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Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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überlegen, wie ich sie taktvoll fragen könnte, als jemand an die Tür klopfte. Es klang wie Gewehrschüsse. Ein scharfer Schmerz sauste mir wie ein Querschläger durch den Kopf.
    »Herein«, sagte Sophie.
    Francis schob seinen Kopf durch den Türspalt. »Na, sieh mal einer an«, sagte er. Er mochte Sophie. »Da findet hier ein Autofahrt-Jubiläumstreffen statt, und keiner sagt mir Bescheid.«
    Sophie stand auf. »Francis! Hallo! Wie geht’s denn?«
    »Gut, danke. Ich hab’ dich seit der Beerdigung nicht mehr gesehen.«
    Ich ließ mich auf dem Bett zurücksinken; in meinem Magen brodelte es. Die beiden unterhielten sich angeregt. Ich wünschte, sie wären gegangen.
    »So, so«, sagte Francis nach geraumer Zeit und spähte über Sophies Schulter zu mir herüber. »Was hat denn unser kleiner Patient?«
    »Hat zuviel getrunken.«
    Er kam zu mir ans Bett. Aus der Nähe gesehen, wirkte er leicht erregt. »Na, hoffentlich hast du deine Lektion gelernt«, sagte er, und dann fügte er auf griechisch hinzu: »Wichtige Neuigkeiten, mein Freund. «
    Mein Herz setzte aus. Ich hatte Mist gemacht. Ich war unvorsichtig gewesen, hatte zuviel geredet, irgend etwas Unheimliches erzählt. »Was hab’ ich gemacht?« fragte ich.
    Ich hatte Englisch gesprochen. Wenn Francis verwirrt war, ließ er es sich nicht anmerken. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, sagte er. »Möchtest du Tee oder so was?«
    Ich versuchte herauszufinden, was er mir sagen wollte. Der hämmernde Schmerz in meinem Schädel war so heftig, daß ich mich auf nichts konzentrieren konnte. Übelkeit wälzte sich in einer großen, grünen Woge heran, erzitterte auf ihrem Scheitelpunkt, sank zurück und rollte von neuem heran. Ich war von Verzweiflung durchtränkt. Alles, dachte ich bebend, alles wäre okay, wenn ich nur ein paar Augenblicke Ruhe haben könnte und wenn ich ganz, ganz still läge.
    »Nein«, sagte ich schließlich. »Bitte.«
    »Bitte was?«
    Die Woge schwoll wieder an. Ich wälzte mich auf den Bauch und gab ein langes, erbarmungswürdiges Stöhnen von mir.
    Sophie begriff zuerst. »Komm«, sagte sie zu Francis, »laß uns gehen. Ich denke, wir sollten ihn weiterschlafen lassen.«
     
    Ich verfiel in einen qualvollen Halbtraumzustand, aus dem ich ein paar Stunden später erwachte, weil es leise an der Tür klopfte. Es war inzwischen dunkel im Zimmer. Die Tür öffnete sich knarrend, und eine Lichtfahne wehte ins Zimmer. Francis schlüpfte herein und machte die Tür hinter sich zu.
    Er knipste die trübe Leselampe auf meinem Schreibtisch an und zog den Stuhl herüber zu meinem Bett. »Tut mir leid, aber ich muß mit dir reden«, sagte er. »Es ist etwas sehr Merkwürdiges passiert.«
    Ich hatte den ersten Schrecken schon wieder vergessen; jetzt kehrte er in einer üblen, gallebitteren Welle zurück. »Was denn?«
    »Camilla ist umgezogen . Sie ist aus dem Apartment ausgezogen. Alle ihre Sachen sind weg. Charles ist jetzt da, beinahe besinnungslos betrunken. Er sagt, sie wohnt im Albemarle Inn. Kannst du dir das vorstellen? Im Albemarle?«
    Ich rieb mir die Augen und versuchte, meine Gedanken auf die Reihe zu bringen. »Aber ich wußte das«, sagte ich schließlich.
    »Du wußtest es?« Er war verblüfft. »Wer hat es dir erzählt?«
    »Ich glaube, das war Cloke.«
    »Cloke ? Wann war das?«
    Ich berichtete, soweit mein Gedächtnis es zuließ. »Ich hatte es ganz vergessen«, endete ich.
    »Vergessen ? Wie konntest du so was vergessen?«
    Ich richtete mich ein kleines Stück auf. Frischer Schmerz durchzuckte meinen Kopf. »Was macht das schon aus?« fragte ich. »Wenn sie weg will, kann ich es ihr nicht verdenken. Charles wird sich einfach am Riemen reißen müssen, das ist alles.«
    »Aber das Albemarle«, sagte Francis. »Hast du eine Ahnung, wie teuer es da ist?«
    »Natürlich«, antwortete ich gereizt. Das Albemarle war das hübscheste Hotel in der Stadt. Präsidenten waren dort abgestiegen, und Filmstars. »Na und?«
    Francis ließ den Kopf auf die Hände sinken. »Richard«, sagte er, »du bist bescheuert. Du mußt einen Hirnschaden haben.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Zum Beispiel von zweihundert Dollar pro Nacht. Meinst du, die Zwillinge haben so viel Geld? Was, zum Teufel, glaubst du, wer das bezahlt?«
    Ich glotzte ihn an.
    »Henry. Der bezahlt das«, sagte Francis. »Er ist gekommen, als Charles nicht da war, und hat sie mit all ihrem Zeug rübergebracht. Charles kam nach Hause, und ihre Sachen waren weg. Kannst du dir das

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