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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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christlichen Glauben zu bekennen.»
    «Die Kette, die du mir gegeben hast – sie stammt doch aus dieser Grabkammer, nicht wahr?»
    «Ja, sie steckte zusammen mit der Schriftrolle in einer versiegelten Vase.»
    «Das ist ein christliches Symbol. Wieso hat der tote Gaius Valerius beides im Sarg haben wollen und nicht irgendwo als Dekoration?»
    Michael zuckte mit den Achseln. «Vielleicht hat er sich noch auf dem Totenbett zum anderen Glauben bekannt.»
    Abby dachte daran, wie dieser Mann zu Tode gekommen war, an die Klinge, die seinen Brustkorb durchbohrt hatte. Sie erschauderte.
    «Apropos Kette. Hast du sie noch?»
    «Das Auswärtige Amt hat sie mir abgenommen.»
    Michael schaute zum Fenster hinaus. «Ist vielleicht nicht so wichtig.»

Belgrad, Serbien – Gegenwart
    Sie verließen den Bus an der Endstation, die sich am Fuß eines Hügels nahe der Innenstadt befand. Dunkle Wolken hatten es schon früh dämmern lassen. Es regnete unablässig, und durch das Flusstal rollten Donnerschläge. In einem Laden am Bahnhof kauften sie einen Schirm.
    «Wie sieht’s mit Geld aus?», wollte Abby wissen.
    «Gut», antwortete Michael. «Einer der Vorteile meiner Tarnung als Gauner besteht darin, dass ich immer genügend Bares zur Hand habe.»
    «Suchen wir uns eine Bleibe. Es gibt ein Hotel, in dem ich schon –»
    «Nein», widersprach Michael entschlossen. «Du weißt, wie es in Serbien läuft. Jeder Gast wird der nächsten Polizeistation gemeldet. Selbst wenn man mit unseren Namen nichts anfangen kann, wird auffallen, dass wir keinen Einreisestempel haben. Hast du überhaupt deinen Pass bei dir?»
    Abby betastete ihre Hosentasche und fühlte, dass sie leer war. Sie erinnerte sich, an der Straßensperre nach ihrem Pass gegriffen zu haben – und wie der Polizist sie am Handgelenk aus dem Wagen gezerrt hatte und ihr Pass zu Boden gefallen war.
    Ihr wurde flau. Sie kam sich vor wie ein kleines Mädchen in einer fremden Stadt. Wie sollte sie wieder hinauskommen? Sie konnte nicht einmal mehr dokumentieren, wer sie war.
    Michael schien kein Problem damit zu haben. Er warf einen Blick auf seine Uhr. «Wie dem auch sei, wir haben eine Verabredung einzuhalten.»
    Sie folgte ihm durch den Busbahnhof nach draußen auf eine belebte Straße. Michael hielt den Regenschirm so, dass sie sich dahinter verstecken konnten. Sie hakte sich bei ihm unter und achtete darauf, sich von den vorbeifahrenden Autos nicht nassspritzen zu lassen.
    «Wo findet dieses Treffen statt?»
    «Auf einem Splav.»

    Abby war noch nie auf einem Splav gewesen, hatte aber während ihrer Fahrten durch Belgrad etliche aus der Ferne gesehen. Sie waren eine Institution in Belgrad – Bars und Nightclubs auf Flößen, die kilometerweit die Ufer der Sava und Donau säumten. Manche von ihnen sahen wie Häuser aus, andere wie Boote. Der Splav, den sie ansteuerten, hatte ein gewölbtes Dach aus Metall und freiliegende Stahlträger wie ein Flugzeughangar. Er ankerte zwanzig Schritt vom Ufer entfernt und war über eine behelfsmäßige Brücke aus Holzpfosten und Bohlen zu erreichen. Über dem Eingang hing ein Schild mit der Aufschrift Hazard . Ob dies der Name der Bar oder ein allgemeiner Warnhinweis war, konnte Abby nicht einschätzen.
    Sie starrte auf die wacklige, regennasse Gangway und die grauen Fluten darunter.
    «Könnte problematisch werden, wenn wir auf die Schnelle verschwinden müssen.»
    «Ich habe diesen Treffpunkt nicht gewählt.»
    Vorsichtig und mit kleinen Schritten gingen sie über die rutschigen Planken. Ein Sicherheitsposten filzte sie flüchtig, was daran erinnerte, dass die Stadt immer noch nicht vollständig befriedet war. Ein Schild, das die Mitnahme von Waffen untersagte, vermochte Abby nicht zu beruhigen.
    Sie betraten einen großen düsteren Raum, der fast leer war, was auch das spärliche Licht nicht verbergen konnte. Die Wände waren in einem so dunklen Rot gestrichen, dass sie schwarz wirkten, unterbrochen von Neonleuchten in aggressiv abstrakten Formen. In der Mitte des Raums stand ein Diskjockey vor einer hochverstärkten Musikanlage, doch es tanzte niemand. Die wenigen Gäste hatten sich in Nischen am Rand zurückgezogen. Einer von ihnen, ein allein sitzender älterer Herr, blickte auf, als Abby und Michael den Raum durchquerten, und winkte sie zu sich.
    «Wer ist denn das?», fragte Abby auf dem Weg zu seinem Tisch. Sie versuchte, diskret zu sein, musste aber der lauten Musik wegen fast schreien, um gehört zu werden.
    «Mr. Giacomo. Er ist das,

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