Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
beiden sind gerade mal zwei Jahre verheiratet!«
    »Eure Angelegenheit, nicht meine«, sagte der Mann mit der Maske. »Gehört die Apotheke nicht Euch? Dann dürfte es doch nicht allzu schwer sein, Relin dazu zu bewegen.«
    »Er ist mein Angestellter, nicht mein Sklave«, sagte der Maler dumpf. »Und was sein Weib betrifft, so …«
    Eine behandschuhte Hand schob die schweren Münzen zurück in die Börse.
    »Dann vergesst unser kleines Gespräch von eben sofort wieder! Es hat niemals stattgefunden«, sagte der Mann. »Einen schönen Abend noch, Meister Cranach!« Er wandte sich zum Gehen.
    »Halt! So wartet doch!« Cranach hatte den fetten Köder geschluckt, das war Jan klar. »Ihr müsst mir schon ein wenig Zeit geben, mich an solch eine Vorstellung zu gewöhnen.«
    »Zeit?« Das Lachen des Maskenmanns klang bitter. »Damit wären wir schon bei der nächsten meiner Bedingungen angelangt. Das Bild muss fertig sein bis zum Fest von Mariä Himmelfahrt. Schafft Ihr das?« Er hatte die Börse erneut geöffnet und zählte fünfzig harte Gulden auf den Tisch.
    »Das ist ja ein Höllentempo, was Ihr von mir verlangt! Und die anderen beiden nackten Frauen?«, rief Cranach. »Wer sollen die sein? Etwa Fürstinnen? Oder gar Königinnen? Was an Unvorstellbarem habt Ihr Euch weiter ausgedacht?«
    »Gemach, gemach!«, rief der Maskenmann. »Ihr werdet es als Erster erfahren. Zur rechten Zeit.« Er streckte ihm die Hand entgegen. »So sind wir also miteinander im Geschäft, Meister Cranach?«
    Jan sah, wie der Alte eine Weile zauderte, dann aber schlug er ein.
    Jan trat von der Wand zurück, schob die Leinwand zurück an die richtige Stelle. Als wenig später die drei vereinbarten Klopftöne erklangen, verließ er rasch das Gemach.
    Sie blieben beide stumm, den ganzen Weg die Treppe hinunter, und auch noch, als sie das Schloss durch den Nebeneingang wieder verlassen hatten. Ein paar Tropfen fielen, und der Wind hatte aufgefrischt. Jan konnte spüren, wie die Spannung wuchs, bis sie wie ein blankes Schwert zwischen ihnen schwebte.
    Plötzlich hielt es er nicht länger aus.
    »Ihr wisst, ich kann schweigen«, brach es aus ihm heraus. »Und selbst wenn es Euch inzwischen leidtun sollte, dass Ihr mich mitgenommen habt …«
    »Tut es nicht. Ganz im Gegenteil.« Cranach war unvermittelt stehen geblieben. »Ganz Wittenberg tuschelt darüber, wie sehr du dir die Weiber gewogen zu machen verstehst. Jetzt wirst du Gelegenheit erhalten, deine Kunstfertigkeit auch für mich unter Beweis zu stellen.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«, fragte Jan misstrauisch.
    »Nun, ganz einfach: Du wirst es sein, der für unseren Kunden Margaretha Relin als nackte Aglaia malen wird.«
    *
    Griet Hutinger war besser als die Frauenwirte, die er jemals erlebt hatte, strenger als Kunz Rieger, der für ihn zunächst das Freudenhaus am Markt von Leipzig geführt hatte, unvergleichlich ehrlicher als dessen Nachfolger Jörg Brandmann, dem er ständig auf die Finger hatte schauen müssen, weil er gestohlen hatte wie ein Rabe.
    Und auch das Haus am Elstertor erwies sich schon nach Kurzem als Glücksgriff: weit genug von der Marienkirche entfernt, um nicht die Gemüter der ehrbaren Bürger zu erhitzen, aber doch bequem genug zu erreichen, wenn jemanden nach käuflicher Gesellschaft verlangte. Dabei hatte er anfangs mit der Anmietung des zweistöckigen Gebäudes gezögert, weil ihm die zwölf Kammern zu niedrig und eng und die beiden Stuben zu schäbig erschienen waren, um zu Weinkonsum und Glücksspiel einzuladen. Doch kaum hatte das neue Frauenhaus seine Pforten geöffnet, strömten schon die Freier herbei, mittlerweile so zahlreich, dass das alteingesessene Hurenhaus am nördlichen Holzmarkt um seine Existenz zu fürchten hatte.
    Natürlich kam ihm entgegen, dass die Lehre Luthers die meisten der einstmals katholischen Feiertage hatte verschwin den lassen, an denen ein Besuch im Frauenhaus streng verboten gewesen war – einer der Gründe, warum er sich für Wittenberg entschieden hatte, doch bei Weitem nicht der einzige.
    Er trat in eine Toreinfahrt, nahm den Umhang ab und wendete ihn. Das schlichte Grau, mit dem er bislang durch die Stadt gegangen war, machte prächtigem karmesinroten Tuch Platz, das als Innenfutter verborgen gewesen war. Als er nun auch die Maske angelegt hatte, kam er sich unbesiegbar vor.
    Sein Plan würde gelingen.
    An Tagen wie diesem zweifelte er nicht länger daran. Allen würde er zeigen, mit wem sie zu rechnen hatten: einem stolzen,

Weitere Kostenlose Bücher