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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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Geschenk«, sagte er leise. Die Luft erzitterte ganz leicht, wie von misstönenden Glöckchen. Es fiel ihm schwer, großzügig zu sein. An jedem anderen Tag unter anderen Umständen hätte ich mich geehrt gefühlt, dass er diese Anstrengung unternahm. In dem Moment aber fühlte ich mich selbst auch nicht besonders großzügig.
    »Ich möchte überhaupt nichts von dir, Mad.«
    Erneutes Schweigen. Die Stille machte deutlich, dass er verletzt war. Auch das war wie in alten Zeiten.
    »Gute Nacht, Oree«, sagte er und ging.
    Nachdem ich mich ausgeheult hatte, schlief ich.
    Lasst mich erzählen, wie Madding und ich uns kennenlernten.
    Ich kam nach Schatten - damals hieß es für mich noch Ely- sium -, als ich siebzehn war. Schnell fand ich Anschluss an Gleichgesinnte — Neuankömmlinge, Träumer und junge Menschen, die von der Stadt trotz ihrer Gefahren angezogen wurden. Für manchen waren Langeweile und Vertrautheit schlimmer, als das eigene Leben zu riskieren. Mit ihrer Hilfe lernte ich, mit meinem handwerklichen Geschick meinen Lebensunterhalt zu
    verdienen. Sie brachten mir auch bei, mich vor denen zu schützen, die mich ausbeuten wollten. Zuerst schlief ich mit sechs anderen in einer Wohngemeinschaft. Dann nahm ich mir eine eigene Wohnung. Nach einem Jahr schickte ich meiner Mutter einen Brief und ließ sie wissen, dass ich noch lebte. Als Antwort bekam ich sechs Seiten Geschreibsel, dass ich nach Hause kommen sollte. Ich kam gut zurecht.
    Ich erinnere mich, dass es das Ende eines Wintertages war. Schnee ist ein seltener Anblick in der Stadt. Wenn er fällt, dann nur dünn. Der Baum beschützt uns weitestgehend davor. Diesmal hatte es aber geschneit. Außerdem war es so kalt, dass die Kopfsteinpflasterwege eisige Todesfallen waren. Zwei Tage vorher hatte Vuroy sich zum Entsetzen von Ru und Ohn den Arm bei einem Sturz gebrochen. Seitdem waren sie seinem ständigen Genörgel zu Hause ausgesetzt. Ich hatte niemanden daheim, der sich um mich kümmern würde, falls ich stürzte. Außerdem konnte ich mir einen Knochenbieger nicht leisten. Deshalb ging ich doppelt vorsichtig die Gehwege entlang. Wenn man mit einem Gehstock auf Eis klopft, klingt es fast wie Stein. Allerdings fühlt sich die Luft über dem Eis geringfügig anders an. Sie ist nicht nur kälter, sondern auch schwerer; sie ist spürbar dichter.
    Ich war nicht gefährdet. Nur langsam, Oree, langsam. Ich war so sehr darauf konzentriert, mir nicht die Knochen zu brechen, dass ich kaum auf den Weg achtete. Das hätte ich aber tun sollen, denn da ich ziemlich neu in der Stadt war, verlief ich mich prompt.
    Es ist keine gute Idee, sich in Schatten zu verlaufen. Die Stadt war willkürlich am Fuße des Elysiumpalastes gewachsen. Ihre Anordnung ergab nur wenig Sinn, obwohl die Adligen sich redlich mühten, Ordnung in das Chaos zu bringen. Langjährige Einwohner sagten mir, dass es seit dem Wachsen des Baums noch schlimmer geworden war. Er teilte die Stadt in zwei Teile — Wescha und Oscha — und bewirkte noch weitere, magische Veränderungen. Die Lady war so freundlich zu verhindern, dass der Baum bei seinem Wachstum etwas zerstörte. Dennoch wurden ganze Viertel verschoben. Alte Straßen wurden dem Erdboden gleichgemacht, neue entstanden. Wahrzeichen wurden umgesetzt. Wenn man sich verlief, konnte man stundenlang im Kreis laufen.
    Das war allerdings nicht die eigentliche Gefahr. An diesem kalten Nachmittag bemerkte ich schnell, dass jemand mir folgte.
    Die Schritte befanden sich etwa zwanzig Fuß hinter mir und passten sich meiner Geschwindigkeit an. Ich ging um eine Ecke und hoffte vergeblich ... Die Schritte folgten mir immer noch. Noch eine Ecke — dasselbe Ergebnis.
    Wahrscheinlich handelte es sich um Diebe. Vergewaltiger und Mörder hatten nicht viel für die Kälte übrig. Ich trug nur wenig Geld bei mir. Selbst mit viel Fantasie konnte man nicht behaupten, dass ich reich aussah. Aber wahrscheinlich genügte es, dass ich einsam und verloren aussah und blind war. An einem Tag wie diesem war ich leichte Beute, zumal nicht viel Beute unterwegs war.
    Ich ging nicht schneller, obwohl ich natürlich Angst hatte. Einige Diebe ließen nicht gerne Zeugen zurück. Wenn ich mich jetzt beeilte, ließ ich den Dieb wissen, dass er entdeckt worden war. Schlimmer noch, ich könnte mir auch noch den Hals brechen. Es war besser, ihn näher kommen zu lassen, ihm zu geben, was er wollte, und zu hoffen, dass es reichte.
    Nur ... er kam nicht. Ich ließ einen Block hinter mir, zwei

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