Die Gefahr
Geheimdienstoffizier im Ruhestand gekauft. Der Russe hatte ihm sogar dabei geholfen, eine geeignete Stelle auszusuchen, um an Land zu gehen. Das 56000-Hektar-Naturschutzgebiet gehörte der NASA. Jahrelang hatte der KGB seine Leute hier eingeschleust, um auszuspionieren, was die Amerikaner unternahmen, um den Wettlauf ins All zu gewinnen.
Mustafa al-Yamani war schon von Natur aus ein eher vorsichtiger Mensch, doch wenn man es, so wie er jetzt, mit einem Feind zu tun hatte, der über nahezu unbegrenzte Ressourcen verfügte, dann wurde seine Vorsicht zur Paranoia. Bevor er zu dieser Mission aufgebrochen war, hatte er noch verschlüsselte E-Mails an Glaubensbrüder gesandt, die schon seit Jahren in den USA lebten. Keiner von ihnen kannte den Namen oder das Gesicht des Mannes, den sie treffen sollten. Man hatte ihnen lediglich Ort und Zeitpunkt des Zusammentreffens mitgeteilt, und dass ihre Mission von höchster Wichtigkeit war.
Das FBI hatte seine Überwachung der amerikanischen Moslems weiter verstärkt, deshalb mussten sie umfassende Vorsichtsmaßnahmen treffen; eine davon bestand darin, dass sie Kontaktpersonen einsetzten, die nicht der radikalislamischen Lehre der Wahhabiten folgten, was al-Yamani nicht gerade gefiel. Er war es gewohnt, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die alles ihrem Glauben unterordneten – Menschen, die jederzeit bereit waren, ihr Leben für den Islam hinzugeben. Er hatte in seinem Leben viele solche Menschen kennengelernt, und in den vergangenen Monaten hatte er selbst mit angesehen, wie Dutzende von ihnen Opfer eines Mörders wurden, den sie weder sehen noch verstehen konnten. Das Unheil hatte sich in einer gottverlassenen Gegend am Nordufer des Kaspischen Meeres zugetragen, wo die Erde so verseucht war, dass nur noch einige mutierte Lebensformen existieren konnten.
Al-Yamanis Tage waren ebenfalls gezählt. Auch er war der tödlichen radioaktiven Strahlung ausgesetzt gewesen, wenn auch nicht ganz so extrem wie seine tapferen Mudschaheddin. Er nahm Tabletten, die gegen die Übelkeit und das Fieber halfen, doch eine Heilung gab es für ihn nicht. Mustafa al-Yamani war ein Todgeweihter, doch er hatte noch genug Leben in sich, um dem Feind einen schweren Schlag im Namen des Islam zu versetzen.
Amerika war ein großes Land mit einer Küste, die zu lang war, um sie lückenlos überwachen zu können. Dies war der entscheidende Schwachpunkt des Großen Satans, und al-Yamani wollte ihn sich in jeder Phase seiner Operation zu Nutze machen. Er war den westlichen Geheimdiensten durchaus kein Unbekannter. Auf seinen Kopf war immerhin eine Belohnung von zehn Millionen Dollar ausgesetzt. Es gab sogar einige in den eigenen Reihen, die von der Höhe der Belohnung in Versuchung geführt wurden – und wenn ihn nicht einige Maulwürfe in den pakistanischen und den saudi - arabischen Geheimdiensten gewarnt hätten, würde er jetzt in irgendeinem dunklen Kerker sitzen. Stattdessen war er nun im Begriff, die ultimative Terrorwaffe zu zünden und den arroganten Amerikanern einen vernichtenden Schlag zu versetzen.
Al-Yamani blickte erneut auf die GPS-Anzeige und drosselte die Fahrt ein wenig. Er konnte im schwachen Mondlicht bereits die Umrisse der kleinen Brücke erkennen, an der er seinen Kontaktmann treffen sollte. Der KGB-Offizier im Ruhestand hatte ihm gesagt, dass die Fahrrinnen des Naturreservats manchmal nur während der Flut schiffbar waren. Anhand des Tiefgangs seines Bootes hatte er ausgerechnet, dass ihm ungefähr eine Stunde blieb, um auf seinen Kontaktmann zu warten. Danach würde er weiterfahren müssen, wenn er nicht riskieren wollte, in der Fahrrinne stecken zu bleiben.
Er beschleunigte wieder und konnte wenig später die kleine Brücke ganz deutlich vor sich erkennen. Als er nur noch fünfzehn Meter entfernt war, stellte er den Motor ab. Das Boot glitt langsam weiter, während al-Yamani angestrengt lauschte, ob vielleicht das Motorgeräusch eines Autos oder sonst etwas Auffälliges zu hören war. Doch da war nur die Kakophonie der Tiere, die ihrem nächtlichen Treiben nachgingen.
Al-Yamani stoppte schließlich das langsame Vorwärtsgleiten des Bootes und wendete es – für den Fall, dass er gezwungen war, auf das offene Meer hinauszubrausen. Als der Bug in die Richtung zeigte, aus der er gekommen war, hielt er nach einer geeigneten Stelle Ausschau, um an Land zu gehen. Es war nicht hell genug, um etwas Genaues erkennen zu können, und al-Yamani wurde den Gedanken nicht los, dass irgendwo im
Weitere Kostenlose Bücher