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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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Hut zog, was ihm einen weiteren Guss der Elemente bescherte.
    »Ist zufällig Ihr Herr zu Hause?« Der keltische Singsang seiner tiefen, sonoren Stimme, der seine irische Herkunft verriet, wurde noch durch eine kleine schottische Beimischung kompliziert.
    »Mein Herr?«, erwiderte ich voller Entrüstung, der sofort tiefe Zerknirschung folgte. Er hatte mich für eine Bedienstete gehalten! »Wenn Sie Herrn Pfarrer Patrick Brontë meinen, der ist allerdings zu Hause, Sir, und er ist mein Vater. Bitte entschuldigen Sie meinen Aufzug. Im Allgemeinen begrüße ichBesucher nicht von Kopf bis Fuß mit Mehl eingestäubt. Aber heute ist Backtag.«
    Der junge Mann schien nicht im mindesten verstört über seinen Patzer (vielleicht weil eiskalter Regen auf ihn niederprasselte), sondern sagte nur blinzelnd: »Ich bitte um Verzeihung, ich bin Arthur Bell Nicholls. Ich habe mit Ihrem Vater bezüglich der Stelle eines Hilfspfarrers korrespondiert. Ich werde erst morgen erwartet, aber da ich einen Tag früher als geplant in Keighley eingetroffen bin, dachte ich, ich könnte schon einmal vorbeischauen.«
    »Ah ja, Mr. Nicholls. Bitte kommen Sie herein«, forderte ich ihn höflich auf und trat einen Schritt zurück, sodass er an mir vorbei in die Eingangshalle gehen konnte. Als ich die Tür geschlossen hatte, lächelte ich zu ihm hinauf und sagte: »Das ist wirklich ein schreckliches Unwetter, nicht wahr? Ich erwarte jeden Augenblick, einen Zug von Tieren zu sehen, die paarweise die Straße entlang zur Arche wandern.«
    Ich nahm an, dass er lächeln oder auf ähnlich launige Art antworten würde, aber er stand nur steif wie eine Statue da und starrte mich an, während es vom Schirm und vom Hut in seiner Hand auf den Steinboden tropfte. Jetzt, da er sich vor den wütenden Elementen gerettet hatte, bemerkte ich, dass er ein Mann von kräftiger Statur mit einem dunklen Teint, einem attraktiven, breitflächigen Gesicht, einer großen, aber schönen Nase, einem festen Mund und dichtem, sehr schwarzem Haar war, das ihm, triefnass wie es war, in Strähnen am Schädel klebte. Er war mindestens einsachtzig groß – ganze dreißig Zentimeter größer als ich. Aus seinen Briefen war mir im Gedächtnis geblieben, dass er siebenundzwanzig Jahre alt war – beinahe zwei Jahr jünger als ich. Er hätte noch jünger ausgesehen, überlegte ich, wären nicht die dichten, säuberlich gestutzten Koteletten gewesen, die sein ansonsten bartloses Gesichteinrahmten. Seine Augen waren zurückhaltend und intelligent. Nun wandte er endlich den Blick von mir ab und sah sich schüchtern im Flur um, als sei er entschlossen, überallhin, nur nicht zu mir zu schauen.
    »Ich nehme an«, versuchte ich es erneut, »dass Sie in Irland derlei Wolkenbrüche gewöhnt sind?«
    Er nickte, starrte auf den Fußboden und antwortete nicht; anscheinend sollte die Aussage an der Tür sein einziger Versuch einer Konversation bleiben. Flossy stand zu Füßen des Neuankömmlings und schaute mit neugierigen, erwartungsvollen Augen zu ihm auf. Mr. Nicholls war zwar nass und fröstelte sichtlich, lächelte aber den Hund an, beugte sich zu Flossy hinunter und tätschelte ihm sanft den Kopf.
    Ich wischte mir die mehligen Hände, so gut es ging, an der Schürze ab und sagte: »Darf ich Ihren Hut und Mantel nehmen, Sir?«
    Er schaute mich fragend an, reichte mir aber wortlos seinen triefenden Regenschirm, entledigte sich dann seines Huts und Mantels und gab mir beides. Ich sah, dass seine Schuhe durchnässt und schmutzverkrustet waren. »Sagen Sie nicht, dass Sie bei diesem Wetter den ganzen Weg vom Bahnhof in Keighley zu Fuß zurückgelegt haben, Mr. Nicholls?«
    Er nickte. »Es tut mir leid wegen Ihres Fußbodens. Ich habe versucht, so viel Schmutz wie möglich abzustreifen, ehe ich geklingelt habe.«
    Er hatte wahrhaftig gesprochen! Zwei ganze Sätze, wie kurz sie auch immer sein mochten! Ich betrachtete dies als kleinen Sieg. »Dieser Boden ist Schlammspuren gewöhnt, das kann ich Ihnen versichern. Möchten Sie sich am Feuer in der Küche wärmen, Mr. Nicholls, während ich ein Handtuch für Sie hole?«
    Er schaute verängstigt. »In der Küche? Nein, danke.«
    Mich verstörte ein wenig der überraschte und herablassendeTon in seiner Stimme, als er das Wort »Küche« aussprach. In meinen Ohren schien darin eine innere Abneigung gegen das Wesen dieses Raumes zu liegen, als hielte er die Küche für einen Raum, der allgemein so sehr mit den Frauen des Hauses in Verbindung stand, dass es

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