Die Gefaehrtin des Jaguars
Spike Myka aus genau solchen Augen angesehen hatte, hatte sie Jillians Behauptung angezweifelt.
Jillian holte Luft, um zu sprechen, aber Sharon schüttelte den Kopf, da sie sah, dass es zu viel für sie war. Sie brachte Jordan nach vorne.
„Das ist dein Sohn“, sagte Sharon, ihre Stimme rau vom jahrelangen Rauchen, „sagt Jillian.“
„Ist er auch, Mom“, flüsterte Jillian.
Jordan starrte hoch zu Spike, der das Zimmer nicht nur mit seiner Präsenz, sondern auch mit seiner Muskelmasse füllte. Obwohl er kleiner war als der Bär, gegen den er gekämpft hatte, war er immer noch groß – über eins neunzig –, hatte Arme wie ein Wrestler, die zudem mit Tätowierungen bedeckt waren, die unter seinem T-Shirt hervorlugten, und einen rasierten Kopf auf einem muskulösen Nacken, um den ein dickes Halsband lag. Jordans Mund stand offen, man konnte die kleinen Zähne weiß hinter den Lippen schimmern sehen.
Spike starrte genauso fassungslos zurück – der Schock hatte beide gleichermaßen getroffen.
„Jordan“, sagte Jillian vom Bett aus, „zeig Mommy deinen Trick.“
Jordan blieb einen weiteren Moment von Spikes Blick gefangen. Dann sah er weg, zog sein Hemd aus, dicht gefolgt von Hose und Unterwäsche, und stand ohne Kleider da, so ohne Scham, wie die Shifter in der Scheune.
Der kleine Junge hob die Arme über den Kopf, schloss die Augen und gab ein kleines Quietschen von sich, als sein Körper sich zu verändern begann.
Seine Beine bogen sich und wurden Hinterläufe, seine kleinen Füße wurden zu ungeschickten, großen Tatzen. Jordans Hände wurden zu Pfoten, bevor sich seine Arme veränderten. Das glatte, gefleckte Fell, das von oben über ihn herunterfloss, traf sich mit dem, das von unten nach oben wuchs. Sein Gesicht verlängerte sich in eine Katzennase, Ohren kamen aus seinem Kopf hervor und seine Augen wurden runder, voller, Wimpern und Schnurrhaare wuchsen. Der Pelz, der ihn schließlich komplett bedeckte, war dunkelgelb mit dem durchbrochenen Bändermuster eines Jaguars.
Innerhalb weniger Sekunden fiel er auf alle viere und stieß ein leises Wildkatzenheulen aus.
Die Zweifel in Spikes Gesicht machten zunächst Erstaunen Platz, das schließlich in eine fast schmerzhafte Sehnsucht überging. Bevor Myka ihn davon abhalten konnte, hatte er sich schon gebückt und das Katzenjunge in seine großen Hände genommen.
Er hob Jordan auf Augenhöhe hoch und starrte ihn an. Jordan wand sich in seinen Händen – aber nicht in Panik.
Sie musterten sich gegenseitig, Shifter und Jungkatze, die Augen des großen Mannes geweitet, die Katze unbekümmert. Jordan öffnete das Maul und ließ noch ein kleines Knurren hören.
„Ich habe ihn Jordan genannt“, sagte Jillian. „Er ist dein Sohn. Pass für mich auf ihn auf, ja?“
Spike wandte den Blick nicht von Jordan. Myka sah den Puls an seinem Hals, die schnellen Schläge, die unter dem Halsband erkennbar waren.
Sharon wartete, während ihre Finger mit dem Verschluss ihres Zigarettenetuis spielten. Myka wartete auch, darauf, dass Spike alles abstreiten würde. Dass er einen Beweis von Jillian verlangen würde. Dass er sich aus dem Staub machen würde. Männer mochten es nicht, wenn man ihnen plötzlich mitteilte, dass sie Vater waren. Sie wollten keine Verantwortung übernehmen für das, was aus ihren Spermien wurde.
Spike hob Jordan höher. Jordans Pfoten hingen von seinen riesigen Händen herab, sein Schwanz wand sich um sein Handgelenk.
„Mein Junges“, sagte er. „Mein Junges.“ Seine Stimme schwoll zu einem tiefen Brüllen an, das die Fensterscheiben des Zimmers erbeben ließ. „Mein Junges.“
„Ja“, flüsterte Jillian. Ihre Augen schlossen sich, und sie sank wieder in einen tiefen Schmerzmittelschlaf.
KAPITEL DREI
Jillian wachte nicht mehr auf. Gegen zwei Uhr morgens glitt sie vom Dämmerzustand in den Tod. Spike hatte sie nicht sterben sehen, denn sie hatten ihn mit Jordan ins Wartezimmer geschickt, während Myka und Sharon bei ihr blieben. Spike war jetzt allein mit Jordan. Die anderen Menschen, die gewartet hatten, waren nach Hause gegangen oder hatten sich irgendwo anders im Krankenhaus schlafen gelegt.
Jordan schlief in Spikes Schoß auf dessen zusammengeknüllter Sweatjacke. Er war wieder in seiner menschlichen Gestalt und bekleidet.
Heilige Muttergöttin, er hatte ein Junges.
Es schien ihm logisch, den Jungen mit sich zurück nach Shiftertown zu nehmen. Jillians Mutter würde die Tatsache, dass Jordan ein Gestaltwandler war,
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