Die gefangene Braut
Christina vor.
»Das bezweifle ich, Crissy, aber wir werden es bei der Landung herausfinden.« John legte seinen Arm um Christinas Schulter, und sie sahen zu, wie England hinter ihnen zurückblieb, als das Schiff aufs Meer hinaussegelte.
Für Christina war es eine lange und langweilige Reise. Sie haßte die Enge, und das Schiff bot wenig Möglichkeiten zur Zerstreuung. Sie freundete sich mit ihrer Mitreisenden, einer Mrs. Bigley, an, die die Kabine mit ihr teilte. Mrs. Bigley hatte ihre Kinder besucht, die in England in die Schule gingen, und kehrte jetzt nach Ägypten zurück. Ihr Mann war Colonel bei eben dem Regiment, zu dem John berufen worden war. Aber Mrs. Bigley konnte Christina nicht sagen, warum ihr Bruder nach Kairo geschickt wurde. Sie wußte nur, daß erst in einem Monat andere Ersatztruppen eintreffen würden.
Da sich die Fragen erst nach beendeter Reise beantworten ließen, gab Christina es vorläufig auf, dieses Rätsel zu lösen. Sie verbrachte die meiste Zeit damit, in ihrer Kabine zu lesen, und gleich zu Beginn der Reise hatten sich drei junge Bewunderer eingestellt, die ihr Bestes taten, um Monopolansprüche auf ihre Zeit zu stellen.
Einer von ihnen war ein Amerikaner. Er hieß William Dawson und war ein netter junger Mann mit grauen Augen und dunkelbraunem Haar. Sein Gesicht war schmal und gefurcht, und seine tiefe Stimme hatte einen seltsamen Akzent. Christina konnte stundenlang dasitzen und ihm zuhören, wenn er ihr aufregende Geschichten von den Kämpfen im Wilden Westen erzählte.
Christina konnte Mr. Dawson zwar gut leiden, doch sie empfand für keinen ihrer drei Verehrer romantische Gefühle. Sie hatte beschlossen, die meisten Männer seien gleich; sie wollten alle nur eins von einer Frau. Kein Mann schien gewillt zu sein, sie als ebenbürtig zu akzeptieren.
Die Tage zogen sich ohne jegliche Vorfälle dahin. Christina konnte es kaum glauben, als sie Ägypten schließlich erreichten. Je weiter sie nach Süden gekommen waren, desto heißer war es geworden, und sie war froh, daß sie Sommerkleider mitgenommen hatte. John hatte arrangiert, daß ihre übrige Garderobe nachgeschickt wurde, doch die Überseekoffer würden erst im kommenden Monat eintreffen.
Am folgenden Morgen legte ihr Schiff in Alexandria an. Christina konnte es gar nicht erwarten, wieder festen Boden zu betreten, doch die Hafenanlagen waren so überfüllt von Ägyptern, daß die Passagiere, die an Land gingen, sich einen Weg durch die dichte Menge bahnen mußten.
John und Christina standen an Deck, als Mrs. Bigley auf sie zukam und Christinas Hand drückte. »Meine Liebe, erinnern Sie sich noch an unser Gespräch über die Anweisungen Ihres Bruders? Seit da an rätsele ich an dieser Geschichte herum. Mein Mann, Colonel Bigley, holt mich hier ab, und ich werde ihn als erstes danach fragen. Wenn irgend jemand weiß, warum Ihr Bruder hierher geschickt worden ist, dann ist er es. Wenn Sie bei mir bleiben wollen, bis ich ihn gefunden habe, werden Sie auch gleich eine Antwort auf ihre Frage bekommen.«
»Ja, natürlich«, sagte Christina. »Ich sterbe vor Neugier, und ich bin sicher, daß John auch sehr gespannt ist.«
Mrs. Bigley winkte einen stämmigen Herrn, der Ende Vierzig sein mochte, zu sich heran. Das mußte ihr Mann sein, der Colonel. Sie gingen ihm entgegen, und er umarmte seine Frau und küßte sie.
»Verdammt einsam hier ohne dich, Liebling«, sagte der Colonel, der seine Frau dicht an sich drückte.
»Ich habe dich auch vermißt, Schatz. Ich möchte dir Lieutenant John Wakefield und seine Schwester Christina Wakefield vorstellen.« Sie sah ihren Mann an. »Colonel Bigley.«
John und der Colonel salutierten. »Was auf Erden haben Sie einen Monat zu früh hier zu suchen, Lieutenant? Die Ersatztruppen werden erst nächsten Monat erwartet«, sagte Colonel Bigley.
»Ich hatte gehofft, Sie könnten mir diese Frage beantworten, Sir«, sagte John.
»Was? Wollen Sie damit etwa sagen, daß Sie nicht wissen, warum Sie hier sind? Haben Sie Ihre Befehle bei sich?«
»Ja, Sir.« John drückte sie dem Colonel in die Hand.
Nachdem Colonel Bigley die Befehle gelesen hatte, sah er John mit einem verblüfften Ausdruck auf seinem sonnengebräunten Gesicht an. »Tut mir leid, mein Sohn, aber ich kann Ihnen auch nicht helfen. Alles, was ich Ihnen sagen kann, ist, daß wir Sie nicht hierher beordert haben. Haben Sie irgendwelche Feinde in England, die Sie gern außer Landes sehen würden?«
John sah ihn schockiert an. »Auf
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