterne schon in Bildern.
Gieb mir, Liebe, deinen Mund zu mildern;
ach, dein ganzes Haar ist unbenützt.

    Sieh, ich will dich mit dir selbst umgeben
und die welkende Erwartung heben
von dem Rande deiner Augenbraun;
wie mit lauter Liderinnenseiten
will ich dir mit meinen Zärtlichkeiten
alle Stellen schließen, welche schaun.

    Du duftest aus dir hinaus,
schon schwindelt von dir den Sternen.
Heute laß mich die Fernen
weghalten und wie ein Haus
warm sein um dich und zu.
[Wohn in mir diese Nacht
wach in mir und gieb acht]

    Auch noch das Entzücken wie ein Ding
auszusagen

    Daß aus Aufsteigendem und Wiederfall
auch ganz in mir so Seiendes entstände:
O Heben und Empfangen ohne Hände,
geistigstes Weilen: Ballspiel ohne Ball.

    Bestürzt fast ward er ihres Lächelns inne;
dies Lächeln war (er wußte lang nicht wie):
wie eines Schmuckes sanfte Sammetrinne
in einem ausgenommenen Etui.

    In meine abgenutzten Hände, Herr:
wie darf ich meine schwere Seele nehmen
in meine abgenutzten Hände: Herr.

    Vielleicht sind jene Stellen grad noch rein,
an denen ich im Heben sie berühre:
vielleicht sind jene Stellen grad noch rein.

    Und dann: erheb ich sie,

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