Die Gedichte
Zeit, von der die Mütter sprachen,
fand nicht zu unsern Schlafgemachen,
und drin blieb alles glatt und klar.
Sie sagen uns, daß sie zerbrachen
in einem sturmgejagten Jahr.
Wir wissen nicht: Was ist das, Sturm?
Wir wohnen immer tief im Turm
und hören manchmal nur von fern
die Wälder draußen wehn;
und einmal blieb ein fremder Stern
bei uns stehn.
Und wenn wir dann im Garten sind,
so zittern wir, daß es beginnt,
und warten Tag um Tag –
Aber nirgends ist ein Wind,
der uns biegen mag.
Mädchen singen:
Wir haben lange im Licht gelacht,
und jede hat einer jeden
Nelken und Reseden
festlich wie einer Braut gebracht –
und war ein Rätseln und Reden.
Dann hat sich mit dem Namen der Nacht
langsam die Stille besternt.
Da waren wir wie aus allem erwacht
und weit voneinander entfernt:
haben die Sehnsucht, die traurig macht,
wie ein Lied gelernt …
Die Mädchen am Gartenhange
haben lange gelacht
und mit ihrem Gesange
wie mit weitem Gange
sich müd gemacht.
Die Mädchen bei den Zypressen
zittern: Die Stunde beginnt,
da sie nicht wissen, wessen
alle Dinge sind.
Eine singt:
Ich war in ferner Fremde Kind,
bis ich mich: arm und zart und blind –
aus meinem Schämen schlich;
ich warte hinter Wald und Wind
gewiß schon lang auf mich.
Ich bin allein und weit vom Haus
und sinne still: wie seh ich aus? –
– – – – – – – – – – – – – – – – –
Fragt jemand, wer ich sei?
… Gott, ich bin jung und
ich bin blond
und habe ein Gebet gekonnt
und geh gewiß umsonst umsonnt
und fremd an mir vorbei …
Und singt:
Es müßte mich einer führen,
aber nicht der Wind;
weil der Orte und Türen
so viele sind.
Wen
soll ich um alles fragen;
soll ich immer nur gehn
und es wie im Traum ertragen,
daß die Berge und Burgen ragen
an dem Saum
der fremden Seen? …
Und singt:
Wir sind uns alle schwesterlich.
Aber Abende sind, da wir frieren
und einander langsam verlieren,
und eine jede möchte ihren
Freundinnen flüstern: Jetzt fürchtest du dich . .
Die Mütter sagen uns nicht, wo wir sind,
und lassen uns ganz allein, –
wo die Ängste enden und Gott beginnt
mögen wir vielleicht sein …
GEBETE DER MÄDCHEN ZUR MARIA
M ach, daß etwas uns geschieht!
Sieh, wie wir nach Leben beben.
Und wir wollen uns erheben
wie ein Glanz und wie ein Lied.
Du wolltest wie die andern sein,
die sich scheu in Kühle kleiden;
deine Seele wollte seiden
ihre müden Mädchenleiden
weiterblühn am Lebensrain.
Aber tief aus deinem Kranken
wagte eine Kraft zu ranken, –
Sonnen lohten, Samen sanken:
und du wurdest wie der Wein.
Und jetzt bist du süß und satt
wie ein Abend auf uns allen, –
und wir fühlen, wie wir fallen,
und du machst uns alle matt …
Schau, unsre Tage sind so eng
und bang das Nachtgemach;
wir langen alle ungelenk
den roten Rosen nach.
Du mußt uns milde sein, Marie,
wir blühn aus deinem Blut,
und du allein kannst wissen, wie
so weh die Sehnsucht tut;
du hast ja dieses Mädchenweh
der Seele selbst erkannt:
sie fühlt sich an wie Weihnachtsschnee,
und steht doch ganz in Brand …
Von so vielem blieb uns der Sinn,
gerade von dem Sanften und Zarten
haben wir irgendein Wissen:
wie von einem geheimen Garten,
wie von einem samtenen Kissen,
das sich uns unter den Schlummer schiebt;
wie von etwas, das uns liebt
mit einer verwirrenden Zärtlichkeit, –
aber viele Worte sind weit.
Viele Worte sind aus den Sinnen entflohn
und aus der Welt.
Haben sich horchend um deinen Thron,
wie um einen steigenden Ton,
Mutter Maria, gestellt;
und dein Sohn
lächelt sie an:
Sieh deinen Sohn.
Dein Garten wollt ich sein zuerst
und Ranken haben und Rabatten
und deine Schönheit überschatten,
damit du mit dem muttermatten
Lächeln gern mir wiederkehrst.
Da aber – als du kamst und gingst,
ist etwas mit dir eingetreten:
das ruft mich zu den roten Beeten,
wenn du mir aus den weißen winkst.
Unsre Mütter sind schon müd;
und wenn wir sie ängstlich drängen,
lassen sie die Hände hängen,
und sie glauben fernen Klängen:
Oh, wir haben auch geblüht!
Und sie nähen an den weißen
Kleidern, die wir schnell zerreißen,
in dem staubigen Stubenlicht.
Wie sie sich so treu befleißen,
und da sehn sie unsre heißen
Hände nicht …
Und wir müssen sie dir zeigen,
wenn die Mutter nicht mehr wacht;
und sie werden in der Nacht
wie zwei weiße Flammen steigen.
Ich war einmal so kinderkühl:
da traf mich alles wie ein Bangen.
Jetzt ist mir jede Angst vergangen,
nur diese wärmt mir noch die Wangen:
ich
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