Die Gefahr
sich in dem Raum um. Da standen mehrere Computer und jede Menge Schachteln und Akten, die an den Wänden des Raumes gestapelt waren. An einer Wand fand er schließlich, wonach er gesucht hatte, und blieb wie angewurzelt stehen. Beunruhigt und ungläubig starrte er auf die Karte.
Er trat näher heran und betrachtete den Plan einer Stadt, die er so gut kannte. Die Flüsse, Straßen und Parks waren ihm nur allzu vertraut. Diesen Stadtplan hier in diesem entlegenen Dorf zu finden, war schon erstaunlich genug, doch was ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte, war das, was auf dem Plan eingezeichnet war. Das Zentrum war von konzentrischen Kreisen umgeben, neben denen jeweils zwei Zahlen standen. Die erste war eine Temperaturangabe, die zweite die Anzahl von Todesopfern. Am Rand standen jede Menge Notizen in arabischer Sprache, in denen die Wetterverhältnisse in der Region analysiert wurden.
Rapp trat zurück und fragte sich, wie viel Zeit ihm wohl blieb, während in seinem Kopf mehrere Katastrophenszenarien ducheinanderwirbelten. Er hatte solche Karten schon früher gesehen. Sie wurden verwendet, um die Zerstörungskraft einer Atombombe darzustellen, und das Ziel dieser Bombe war offensichtlich Washington D.C.
14
FLORIDA-STRASSE
Während sich rund 13000 Kilometer entfernt die Nacht über die Ostküste Floridas senkte, bahnte sich die dreizehn Meter lange Jacht ihren Weg zwischen den Markierungen der Fahrrinne und näherte sich der Bucht des Merritt-Island-Naturschutzgebietes. Für al-Yamani war es ein langer Tag gewesen. Nachdem er den Kapitän des Bootes getötet hatte, war er 360 Meilen gefahren und hatte dabei nur einmal zum Nachtanken in Fort Pierce angelegt. Zum Glück hatte das Wetter mitgespielt, sodass er die Steuerung für mindestens ein Drittel der Fahrt dem Autopiloten hatte überlassen können. Dennoch war er zwölf Stunden lang der glühenden Sonne und dem Wind ausgesetzt gewesen, weshalb er nun ein wenig benommen war.
Während das Boot nun mit einer Geschwindigkeit von knapp fünf Knoten durch die ruhige, relativ schmale Bucht glitt, war er von einer fast unheimlichen Stille umgeben, die nur gelegentlich durch den Schrei eines nachtaktiven Tieres durchbrochen wurde. Al-Yamani hatte keine Ahnung, was das für Tiere sein mochten. Mit dem Meer hatte er nie etwas zu tun gehabt; er war in der Provinz al-Baha in Saudi-Arabien aufgewachsen und hatte erst vor kurzem schwimmen gelernt. Was er über Boote wusste, hatte er zur Gänze im Laufe des vergangenen Jahres gelernt, als er seine tapferen Kameraden auf der Fahrt von Nordiran nach Kasachstan über das Kaspische Meer begleitet hatte. Er hatte dem iranischen Kapitän aufmerksam zugesehen, wie er den klapprigen Frachter steuerte. Es hatte einiger Überredungskünste bedurft, bis der Kapitän sich bereit fand, den muslimischen Krieger in die Geheimnisse der Seefahrt einzuweihen. Al-Yamani hatte nämlich damals schon gewusst, dass er einen eher unkonventionellen Weg würde finden müssen, um in die Vereinigten Staaten zu gelangen.
Die Dieselmotoren brummten gleichmäßig vor sich hin, und al-Yamani betete einmal mehr, dass ihm eine Begegnung mit Alligatoren erspart blieb. Allein der Gedanke an diese Echsen jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Er war ein tapferer Mann, doch nachdem er in einer trockenen, kargen Gegend in Saudi-Arabien aufgewachsen war, jagten ihm Alligatoren eine Höllenangst ein. Er hatte bereits hin und wieder verdächtige Geräusche im Wasser gehört und stellte sich vor, wie ihm diese Bestien durch die schmale Fahrrinne folgten.
Er hatte zwar die Positionslichter eingeschaltet, widerstand aber dem Drang, auch noch die hellen Suchscheinwerfer einzuschalten. Am liebsten hätte er ganz auf Licht verzichtet, doch wenn er zufällig auf irgendwelche Sicherheitskräfte oder, noch schlimmer, Agenten der Anti-Drogenbehörde DEA traf, wollte er nicht, dass sie ihn verdächtigten, Drogen zu schmuggeln. Sein Anliegen war bei weitem edler als das Schmuggeln von illegalen Substanzen. Er hatte sich ganz dem Kampf verschrieben, den sein Volk gegen die Ungläubigen führte. Es war ein Kampf, der schon seit über tausend Jahren wütete.
Al-Yamani hatte eine Hand am Leistungshebel und die andere am Steuerruder, während er die GPS-Anzeige am Armaturenbrett ablas. Er hatte alle wichtigen Koordinaten im Kopf. Seine Leute hatten in der nordpakistanischen Stadt Peshawar auf dem Schwarzmarkt Satellitenkarten von einem russischen
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