Die Gefährtin Des Lichts erbin2
sagen, denn sie erinnerten sich nicht daran. Alles war so schnell gegangen.
Mein Vater war ein seltsamer Mann. Man konnte die Schönheit und die Magie, die ich an ihm liebte, mühelos wahrnehmen. Dennoch schien sie außer mir niemand zu bemerken. Sie bemerkten etwas an ihm, verstanden es aber nicht. Seine Macht strahlte in seine unmittelbare Umgebung ab wie Wärme; ähnlich wie Sonnenscheins Licht und Maddings Glöckchen. Vielleicht haben wir Sterbliche mehr als fünf Sinne. Vielleicht gibt es außer Geschmack, Geruch und dem Rest noch einen Sinn, um das Besondere zu entdecken. Ich sehe das Besondere mit meinen Augen, aber vielleicht ist das bei anderen nicht so.
Also an diesem Tag vor langer Zeit, als die Macht die Welt veränderte und jeder vom senilen Alten bis zum Säugling es spürte ... da wurden sich alle dieses speziellen Sinns bewusst. Dann bemerkten sie meinen Vater und verstanden endlich, was er war.
Was ich allerdings immer als wunderbar empfunden hatte, betrachteten sie als Bedrohung.
Nach einer Weile kam Serymn zu mir und stellte sich hinter mich.
»Ihr macht Euren Glauben für das, was Eurem Vater widerfahren ist, verantwortlich«, sagte sie.
»Nein«, flüsterte ich. »Ich mache die Leute, die ihn getötet haben, dafür verantwortlich.«
»Also gut.« Sie hielt kurz inne und schätzte meine Stimmung ab. »Aber ist es Euch schon einmal in den Sinn gekommen, dass es für den Wahnsinn, der über Euer Dorf kam, einen Grund gab? Eine höhere Macht?«
Ich lachte einmal humorlos auf. »Ihr wollt, dass ich den Göttern die Schuld gebe.«
»Nicht allen.«
»Der Grauen Lady? Wollt Ihr sie auch töten?«
»Die Lady fuhr in dieser Stunde zu den Himmeln auf und wurde zur Göttin, das stimmt. Aber erinnert Euch daran, was noch geschah, Oree.«
Diesmal war es nur Oree, nicht mehr »Lady«. Als ob wir alte Freundinnen wären — die Straßenkünstlerin und das Arameri- Vollblut. Ich lächelte und hasste sie von ganzem Herzen.
Sie sagte: »Der Lord der Finsternis bekam seine Freiheit zurück. Auch das beeinflusste die Welt.«
Mein Herz schmerzte zu sehr für Höflichkeiten. »Lady, das ist mir vollkommen egal.«
Sie kam näher und stellte sich neben mich. »Das sollte es aber nicht sein. Nahadoths Natur ist mehr als nur Finsternis. Seine Macht schließt Verrohung, impulsives Handeln und das Uberbordwerfen jeglicher Logik ein.«
Sie hielt inne und wollte wahrscheinlich sichergehen, dass ihre Worte auch angekommen waren. »Den Wahnsinn einer entfesselten Menge.«
Dann schwieg sie. In dieser Stille breitete sich Eiseskälte in mir aus.
So hatte ich das noch nicht gesehen. Es war sinnlos, den Göttern die Schuld zu geben, wenn sterbliche Hände die Steine geworfen hatten. Wenn allerdings eine höhere Macht diese sterblichen Hände beeinflusst hatte ...
Egal, was Serymn auf meinem Gesicht las, es befriedigte sie. Ich hörte es an ihrer Stimme.
»Diese Gottkinder«, sagte sie. »Die Ihr Eure Freunde nennt. Fragt Euch, wie viele Sterbliche sie im Laufe der Zeit getötet haben. Weit mehr, als wir Arameri es je getan haben, da bin ich sicher. Der Krieg der Götter alleine vernichtete fast die gesamte Bevölkerung dieser Welt.« Sie kam noch näher. Ich konnte die Wärme ihres Körpers spüren, die auf meine Seite abstrahlte. Ich fühlte mich davon beinahe unter Druck gesetzt. »Sie leben ewig. Sie benötigen weder Nahrung noch Schlaf. Sie haben keine wirkliche Form.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wie können solche Wesen den Wert eines einzigen sterblichen Lebens zu schätzen wissen?«
Vor meinem geistigen Auge sah ich Madding — ein leuchtendes blaugrünes Ding, dem nichts auf der Erde ähnlich sah. Ich sah ihn in seiner sterblichen Form; wie er mit sanften Augen sehnsüchtig lächelte, wenn ich ihn berührte. Ich roch seinen kühlen leichten Geruch, hörte das Geräusch der Glöckchen und spürte das Schnurren in seiner Stimme, wenn er meinen Namen aussprach.
Ich sah, wie er in seinem Haus am Tisch saß und mit den anderen Gottkindern lachte, während sie ihr Blut in Fläschchen füllten, um es später zu verkaufen. Das hatte er oft während unserer Beziehung getan.
Dies war ein Teil seines Lebens, über den ich bewusst nie näher nachgedacht hatte. Gottesblut machte nicht süchtig. Es verursachte keine Todesfälle oder Krankheiten. Niemand nahm jemals zu viel und vergiftete sich damit. Dann waren da die Gefallen, die Madding den Menschen im Viertel erwies ... Für diejenigen, die zu unwichtig
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