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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Dragović verrät?» Sie reckte den Hals und schaute sich um. Giacomo hatte sie, absichtlich oder unbewusst, so platziert, dass sie mit dem Rücken zur Tür saßen. Zudem raubten einem die zuckenden Diskolichter und der dröhnende Presslufthammer-Bass alle Sinne.
    « Sicher weiß ich gar nichts.» Michael bestellte beim Kellner einen weiteren Drink. «Es heißt, dass Giacomo mit Dragovićs Organisation konkurriert. Um alles, was Geld einbringt.»
    Welchen Wert hat unser Leben? , fragte sich Abby.
    Ein Mann in Lederjacke, der an der Bar lehnte, fiel ihr ins Auge. Er war jung, von Akne entstellt, und hatte die Haare mit Gel zu Dornen gezwirbelt. Er trank ein Bier und stand so, dass er ihren Tisch im Blick hatte. Sie nickte in seine Richtung.
    «Glaubst du, der ist von Dragović?»
    «Vielleicht ein Freund von Giacomo.» Michael zuckte mit den Schultern. «Was meinst du? Wie viel sollen wir ihm verraten?»
    «Stellt sich die Frage überhaupt?» Sie konnte den Mann an der Bar nicht aus den Augen lassen.
    «Mit jemandem wie Giacomo kann man nur pokern. Wir werden unser Blatt so lange wie möglich verdeckt lassen.»
    Abby musste lachen. «Er wird doch merken, ob wir bluffen oder nicht.»
    In diesem Moment tauchte Giacomo wieder im Gang zu den Toiletten auf. Als er an der Bar vorbeikam, glaubte Abby zu bemerken, dass er dem aknenarbigen Mann einen flüchtigen Blick zuwarf. Er setzte sich in die Nische und wartete, bis der Kellner, der die Drinks gebracht hatte, wieder gegangen war. Sein eigenes Glas war immer noch mehr als halbvoll.
    «Und?»
    Michael nahm einen kräftigen Schluck. «Es gibt eine Grabkammer – im Kosovo. Ich habe sie entdeckt. Darin befanden sich einige Kunstgegenstände, die ich an Dragović verkauft habe.»
    «Sie hätten damit zu mir kommen sollen. Ich hätte Ihnen einen besseren Preis gemacht.»
    «Unter anderem lag ein Gedicht im Sarkophag.» Michael zog die Serviette unter seinem Drink weg und schrieb die erste Zeile aus dem Gedächtnis auf. Dann schob er das Papier über den Tisch auf Giacomo zu, der die Stirn krauste.
    «Von Gedichten und dergleichen verstehe ich nichts.»
    «Ich dachte, vielleicht klingelt da etwas bei Ihnen.»
    «Das stammt aus Ihrer Grabkammer?»
    «Eine Zeile aus dem Gedicht, das man auch auf einer Grabplatte im Museum Forum Romanum wiederfindet.»
    «Jetzt nicht mehr», korrigierte Giacomo. «Die Grabplatte wurde gestohlen, vor kurzem erst. Ich glaube allerdings, dass sie immer noch in Rom ist.»
    Seine dunklen Augen huschten zwischen Michael und Abby hin und her. Er weiß, dass Dragović sie hat , dachte Abby. Und er kennt auch dessen kleines Museum in Rom. Woher?
    «Dragović hat den Stein mit der Inschrift gestohlen», sagte Michael. «Er glaubt, dass er auf etwas sehr Wertvolles hinweisen könnte.»
    «Wenn dem so ist, hat er mich nicht nach meiner Meinung gefragt.»
    «Jetzt frage ich Sie.»
    Giacomo schaute über Michaels Schulter hinweg auf die Tür. Abby konnte es sich nicht verkneifen, seinem Blick zu folgen.
    «Was wissen Sie über dieses Gedicht?», fragte Giacomo.
    Abby überraschte sich selbst damit, dass sie antwortete: «Es stammt aus dem vierten Jahrhundert, aus der Zeit Kaiser Konstantins.»
    Giacomo lehnte sich zurück. «Konstantin der Große. Wussten Sie, dass er in Serbien zur Welt kam? Ich fürchte, hier ist man auf Größenwahnsinnige spezialisiert.» Er kicherte. «Wo im Kosovo, sagten Sie, liegt die Grabkammer?»
    «In einem Wald», antwortete Michael ruhig.
    «Haben Sie die Kammer komplett geplündert oder noch etwas zurückgelassen? Etwas, das ein Freund für Sie holen könnte?»
    «Es gäbe da noch interessante Fresken. Ziemlich gut erhalten.» Michael nahm die Kamera aus der Tasche und führte ihm auf dem Display die Bilder vor. «Wenn Sie uns helfen, würde ich Ihnen sagen, wo genau die Kammer ist.»
    Abby starrte Michael an. Das kann doch nicht sein Ernst sein. Sie stellte sich Giacomos Gangster in der Höhle vor, wie sie mit Hämmern und Meißeln den Wänden zu Leibe rückten. Die gehören doch nicht denen, dachte sie und glaubte fast, den Protest der siebzehn Jahrhunderte alten Gebeine hören zu können, die von einem Mann namens Gaius Valerius Maximus stammten.
    Giacomo zog einen Kugelschreiber aus der Brusttasche und schrieb etwas unter das Gedicht auf der Papierserviette.
    «Das ist die Adresse eines Hotels. Machen Sie es sich darin gemütlich. Ich werde ein paar Fragen stellen, Gespräche führen und Sie dann aufsuchen, wenn ich Ihnen etwas

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