Die Gedichte
fürchte mich vor dem Gefühl.
Es ist nicht mehr das Tal, darin ein Lied
wie schützend seine lichten Schwingen breitet, –
es ist ein Turm, der vor den Fluren flieht,
bis meine Sehnsucht hoch vom Saume sieht
und zitternd mit der fremden Stärke streitet,
die sie so selig von den Zinnen zieht.
Maria,
du weinst, – ich weiß.
Und da möcht ich weinen
zu deinem Preis.
Mit der Stirne auf Steinen
weinen …
Deine Hände sind heiß;
könnt ich dir Tasten darunterschieben,
dann wäre dir doch ein Lied geblieben.
Aber die Stunde stirbt ohne Vermächtnis …
Gestern hab ich im Traum gesehn
einen Stern in der Stille stehn.
Und ich fühlte: Madonna sprach:
Diesem Stern in der Nacht blüh nach.
Und ich nahm alle Kraft zu Rat.
Grad und schlank aus des Hemdes Schnee
streckte ich mich. – Und das Blühen tat
mir auf einmal weh …
Wie kam, wie kam aus deinem Schooß,
Maria, so viel Lichte los
und so viel Gram?
Wer war dein Bräutigam?
Du rufst, du rufst, – und du vergißt,
daß du nicht mehr dieselbe bist,
die mir in Kühle kam.
Ich bin ja noch so blumenjung.
Wie soll ich auf den Zehn
vom Kindsein zur Verkündigung
durch alle deine Dämmerung
in deinen Garten gehn?
Deiner ernsten Engel einen
stell am Rand der Sehnsucht hin
und befiehl ihm, daß er meinen
Schwestern sagt: Ihr werdet weinen –
Denn es sind die Rosenreinen
allen Prüfungen und Peinen
wie ein Spiel von Anbeginn.
Weil sie überwunden wähnen,
was die Kindheit kindisch litt,
gehn sie lächelnd zwischen Zähnen, –
und sie tragen keine Tränen
in die neuen Leiden mit …
Oh, daß wir so endlos werden mußten!
Immer noch Entfalten um Entfalten,
und wir haben unsrer Kälte Krusten
lange, lange für den Grund gehalten.
Und ob wir uns aneinander binden
und in Furcht uns immer fester fassen
und uns langsam, wie von Brunnenwinden,
weiter in uns selber gleiten lassen:
keine kann mit ihren blassen, blinden
Händen tastend unsre Tiefen finden.
Mir wird mein helles Haar zur Last,
als wäre drin verwühlt
ein dunkler Limonenast,
der schon in seinem Blühn verblaßt
und schwerer wird, weil er schon fast
erfüllt den Frühling fühlt.
Nimm du von mir
die bange Zier!
Du bist noch kühl und grün,
weil unter deinen Dornen dir
die Mädchenmyrten blühn.
Und in allen alten Jahren
war ich feierlich und froh
wie die schönen Engelscharen,
die um deine Wunder waren:
… meine Mutter glich dir so …
Und ich bin erst traurig, seit
ihre Küsse mir verblaßten;
und mein Horchen und mein Hasten
und mein Ahnen ist ein Tasten
nach der neuen Zärtlichkeit.
Sie sagen alle: Du hast Zeit,
was kann dir fehlen, Kind? –
Mir fehlt ein goldenes Geschmeid.
Ich kann nicht gehn im Kinderkleid,
wenn alle schon so brautbereit
und hell und heilig sind.
Nichts fehlt mir, als ein wenig Raum,
ich bin in einem Bann,
und immer enger wird mein Traum.
Nur Raum, daß aus dem Seidensaum
ich hoch bis in den Blütenbaum
die Hände heben kann …
Wird dieses ungestüme, wilde
Hinsehnen meinen Schwestern schwer,
so flüchten sie zu deinem Bilde,
und du entbreitest dich, du Milde,
und bist vor ihnen wie das Meer.
Du flutest ihnen sanft entgegen,
sie retten sich auf deinen Wegen
in deine Tiefen hin – und sehn,
wie sich die Wünsche leiser legen
und als ein blauer Sommerregen
auf weichen Inseln niedergehn.
Nach den Gebeten:
Ich aber fühle, wie ich wärmer
und wärmer werde, Königin, –
und daß ich jeden Abend ärmer
und jeden Morgen müder bin.
Ich reiße an der weißen Seide,
und meine scheuen Träume schrein:
Oh, laß mich Leid von deinem Leide,
oh, laß uns beide
wund von demselben Wunder sein!
U nsere Träume sind Marmorhermen,
die wir in unsere Tempel stellen,
und sie mit unseren Kränzen erhellen
und sie mit unseren Wünschen erwärmen.
Unsere Worte sind goldene Büsten,
die wir in unsere Tage tragen, –
die lebendigen Götter ragen
in der Kühle anderer Küsten.
Wir sind immer in Einem Ermatten,
ob wir rüstig sind oder ruhn,
aber wir haben strahlende Schatten,
welche die ewigen Gesten tun.
Es ist noch Tag auf der Terrasse.
Da fühle ich ein neues Freuen:
wenn ich jetzt in den Abend fasse,
ich könnte Gold in jede Gasse
aus meiner Stille niederstreuen.
Ich bin jetzt von der Welt so weit.
Mit ihrem späten Glanz verbräme
ich meine ernste Einsamkeit.
Mir ist, als ob mir irgendwer
jetzt leise meinen Namen nähme,
so zärtlich, daß ich mich nicht schäme
und weiß: ich brauche keinen mehr.
Das sind die Stunden, da ich mich finde.
Dunkel
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