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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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triefte aus der überfließenden Dachrinne herab, |306| während sie sich von einem Versteck zum nächsten stahl, aber das Blitzen und Donnern hatte vorübergehend aufgehört. Endlich erreichte sie das Schlangenzimmer, aus dem Stimmen drangen, und spähte durch eine hellere Stelle im unteren Teil des Buntglasfensters. Sie sah Mrs. Needle, deren blasses Gesicht starr und ausdruckslos war. Der Anwalt Dankle stand neben ihr, seine Haltung war die eines Mannes, der im Begriff war, sich in die Hose zu machen. Der Grund war der dritte stehende Anwesende: Ed Stillman mit der Pistole in der Hand und Zorn im Gesicht.
    Stillman betrachtete Gideon Goldring, der aus dieser Perspektive noch schlechter aussah. Sein Gesicht mit dem offen hängenden Mund und den ins Leere blickenden tiefliegenden Augen sah aus wie das einer Wachsfigur. In Lucinda flammte wieder der Hass auf. Patience Needle hatte ihm das angetan. Sie hatte aus ihrem Großonkel dieses jämmerliche Wrack gemacht.
    »Was haben Sie mit ihm angestellt?«, herrschte Stillman sie an. »Ihn vergiftet? Ist das nicht ein bisschen altmodisch?«
    »Sie sind ein Einbrecher, Sir«, sagte Mrs. Needle so ruhig, dass Lucinda ihren Mut bewundert hätte, wenn es nicht diese Hexe gewesen wäre. »Und Sie bedrohen uns mit einer Waffe. Es ist mir völlig gleichgültig, wer Sie sind, Mr. Stillman, im Augenblick sind Sie ein Krimineller. Und Mr. Dankle hier ist ein Vertreter des Gesetzes.«
    Der Anwalt hob die Hände wie jemand, der verhindern will, dass Freunde sich streiten. »Bitte, Mrs. Needle, wir wollen doch nicht …«
    Stillman lachte. »Dann rufen Sie doch die Polizei. Na los! Dankle, Sie sollten die Nummer kennen.« Er sah sich um. »Niemand groß in Eile, was? Dachte ich mir. Offensichtlich hat Gideon hier irgendetwas laufen, das Ihrer Meinung nach |307| viel wert ist, ist es nicht so, Gnädigste? Und das wollten Sie sich gern unter den Nagel reißen.«
    »Schauen Sie, Mr. Stillman«, sagte Dankle, der vor Aufregung leicht stotterte, »wir sind hier doch alle zivilisierte Menschen. Stecken Sie doch bitte die Pistole weg, damit wir die Sache in aller Ruhe klären können.«
    »Ach ja?« Stillman fuhr herum und richtete die Waffe direkt auf Barnaby Dankle. »Heißt das, Sie wollen mir die Wahrheit über Ihr heimtückisches doppeltes Spiel erzählen – oder ist es ein dreifaches Spiel? Betrügen Sie die Frau auch? Denn Ihre beiden anderen Auftraggeber, mich und den armen Gideon, haben Sie ganz schön gelinkt.«
    »Das … das ist ein Missverständnis!« Der Anwalt wich vor ihm zurück. »Sehen Sie, es … es ist nur so, dass …«
    Den Rest hörte Lucinda nicht mehr. In diesem Moment wurde etwas Scharfes und Eiskaltes seitlich an ihre Kehle gedrückt, und eine schwielige Hand legte sich über ihren Mund.
    »Keinen Ton, sonst bist du tot«, sagte eine furchtbar bekannte Stimme leise. »Soso, wer schleicht denn da im Dunkeln herum?« Jackson Kingarees Mund war so dicht an Lucindas Ohr, dass sie seinen heißen Atem fühlte. »Hab ich dir nicht gesagt, dass wir uns wiedersehen, meine Kleine? Hab ich’s nicht gesagt?«

|308|
    34
NUR MIT EINEM SCHNEEBALL BEWAFFNET
    C olin Needle stieg die Leiter aus der Höhle in das Silo hinauf. Auf dem staubigen Boden fielen ihm Fußspuren ins Auge, die vorher nicht dagewesen waren, soweit er sich erinnerte, und im ersten Moment erschrak er. Aber da er unten am Spalteneingang niemanden gesehen hatte und das Silo selbst zweifellos leer war, kam er zu dem Schluss, dass er die Spuren beim Einstieg schlicht übersehen hatte.
    Außerdem, wer hätte sich schon in einer solchen Nacht in der Nähe der Verwerfungsspalte herumgetrieben? Die Jenkins-Gören waren fort, Gideon war krank, und Walkwell war bis über beide Ohren mit Arbeit eingedeckt.
    Colin machte die Bodenklappe hinter sich zu und schloss sie ab, dann streifte er seinen Rucksack ab und stellte das Kontinuaskop |309| darauf, damit das sorgfältig polierte Messing nicht noch einen Kratzer abbekam. Aus der Tasche der Jacke, die er für sein Experiment angezogen hatte – viel zu dick für die Jahreszeit, selbst in einer solchen Gewitternacht –, zog er sein Taschentuch hervor und packte das darin eingeschlagene Mitbringsel aus.
    Da lag es, das Symbol seines Triumphs, und glitzerte im Strahl seiner Taschenlampe wie eine Weihnachtskugel, aber es war zugleich viel schlichter und viel wunderbarer als so ein verziertes Glasding.
    Ein zwanzigtausend Jahre alter Schneeball,
dachte er bei sich. Aber das

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