Die geheime Reise der Mariposa
ist hinüber. Es gibt eine Menge Felsen unter Wasser. Wir ankern hier, und Casaflora baut den Motor aus und … Du hörst überhaupt nicht zu.«
Marit lächelte ihn an. Dann zeigte sie ins Meer.
»Sieh nur, José«, sagte sie, »wer von Marchena gekommen ist, um uns zu begrüßen.«
Das Wasser zwischen dem Strand und der Insel war voll von Köpfen – nassen schwarzen Köpfen mit winzigen Ohren, glänzenden Knopfaugen und langen, zitternden Schnurrhaaren. Sie kamen näher, neugierig wie die Delfine, und Marit sah, wie ein rotes Maul spielerisch nach einem blauen Schmetterling schnappte, der dicht über der Wasseroberfläche dahingaukelte. Hatte der Schmetterling goldene Flecken auf den Flügeln gehabt?
»Seelöwen«, sagte José und lächelte.
»Ein schönes Empfangskomitee für die Mannschaft eines funktionsuntüchtigen Schiffs«, knurrte Casaflora, halb über den Motor gebeugt. »Ich wünschte, ich könnte einen von ihnen überreden, den Motor an den Strand zu schleppen. Ich weiß nicht, ob ich das Werkzeug dazu habe, die Schraube auszubauen …« Er sah auf. »Was ist? Wollt ihr nicht an Land gehen?«
»Damit Sie mit der Mariposa abhauen und uns hier verdursten lassen?«, fragte José.
Casaflora seufzte. »Ich kann nicht mit der Mariposa abhauen, mein Junge. Der Motor ist hinüber. Begreifst du das nicht?«
»Doch«, sagte José, »das begreife ich sehr gut. Aber Sie könnten segeln. Zurück nach Isabela.«
Casaflora schnaubte. »Segeln? Die Mariposa ist ein braves altes Schiff, aber sie ist winzig. Es wäre Selbstmord, im Notfall auf ihre Segel zu vertrauen.« Er sah José an. »Außerdem«, fügte er hinzu, »interessiert es mich inzwischen auch, was ihr auf eurer verfluchten Insel finden werdet. Vielleicht hat es etwas mit mir zu tun. Und mit dem Krieg. Mehr, als ich dachte.«
Die Seelöwen umringten das Schiff noch immer. Sie schienen auf José und Marit zu warten.
»Wie lange wird es dauern, die Schraube zu …?«, begann José.
»Frag mich nicht so was!«, fauchte Casaflora. »Tage? Wochen? Monate? Lasst mich jetzt allein mit dem verfluchten Ding! Ich komme nach, an Land. Ein paar Tage müssen wir sicher hierbleiben.«
Marit vergewisserte sich, dass Casafloras Pistole, die sie immer noch trug, sicher in ihrer Tasche steckte. Dann sprang sie über Bord, mitten zwischen die Seelöwen. Sie hatte gedacht, die Tiere würden erschrecken und fliehen – doch stattdessen kamen sie näher, schwammen neben Marit her, stupsten sie mit ihren Schnauzen an und machten japsende Geräusche wie junge Hunde, die spielen wollen.
Marit drehte sich um. »José!«, rief sie. »Bring Oskar mit!«
»Natürlich«, sagte José und seufzte.
Kurz darauf sprang er mit dem Pinguin im Arm ins Wasser. Kurt der Albatros und Eduardo der Flamingo folgten. Zum Schluss sprang etwas sehr Kleines von der Reling und landete auf Kurts Rücken: Carmen. Hoffentlich sah Kurt auf dem Weg bis zum Strand davon ab, ein längeres Stück zu tauchen.
Die Seelöwen begleiteten sie bis an Land, robbten mit ihnen aus dem Wasser und konnten sich an ihren neuen Besuchern offenbar nicht sattsehen. »Ihnen muss ziemlich langweilig sein, so allein hier«, meinte Marit und lachte. Ein junger Seelöwe warf sich vor ihr auf den Rücken und ließ sich am Bauch streicheln. Es war zu seltsam.
Noch seltsamer war allerdings, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Marit merkte, dass sie beim Gehen schwankte, ähnlich wie Oskar. »José!«, rief sie kichernd, »du schwankst ja auch! Du siehst aus, als wärst du besoffen!«
An jenem ersten Tag auf Marchena wurde ihre Reise zu einem Spiel, wie Zelten im Freien: José schoss im Busch einen Vogel, den sie über ihrem Feuer brieten. Marit holte einen Kanister mit Trinkwasser vom Schiff. Es waren nur noch drei Kanister da. Es wird regnen, sagte sie sich, es wird regnen. Sie wollte sich nicht schon wieder Sorgen machen.
Sie wollte am Feuer sitzen und über die rot-schwarzen Inseldrachen lachen, die Leguane, die sie aus ihren uralten Augen beobachteten. Einer davon, ein ganz kleiner, saß mitten auf dem Kopf eines größeren, den er für einen idealen Aussichtspunkt hielt. Er wunderte sich sicher über den Pinguin und den Flamingo, die mit den Schnäbeln tief in einer Suppendose steckten …
Casaflora hatte sein eigenes Feuer, ein Stück weiter weg. Er hatte die Schiffsschraube tatsächlich ausgebaut und mitgenommen, um sie mit einem Stein von der Insel wieder zurechtzuklopfen. Aber auch über die
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