Die Gefangene des Highlanders
liegenden Mann, der ohne Bewusstsein war.
„Schafft ihn in den Turm“, rief Druce. „Er ist schwer verwundet.“
Vier Helfer trugen Braden auf Marians Lager, betteten ihn vorsichtig auf Decken und Stroh, dann standen sie ratlos herum und flüsterten miteinander. Überall auf der Burg war der Jubel über den tapfer erkämpften Sieg einem beklommenen Schweigen gewichen. Es sah nicht gut aus für den jungen Chief, manche glaubten gesehen zu haben, dass schon die Blässe des Todes auf seinen Wangen lag.
Wozu hatten sie jetzt gekämpft? Für wen ihr Leben eingesetzt, wenn nicht für Braden MacDean, der all ihre Hoffnungen trug?
„Wenn er stirbt, dann war alles umsonst“, wurde gemurmelt. „Niemand wird uns vor dem Zorn des alten MacAron schützen.“
„Die MacArons werden jeden, der für Braden MacDean gekämpft hat, am nächsten Baum aufknüpfen.“
„Gott steh uns bei. Sie werden unsere Frauen nehmen und ihren Zorn an den unschuldigen Kindern auslassen.“
„Unsere Höfe werden brennen, das Vieh werden sie forttreiben …“
„Was jammert ihr? Noch ist Braden MacDean am Leben. Aisleen wird ihn schon gesund pflegen.“
„Aisleen und auch Marian.“
„Ausgerechnet David MacArons Tochter. Wenn sie dem Clanchief nur nichts antut, diese rothaarige Hexe.“
„Sie hat mit uns gemeinsam die Burg verteidigt. Also ist sie auf unserer Seite. Was sollte sie Braden MacDean schon antun?“
„Sie könnte ihn verzaubern …“
„Soll sie ruhig zaubern. Die Hauptsache ist, dass er am Leben bleibt.“
Marian kniete neben dem leblosen Braden und versuchte verzweifelt, die Ruhe zu bewahren. Was hätte die alte Sorcha jetzt getan? Ach, wenn sie sie doch fragen könnte. Aber sie musste allein entscheiden, was jetzt noch helfen konnte. Und sie musste schnell handeln. Sehr schnell.
Bradens Züge waren blass wie der Tod, die Schatten um die geschlossenen Augen fast schwarz, die Lippen hell. Er hatte viel zu viel Blut verloren, die fast übermenschliche Anstrengung hatte ihr Übriges getan. Sein breiter Brustkorb hob und senkte sich kaum merklich, hin und wieder ging ein Zittern durch seinen Körper, das rasch wieder verebbte.
„Wird er sterben?“, flüsterte Druce, der ebenfalls neben dem Freund kniete und ihn mit angstvollen Blicken betrachtete. „Er war schon verwundet, als ich kam, um ihm zu helfen. Ich fürchtete, er würde die Burg gar nicht mehr erreichen …“
Marian hörte nur mit halbem Ohr zu, denn sie war beschäftigt, die Gewandfetzen von Bradens Körper zu schälen. Er hatte zahllose Wunden an Brust, Armen und Beinen, einige davon waren harmlos, andere Stiche waren jedoch tief ins Fleisch eingedrungen.
„Wenn er stirbt, dann werde ich David MacAron dafür büßen lassen“, stöhnte Druce. „Ich werde ihn …“
„Halt endlich den Mund“, fauchte Marian ihn an. „Glaubst du, Braden würde wieder lebendig, wenn du aus Rache meinen Vater tötest? Denkt ihr Kerle wirklich, ein Tod könne den anderen auslöschen? Warum ist keiner von euch, auch nicht ein einziger, so vernünftig, mit dem Morden endlich aufzuhören?“
Druce schwieg betroffen und sah zu, wie sie Bradens Körper vorsichtig mit einem feuchten Tuch wusch, die Wunden freilegte, ohne sie zu berühren. Braden regte sich nicht, spürte nicht einmal, als sie ihn sanft auf die Seite drehten, um seinen Rücken zu säubern – er schien unendlich weit von ihnen entfernt zu sein. Vielleicht hatte er schon jene andere Welt erreicht, aus der keiner zurückkehrte.
Druce versuchte Marian mit täppischen, unsicheren Händen zu helfen, doch seine gut gemeinten Versuche hinderten sie mehr, als dass sie sie unterstützten.
„Geh hinaus und kümmere dich um die Männer“, ordnete sie schließlich an. „Sie brauchen jemanden, der sie führen und aufrichten kann. Gib ihnen zu tun und sprich ihnen Mut zu. Und schick mir Swan herein.“
Druce fügte sich, wenn auch ungern, denn er wäre lieber in der Nähe seines verletzten Freundes geblieben. Bald darauf vernahm Marian draußen vor dem Turm seine Befehle, hörte, wie die Männer eilfertig herbeiliefen, und sie musste trotz allem schmunzeln. Druce hatte eine laute, tiefe Stimme, wenn er sie erhob, erinnerte sie entfernt an das Brüllen eines Ochsen. Einer solchen Stimme leisteten die Männer da draußen nur allzu gern Gehorsam.
Marian hob Bradens Kopf ein wenig an und versuchte, im Wasser einzuflößen. Er verschluckte sich und hustete, dann trank er gierig einige Züge. Für einen Moment
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