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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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selten –
nun, Sankt Wenzel laß ich gelten.

    Aber diese Nepomucken!
Von des Torgangs Lucken gucken
und auf allen Brucken spucken
lauter, lauter Nepomucken!

    DAS ARME KIND

    Ich weiß ein Mädchen, eingefallen
die Wangen. – War ein leichtes Tuch
die Mutter; und des Vaters Fluch
fiel in ihr erstes Lallen.

    Die Armut blieb ihr treu die Jahre,
und Hunger war ihr Angebind;
so ward sie ernst. – Das Lenzgold rinnt
umsonst in ihre Haare.

    Sie schaut die lächelnden Gesichter
der Blumen traurig an im Hag
und denkt: der Allerseelentag
hat Blüten auch und Lichter.

    WENNS FRÜHLING WIRD

    Die ersten5 Keime sind, die zarten,
im goldnen Schimmer aufgesprossen;
    schon sind die ersten der Karossen
    im Baumgarten.

    Die Wandervögel wieder scharten
zusamm sich an der alten Stelle,
    und bald stimmt ein auch die Kapelle
    im Baumgarten.

    Der Lenzwind plauscht in neuen Arten
die alten, wundersamen Märchen,
    und draußen träumt das erste Pärchen
    im Baumgarten.

    ALS ICH DIE UNIVERSITÄT BEZOG

    Ich seh zurück, wie Jahr um Jahr
so müheschwer vorüberrollte;
nun endlich bin ich, was ich wollte
und was ich strebte: ein Skolar.

    Erst ›Recht‹ studieren war mein Plan;
doch meine leichte Laune schreckten
die strengen, staubigen Pandekten,
und also ward der Plan zum Wahn.

    Theologie verbot mein Lieb,
konnt mich auf Medizin nicht werfen,
so daß für meine schwachen Nerven
nichts als – Philosophieren blieb.

    Die Alma mater reicht mir dar
der freien Künste Prachtregister, –
und bring ichs nie auch zum Magister,
bin was ich strebte: ein Skolar.

    SUPERAVIT

    Nie kann ganz die Spur verlaufen
einer starken Tat; dies lehrt
zu Konstanz der Scheiterhaufen;
denn aus tausend Feuertaufen
    steigt der Hochgeist unversehrt.

    Bis zu uns her ungeheuer
ragt der Reformator Hus,
fürchten wir der Lehre Feuer,
neigen wir uns doch in scheuer
    Ehrfurcht vor dem Genius.

    Der, den das Gericht verdammte,
war im Herzen, tief und rein,
überzeugt von seinem Amte, –
und der hohe Holzstoß flammte
    seines Ruhmes Strahlenschein.

    TROTZDEM

    Manchmal vom Regal der Wand
hol ich meinen Schopenhauer,
einen ›Kerker voller Trauer‹
hat er dieses Sein genannt.

    So er recht hat, ich verlor
nichts: in Kerkereinsamkeiten
weck ich meiner Seele Saiten
glücklich wie einst Dalibor.

    HERBSTSTIMMUNG

    Die Luft ist lau, wie in dem Sterbezimmer,
an dessen Türe schon der Tod steht still;
auf nassen Dächern liegt ein blasser Schimmer,
wie der der Kerze, die verlöschen will.

    Das Regenwasser röchelt in den Rinnen,
der matte Wind hält Blätterleichenschau; –
und wie ein Schwarm gescheuchter Bekassinen
ziehn bang die kleinen Wolken durch das Grau.

    AN JULIUS ZEYER

    Du bist ein Meister; – früher oder später
spannt sich dein Volk in deinen Siegeswagen;
du preisest seine Art und seine Sagen, –
aus deinen Liedern weht der Heimat Äther.

    Dein Volk tut recht, – nicht, voll von wahngeblähter
Vergangenheit, die Hand im Schoß zu tragen,
es kämpft noch heut und muß sich tüchtig schlagen,
stolz auf sich selbst und stolz auf seine Väter.

    Es hat dein Volk sich seine Ideale
noch nicht versetzen lassen zu den Sternen,
    die unerreichbar sind und Sehnsucht glasten;

    du aber mahnst, ein echter Orientale,
es möge in dem Ringen nicht verlernen
    auch im Alhambrahof die Kunst zu rasten.

    DER TRÄUMER

    I
    Es war ein Traum in meiner Seele tief.
Ich horchte auf den holden Traum:
ich schlief.
Just ging ein Glück vorüber, als ich schlief,
und wie ich träumte, hört ich nicht:
es rief.

    II
    Träume scheinen mir wie Orchideen. –
So wie jene sind sie bunt und reich.
Aus dem Riesenstamm der Lebenssäfte
ziehn sie just wie jene ihre Kräfte,
brüsten sich mit dem ersaugten Blute,
freuen in der flüchtigen Minute,
in der nächsten sind sie tot und bleich. –
Und wenn Welten oben leise gehen,
fühlst du’s dann nicht wie von Düften wehen?
Träume scheinen mir wie Orchideen. –

    DIE MUTTER

    Aufwärts die Theaterrampe
rollen dröhnend die Karossen,
abseits unter trüber Lampe
steht ein altes Weib verdrossen.

    Nur wenn jäh ein Hengst mal scheute,
wars, daß sie zusammenschrecke;
niemand aus dem Strom der Leute
sieht die Alte in der Ecke.

    An die neue ›Größe‹ dachte,
von ihr sprach man nur. – Die Güte
eines Grafen, hieß es, brachte
herrlich ihr Talent zur Blüte.

    Später. Jubelstürme hallten
in den Schlußklang der Trompeten …
Aber draußen kams der Alten,
heimlich für ihr Kind zu beten.

    UNSER ABENDGANG

    Gedenkst du noch, wie

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