Die Gefangene des Highlanders
glauben wir gern. Aber das ist schließlich kein Wunder!“
„Wohl wahr! Lady Marian würde jeden Mann verrückt machen.“
„Ja – aber ein anderer als Braden MacDean wäre schon nach drei Nächten wie erschlagen.“
„Erschlagen? Der fängt jetzt erst richtig an, unser Chief.“
„Verflucht – wieso wirst eigentlich immer nur du als Turmwächter eingeteilt, Raven?“
„Vertrauenssache. Von meiner Aufmerksamkeit hängt unser aller Sicherheit ab.“
„Dann pass nur auf, dass du nicht zu lang in die falsche Richtung horchst, Kerl!“
Auch Druce hatte einen schweren Stand. Er gönnte seinem Freund und Waffenbruder ja dieses ungetrübte Liebesglück, nach all den schlimmen Zeiten und bösen Unglücksfällen hatte Braden es redlich verdient. Dennoch litt Druce selbst Höllenqualen, denn er musste Tag und Nacht an seine Fia denken. Ohne Rücksicht auf mögliche Gefahren ritt er immer wieder zu der Eiche, und wenn er dort keine Nachricht fand, wagte er sich sogar zur Hütte der alten Sorcha. Fia hatte sich bisher erfolgreich geweigert, dem Wunsch ihres Vaters zuzustimmen. Mit Hilfe der alten Sorcha hatte sie sich krank gestellt, und es schien fast so, als sei David MacArons Entschluss, sie an Graham zu verheiraten, ins Wanken geraten. Doch würde der Alte tatsächlich von seinem Plan ablassen? Druce verging vor Sorge – immer noch hielt er das Ziel seiner Ausritte vor Braden geheim, nur Marian wusste davon, dass er mit Fia Botschaften tauschte.
„Du begibst dich in Teufels Küche“, schalt sie ihn, als er wieder einmal mit einer kleinen Schriftrolle in ihrem Turmzimmer erschien. „Was ist, wenn die Ritter meines Vaters dich erwischen? Wenn du als Gefangener vor David MacAron geführt wirst? Glaubst du, Fia wird glücklich sein, wenn sie auf die Idee kommen, dich zu foltern?“
Druce wurde blass bei diesem Gedanken, nicht weil er Angst vor den Schmerzen hatte, sondern weil er als Gefangener ein gar jämmerliches Bild vor seiner Fia abgeben würde.
„Und dann solltest du die Geschichte endlich deinem Waffenbruder Braden eingestehen“, fuhr sie ärgerlich fort. „Ich mag es nicht, dir hinter Bradens Rücken ständig diese Botschaften vorzulesen.“
„Das werde ich ganz sicher tun, Marian“, beeilte er sich zu versichern. „Schon weil er diese Nachrichten kennen sollte …“
„Wann?“
„Gleich nachher. Aber lies jetzt bitte zuerst diese Botschaft …“
Sie schüttelte energisch den Kopf und streckte ihm die kleine Schriftrolle hin.
„Kein Wort werde ich lesen, bevor nicht Braden von der ganzen Sache weiß!“
Druce wand sich, raufte seinen verwuschelten Bart und seufzte unglücklich. Die Ungeduld brachte ihn fast um.
„Braden ist draußen vor der Burg und arbeitet mit den jungen Kerlen, Marian. Gegen Mittag werde ich ihn ablösen – wir könnten die Nachricht also erst am Abend lesen …“
„Was ist dabei?“, fragte sie gleichmütig und versuchte, ihm die Rolle in den Ärmel zu stecken.
„Es ist wichtig, hat die alte Sorcha gesagt. Ich flehe dich an, Marian. Soll ich vor dir auf die Knie fallen?“
„Hör auf mit dem Quatsch“, fauchte sie. „Ich versuche schon seit Tagen, Braden zu neuen Verhandlungen mit meinem Vater zu überreden. Aber er mag nicht, der sture Kerl.“
Druce schnaubte und stieß ein kurzes Gelächter aus.
„Das wundert mich gar nicht. Bei der letzten Verhandlung wurde er fast erschlagen …“
„Jetzt ist es anders“, wandte sie ein. „Ich werde dabei sein und meinen Vater überzeugen.“
„Dein Wort in Gottes Ohr“, knurrte Druce. „Aber vielleicht steht in dieser Botschaft ja, dass dein Vater Braden ein Friedensangebot machen möchte.“
Sie stieß zornig die Luft aus. Wie beharrlich er war.
„Das glaubst du doch wohl selbst nicht“, murmelte sie unsicher und sah auf die Schriftrolle. „Na schön – noch dieses letzte Mal.“
Sie seufzte, ärgerlich über sich selbst und ihre Neugier, rollte dann aber doch das Pergament auf und begann zu lesen.
„Heute erschien Graham MacBoyll mit seiner Ritterschaft auf unserer Burg, und die Männer haben getafelt und getrunken.“ Marian hielt inne und sah, dass Druce’ Augen fast aus den Höhlen quollen. Der Kerl war auf der Burg gewesen! Dort, wo Fia ihm mehr oder weniger ausgeliefert war. Sie las weiter: „Danach führte Graham mit meinem Vater ein langes Gespräch, und ich hörte sie miteinander streiten.“ Draußen auf dem Burghof erschallte lautes Gelächter, ein Schwein quiekte, dann
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