Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)
die man doch Millionen ausgibt. Schenken Sie sich ihr mit Seele und Leib; aber behalten Sie Ihr Geld in der Hand, wie der Alte in der ›Sintflut‹ Girodets.«
Nach dieser Unterhaltung hätte die Fürstin die Tiefe eines Abgrundes, die Anmut einer Königin, die Verderbtheit der Diplomaten, die Gefährlichkeit einer Sirene besitzen müssen. Diese beiden geistreichen Männer, die nicht imstande waren, die Entwicklung dieses Scherzes vorauszusehen, hatten schließlich aus Diana von Uxelles die ungeheuerlichste Pariserin, die gewandteste Kokette, die berauschendste Kurtisane der Welt gemacht. Obwohl sie recht hatten, war die Frau, die sie so leichthin behandelten, für d'Arthez heilig und geweiht, denn seine Neugier brauchte nicht erst geweckt zu werden; er willigte auf der Stelle ein, ihr zu begegnen, und etwas anderes wollten die beiden Freunde nicht von ihm.
Frau d'Espard suchte die Fürstin auf, sowie sie die Antwort hatte. »Meine Liebe, fühlen Sie sich schön und kokett?« fragte sie. »Kommen Sie in einigen Tagen zum Diner, dann werde ich Ihnen d'Arthez auftischen. Unser genialer Mann ist von Natur sehr wild, er fürchtet die Frauen und hat noch nie geliebt. Danach richten Sie Ihr Gespräch ein. Er ist außerordentlich geistvoll und von einer Einfalt, die Sie täuscht, weil sie Ihnen jedes Mißtrauen nimmt. Sein ganzer Scharfsinn erschöpft sich in Rückblicken und wirkt erst nachher, so daß er jede Berechnung zunichte macht. Heute haben Sie ihn vielleicht überrascht, aber morgen läßt er sich durch nichts mehr täuschen.« »Ach,« sagte die Fürstin, "wenn ich erst dreißig Jahre alt wäre, so würde ich mich wundervoll dabei amüsieren! Bisher hat mir gerade ein Mann von Geist gefehlt, auf dem ich spielen konnte. Ich habe stets nur Partner gehabt, niemals Gegner. Die Liebe war ein Spiel, statt ein Kampf zu sein.« »Liebe Fürstin, geben Sie zu, daß ich sehr großmütig bin, denn schließlich, eine gut angewandte Wohltat ...«
Die beiden Frauen sahen sich lachend an und ergriffen sich gegenseitig bei den Händen, die sie sich freundschaftlich drückten. Gewiß kannten sie alle beide voneinander wichtige Geheimnisse, und ohne Zweifel zählten sie den einzelnen Mann und einen zu leistenden Dienst nicht so genau; denn damit eine Freundschaft zwischen Frauen aufrichtig und dauerhaft werde, muß sie mit kleinen Verbrechen gekittet werden. Wenn zwei Freundinnen sich gegenseitig töten können, und sich gegenseitig ansehen, den vergifteten Dolch in der Hand, so bieten sie das rührende Schauspiel eines Einklangs dar, der erst in dem Augenblick gestört wird, in dem die eine von beiden ihre Waffen aus Versehen losläßt. Acht Tage darauf also fand bei der Marquise eine jener Abendgesellschaften statt, die sie ›ihre kleinen Tage‹ nennt und die für die Vertrauten reserviert sind; zu ihnen kommt niemand, der nicht eine mündliche Einladung erhalten hat, und während ihres Verlaufs bleiben die Türen geschlossen. Diese Abendgesellschaft wurde für fünf Personen gegeben: für Emile Blondet und Frau von Montcornet, für Daniel d'Arthez, Rastignac und die Fürstin von Cadignan. Die Herrin des Hauses mitgezählt, waren es so viel Männer wie Frauen. Nie hätte der Zufall geschickter spielen können, das Zusammentreffen d'Arthez' und der Frau von Cadignan vorzubereiten. Die Fürstin gilt noch heute für eine Frau, die in Toilettedingen ganz besonders bewandert ist; und die Toilette ist für die Frauen die erste aller Künste. Sie trug ein Kleid aus blauem Samt mit weiten hängenden weißen Ärmeln und durchsichtigem Buseneinsatz, einen jener Brustschleier aus leicht gekraustem Tüll, der blau eingefaßt war, bis auf vier Finger breit an ihren Hals heranreichte und ihre Schultern bedeckte, wie man es auf einigen Bildnissen Raffaels sieht. Ihre Kammerfrau hatte ihr ein wenig weißes Heidekraut geschickt in ihre blonden Haarkaskaden gesteckt; sie bildeten eine der Schönheiten, denen sie ihre Berühmtheit verdankte. Sicherlich sah Diana aus, als sei sie noch nicht fünfundzwanzig Jahre alt. Vier Jahre der Einsamkeit und der Ruhe hatten ihrer Gesichtshaut ihre Festigkeit zurückgegeben. Und gibt es nicht außerdem Augenblicke, in denen der Wunsch, zu gefallen, die Schönheit der Frauen noch steigert? Der Wille bleibt auf die Wandlungen des Gesichts nicht ohne Einfluß. Wenn gewaltsame Erregungen die Macht haben, bei Leuten von sanguinischem oder melancholischem Temperament weiße Töne zu gilben, lymphatische
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