Die Gefangene des Highlanders
hatte.
Er hielt direkt auf den Bachlauf zu, zwang sein Pferd, vom Pfad abzugehen und sich durch dichtes Gestrüpp zu drängen und wartete dann ungeduldig, bis Marian es ihm gleichtat. Sie hatte es aufgegeben, Fragen zu stellen, auf die er keine Antworten gab, mit zornig zusammengepressten Lippen trieb sie ihren Wallach an, raffte das lange Kleid, damit es nicht von den Dornen zerrissen wurde, und sah immer wieder zu ihm hinüber. Reichte es jetzt langsam? War man jetzt genug durch den Wald gestrolcht?
Die Wellen des Bachlaufs glitzerten durch die Zweige, das Rauschen verstärkte sich – Marian wusste, dass die Wasserfälle nicht mehr fern waren. Sie würden jetzt stark und reißend sein, denn die Regenfälle der vergangenen Tage hatten den Bach anschwellen lassen. Braden ritt eine Weile bachaufwärts durch den Wald und schien sich nicht mehr darum zu kümmern, ob sie ihm folgte, sondern bemühte sich, so nahe wie möglich am Bachufer zu bleiben.
Plötzlich erinnerte sich Marian daran, dass es unweit der Wasserfälle ein verfallenes Haus gab, das vor langer Zeit einmal zu einem Gehöft gehört hatte. Die Pächter hatten den Hof verlassen, da er zu wenig abwarf, seitdem war das Haus Sturm und Regen ausgesetzt gewesen.
War das vielleicht gar der Ort, an dem er seine Sarazenin versteckt hatte? Ihr Herz klopfte heftig – konnte es sein, dass er sie, Marian, hierhergeführt hatte, um ihr diese Frau zu zeigen? Wollte er ihr klarmachen, dass sie sich mit einer Nebenbuhlerin abzufinden hatte?
Ihr wurde fast schwarz vor Augen, und sie zügelte den Wallach, unsicher, was sie jetzt tun sollte. Wenn es das war, was er vorhatte, dann würde sie auf der Stelle zur Burg ihres Vaters reiten.
Er achtete nicht auf sie, sondern ritt jetzt über einen flachen Fels hinweg zum Bachufer hinunter. Marian zögerte, dann folgte sie ihm. Sie würde dieses Spiel jetzt beenden, es war unwürdig und beschämend für sie beide.
Sie befanden sich nicht weit von dem herabstürzenden Wasser, das sich wie ein weißer, schaumiger Vorhang über die dunklen Felsen ergoss und in der Abendsonne gelb und rötlich schimmerte. Ein Regenbogen zitterte in der feuchten Luft, lag wie ein feiner, vielfarbiger Schleier über dem dunklen Blau des Himmels und bedeckte auch Felsen, Wasser und Bäume mit durchsichtigen Farben.
Braden war dicht neben dem wild dahinströmenden Bachlauf vom Pferd gestiegen und hatte den Zügel an einem Ast festgebunden. Jetzt stand er Marian zugewandt, beobachtete wie auch sie absaß, sich unsicher umblickte und dann mit festen Schritten auf ihn zuging. Ihre Augen blitzten vor Zorn, ärgerlich fasste sie das lange Kleid, das an einem vorstehenden Felsen hängen blieb, dann entfernte sie einen abgebrochenen Zweig aus ihrem Haar.
„Wo ist sie?“
Er starrte überrascht in Marians grüne Augen, die bedrohlich glitzerten.
„Ich bin nicht so dumm, wie du glaubst, Braden MacDean!“, fuhr sie ihn an. „Du hast sie hier versteckt – also wo ist sie, deine verdammte Sarazenin?“
Über Bradens Gesicht glitt ein winziges, spöttisches Lächeln, das schnell wieder verschwand.
„Du hast recht, sie ist hier“, gab er zurück.
Hatte sie es doch gewusst! Ein wilder Schmerz stieg in ihr auf, und sie biss fest die Zähne zusammen, um ihn nichts davon merken zu lassen. Lieber wäre sie gestorben, als ihm ihre Verzweiflung zu zeigen.
„Wo?“, stieß sie hervor, während ihre Hände sich in ihr Kleid krallten.
„Sie ist in mir, Marian“, sagte er ruhig. „Sie hat ein Zeichen auf meinem Körper hinterlassen, das ich nie wieder vergessen werde, so lange ich lebe.“
Sie starrte auf sein Gesicht und versuchte herauszufinden, ob er im Fieber redete. Was sollte dieses dumme Geschwätz?
„Du liebst sie also?“, sagte sie leise.
Er hatte ihre Worte mehr erraten, als er sie hatte verstehen können, denn das Rauschen des Wassers hatte sie übertönt.
„Nein, Marian – ich liebe sie nicht. Aber das Mal, das sie mir hinterlassen hat, ist nicht mehr von mir zu trennen, und die Frau, die ich liebe, wird damit leben müssen.“
Sie trat einen Schritt zurück und maß seine Gestalt von oben bis unten. Was schwafelte er da? Hatte sie recht verstanden, oder hatte das laute Getöse des Wasserfalls seine Worte verzerrt?
„Wenn du das kannst, Marian, dann folge mir!“
Er hatte den letzten Satz mit lauter Stimme gerufen und war dann bachaufwärts zum Wasserfall gelaufen, während Marian ihm ratlos nachschaute. Was sollte das jetzt
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