Die Gefährtin Des Lichts erbin2
den Dingen, die der Priester mich lehrte. Es ist schön und gut zu behaupten, dass die Welt Vernunft, Mitleid und Gerechtigkeit schätzt - aber wenn diese Worte der Realität nicht standhalten, sind sie bedeutungslos.«
»Seit dem Ende des Kriegs der Götter erfreut sich die Welt der längsten Friedens- und Wohlstandsperiode ihrer Geschichte.«
»Mein Volk war einst genauso reich und mächtig wie die Amn, Lady Serymn. Jetzt sind wir Flüchtlinge, die nicht einmal ein Heimatland ihr Eigen nennen und von den Almosen der Arameri leben müssen.«
»Sicherlich gab es Verluste«, gab Serymn zu. »Aber ich denke, dass die Gewinne überwiegen.«
Plötzlich war ich erbost, ja wütend auf sie. Ich hatte Serymns Argumente von meiner Mutter, meinem Priester und Freunden der Familie gehört. Das waren Menschen, die ich liebte und respektierte. Ich hatte gelernt, meinen Ärger ohne Widerspruch runterzuschlucken, weil meine Gefühle sie aufregten. Aber wie sah es in meinem Herzen aus? Ganz ehrlich? Ich hatte nie verstanden, wie sie so ... so ... blind sein konnten.
»Wie viele Nationen und Völker haben die Arameri ausgelöscht?«, verlangte ich zu wissen. »Wie viele Ketzer wurden hingerichtet, wie viele Familien zerstört? Wie viele arme Menschen wurden von den Ordensbewahrern totgeprügelt, obwohl ihr einziges Verbrechen darin bestand, nicht zu wissen, wo sie standen?« Heiße Teetropfen spritzten auf meine Finger. »Das Zeitalter der Helligkeit war Euer Frieden und Euer Reichtum. Aber nicht der von anderen.«
»Ah.« Serymns leise Stimme drang durch meinen Zorn. »Nicht nur verlorener Glaube, sondern zerbrochener Glaube. Das Zeitalter der Helligkeit hat Euch enttäuscht, und deshalb lehnt Ihr es ab.«
Ich hasste ihren herablassenden, scheinheiligen, wissenden Tonfall. »Ihr wisst doch gar nichts!«
»Ich weiß, wie Euer Vater starb.«
Ich erstarrte.
Sie fuhr fort, ohne mein Entsetzen zu bemerken. »Vor zehn Jahren, an genau dem Tag, an dem die Macht der Grauen Lady über die Welt kam, befand sich Euer Vater auf dem Dorfmarkt. Jeder spürte an diesem Tag etwas. Man brauchte keine Schreiberausbildung oder magische Fähigkeiten, um zu spüren, dass gerade etwas Bedeutsames geschehen war.«
Sie hielt inne, als ob sie darauf wartete, dass ich etwas sagte. Ich blieb stocksteif sitzen, also sprach sie weiter.
»Aber Euer Vater war der Einzige unter all den Menschen auf diesem Markt, der in Tränen ausbrach, zu Boden fiel und vor Freude sang.«
Ich saß zitternd da und hörte dieser Frau zu, dieser Arameri, die leidenschaftslos Einzelheiten vom Mord an meinem Vater vortrug.
Nicht das Singen brachte ihn zur Strecke. Niemand außer mir war in der Lage, die Magie in seiner Stimme zu erkennen. Ein ausgebildeter Schreiber hätte sie vielleicht erahnen können, aber Nimaro war viel zu arm und hinterwäldlerisch, um sich einen Schreiber für seine kleine Weiße Halle leisten zu können. Nein, was meinen Vater tötete, war Angst. So einfach ist das.
Angst und Glaube.
»Die Menschen in Eurem Dorf waren bereits verängstigt.« Serymn sprach jetzt noch leiser. Ich glaubte nicht, dass dies ein Zeichen von Respekt meinem Schmerz gegenüber war. Wahrscheinlich hatte sie einfach bemerkt, dass sie nicht lauter sprechen musste. »Nach den merkwürdigen Stürmen und Erdbeben an diesem Morgen muss es ihnen so vorgekommen sein, als ob das Ende der Welt gekommen war. An diesem Tag gab es noch weitere dieser Vorkommnisse in verschiedenen Städten unserer Welt, aber der Fall Eures Vaters ist wahrscheinlich der tragischste. Wie man hört, gab es bereits vor diesem Tag Gerüchte über ihn. Das entschuldigt aber nicht, was geschah.«
Sie seufzte. Teilweise verflog mein Ärger, weil ich in ihrem Tonfall ehrliches Bedauern hörte. Vielleicht war es nur gespielt, aber selbst wenn, reichte es, um meine Lähmung zu durchbrechen.
Ich stand auf. Ich hätte nicht länger sitzen können, ohne laut zu schreien. Deshalb stellte ich die Teetasse ab und entfernte mich von Serymn. Ich suchte eine Stelle im Zimmer mit frischerer, weniger stickiger Luft. In einigen Fuß Entfernung befand sich eine Wand. Ich tastete mich an ihr entlang zu einem Fenster. Das hereinfallende Sonnenlicht half, meine Erregung zu dämpfen. Serymn saß schweigend hinter mir. Dafür war ich ihr dankbar.
Wer warf den ersten Stein? Das habe ich mich schon immer gefragt. Der Priester wollte es mir nicht sagen, als ich ihn wiederholt danach fragte. In der Stadt konnte es mir niemand
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