Die Gedichte
Botschaft. Welche? Wir vergingen –
Ach wann waren Worte diese Küsse?
Diese Küsse waren einmal Worte;
stark gesprochen an der Tür ins Freie
zwangen sie die Pforte.
Oder waren diese Küsse Schreie . .
Schreie auf so schönen Hügeln, wie sie
deine Brüste sind. Der Himmel schrie sie
in den Jugendjahren seiner Stürme.
Wie die Vögel, welche an den großen
Glocken wohnen in den Glockenstühlen,
plötzlich von erdröhnenden Gefühlen
in die Morgenluft gestoßen
und verdrängt in ihre Flüge
Namenszüge
ihrer schönen
Schrecken um die Türme schreiben:
können wir bei diesem Tönen
nicht in unsern Herzen bleiben
– – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Endlich ist bei diesem Schaun und Tauchen
in das deinige, das nicht, das nie
ganz verwendete Gesicht zu brauchen:
schweigend steigt in die getrunknen Augen
Tiefe aus dem Knien der Knie
– – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – –
Sieh, ich bin nicht, aber wenn ich wäre,
wäre ich die Mitte im Gedicht;
das Genaue, dem das ungefähre
ungefühlte Leben widerspricht.
Sieh ich bin nicht. Denn die Andern sind;
während sie sich zu einander kehren
blind und im vergeßlichsten Begehren – ,
tret ich leise in den leeren
Hund und in das volle Kind.
Wenn ich mich in ihnen tief verkläre
scheint durch sie mein reiner Schein …
Aber plötzlich gehn sie wieder ein:
denn ich bin nicht. (Liebe, daß ich wäre –)
AN HÖLDERLIN
Verweilung, auch am Vertrautesten nicht,
ist uns gegeben; aus den erfüllten
Bildern stürzt der Geist zu plötzlich zu füllenden; Seeen
sind erst im Ewigen. Hier ist Fallen
das Tüchtigste. Aus dem gekonnten Gefühl
überfallen hinab ins geahndete, weiter.
Dir, du Herrlicher, war, dir war, du Beschwörer, ein ganzes
Leben das dringende Bild, wenn du es aussprachst,
die Zeile schloß sich wie Schicksal, ein Tod war
selbst in der lindesten, und du betratest ihn; aber
der vorgehende Gott führte dich drüben hervor.
O du wandelnder Geist, du wandelndster! Wie sie doch alle
wohnen im warmen Gedicht, häuslich, und lang
bleiben im schmalen Vergleich. Teilnehmende. Du nur
ziehst wie der Mond. Und unten hellt und verdunkelt
deine nächtliche sich, die heilig erschrockene Landschaft,
die du in Abschieden fühlst. Keiner
gab sie erhabener hin, gab sie ans Ganze
heiler zurück, unbedürftiger. So auch
spieltest du heilig durch nicht mehr gerechnete Jahre
mit dem unendlichen Glück, als wär es nicht innen, läge
keinem gehörend im sanften
Rasen der Erde umher, von göttlichen Kindern verlassen.
Ach, was die Höchsten begehren, du legtest es wunschlos
Baustein auf Baustein: es stand. Doch selber sein Umsturz
irrte dich nicht.
Was, da ein solcher, Ewiger, war, mißtraun wir
immer dem Irdischen noch? Statt am Vorläufigen ernst
die Gefühle zu lernen für welche
Neigung, künftig im Raum?
HERRN VON MOSCH
Noch weiß ich sie, die wunderliche Nacht,
da ich dies schrieb: was war ich jung.
Nun hat seither des Schicksals Forderung
Geschehen über Tausende gebracht,
Mut über Tausende, Not über sie,
und über Hunderte das Heldentum
das plötzliche: als hätten sie noch nie
ihr Herz gekannt. So war auch meines ganz
wie neu für mich in jener fernen Nacht
da ungeahnt, unausgedacht,
dieses Gedicht aus ihm entsprang …
So sind wir etwas, sinds und wissens nicht
und Schicksal ist nicht mehr als wir: es will.
Dann wollen wir und wollen streng und still – :
unendlich aber aus dem Herzen bricht
mehr als wir wollen, mehr als Schicksal kann.
Weißt Du noch: auf Deinem Wiesenplatze
las ich Dir am schönen Vormittage,
(jenem ersten, den ich aus dem Schatze
einer wunderschönen Zeit gehoben)
las das Lied der Rühmung und der Klage.
Und mir schien Dein Leben wie von oben
zuzuhören; wie von jeder Seite
kam es näher; aus dem sanften Rasen
stieg es in die Räume meiner Stimme.
Aber plötzlich, da wir nicht mehr lasen
gab ich Dich aus Nachbarschaft und Weite
Dir zurück in Dein gefühltes Wesen.
Fernesein ist nur ein Lauschen: höre.
Und jetzt bist Du diese ganze Stille.
Doch mein Aufblick wird Dich immer wieder
sammeln in den lieben: Deinen Körper.
Oft wenn in diesen letzten Jahren
ein Leben über mir zusammenschlug,
das fremde Leben irgend einer Frau,
ich neben meiner Mitte, ungenau,
entzogen meinem weltigen Bezug
ich Helfer dastand, mit der Hülfe in
der linken Hand
Immer wieder, ob wir der
Weitere Kostenlose Bücher