Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
Vom Netzwerk:
alle kreuzigen ließ.
    «Davon habe ich gehört», entgegne ich. «Asterius brach ein, Eusebius nicht.»
    Porfyrius schüttelt den Kopf. Er hat das Kinn auf die Brust gelegt und scheint in die Tiefen seiner Seele zu blicken.
    «Eusebius brach ein, nicht Asterius.»
    Er murmelt so leise, dass ich zuerst glaube, er wiederhole meine Worte. Aber dann verstehe ich.
    « Eusebius hat diese Christen verraten?» Er nickt. «Aber wie konnte –»
    «Wie es kommen konnte, dass Eusebius Bischof wurde und Asterius keine Kirche mehr betreten durfte?» Er fährt mit den Fingern durch seine Haare. «Eusebius und Symmachus machten einen Handel unter sich aus und gaben Asterius die Schuld.»
    Es fällt mir schwer zu verdauen, was ich höre. «Woher weißt du das alles?»
    «Symmachus hat es mir erzählt. Er lachte über die Heuchelei.»
    «Und warum hat er es später nicht zur Kenntnis gebracht?»
    «Weil er zu seinem Wort stand. Und weil er fand, dass die ganze Sache ohnehin nicht von Bedeutung war. Mit den Verfolgungen war es wenig später vorbei. Eusebius anzuprangern hätte ihm nichts gebracht. Und als Konstantin an die Macht kam, wäre ein Angriff auf den Bischof sehr gefährlich gewesen.»
    Ich lasse mir die Verwicklungen durch den Kopf gehen und versuche, Porfyrius’ Geschichte mit dem Leichnam vor meinen Füßen in Verbindung zu bringen.
    «Warum hat Alexander Eusebius so sehr gehasst? Du sagtest doch, er selbst habe gar nicht Patriarch werden wollen.»
    Porfyrius wirft mir einen mitleidigen Blick zu. «Du hast wirklich keine Ahnung von den Christen, nicht wahr?»
    «Etwas anderes habe ich nie behauptet.»
    «Sie sind in zwei Lager gespalten, die sie wechselseitig unterschiedlich benennen. Am einfachsten ist es, die einen als Arianer, die anderen als Orthodoxe zu bezeichnen. Die Arianer folgen der Doktrin eines Priesters mit Namen Arius, der daran glaubt, dass Christus, der Sohn Gottes, von seinem Vater aus dem Nichts geschaffen wurde. Die Orthodoxen halten dagegen, dass Christus aus derselben ewigen Substanz wie sein Vater bestehen muss, um in Gänze Gott sein zu können.»
    Mein Blick streift den ausgestreckten Leichnam. Die Totenstarre hat eingesetzt, der Körper biegt sich wie unter unsäglichen Schmerzen. Ich bezweifle, dass diese kaum nachvollziehbaren theologischen Deuteleien an dem Ort, an dem sich Symmachus nun befindet, irgendwie von Bedeutung sind.
    «Ich habe davon gehört und dachte, der Streit sei vor zwölf Jahren auf dem Konzil in Nicäa beigelegt worden.»
    Eusebius: Du warst in Nicäa, hast im Schatten gestanden und uns mit einer Hand am Schwert belauscht. Wir nannten dich Brutus. Wusstest du das?
    Porfyrius pflückt eine Rose und zupft ein Blütenblatt nach dem anderen ab. «Der Streit wurde nie beigelegt. Konstantin versuchte es zwar mit einem Kompromiss, aber kaum war die Versammlung aufgelöst, gerieten sich die beiden Lager wieder in die Haare. Eusebius wurde verbannt, für eine Zeitlang.» Er seufzt. «Es geht nicht mehr um die rechte Lehre. Ich wette, die meisten, ob Arianer oder Orthodoxe, können den Sachverhalt gar nicht erklären. Es kommt ihnen nur darauf an, Partei zu ergreifen und die Gegner zu besiegen.»
    «Eusebius ist Arianer?» Ich glaube es zu wissen, aber meine Informationen sind zwölf Jahre alt. Porfyrius bestätigt es.
    « Der Arianer schlechthin. Er hatte den Kampf um die Vorherrschaft zu seiner Sache gemacht und den Sophisten Asterius zu seinem Stellvertreter ernannt. Der arme Arius, obwohl Urheber der Doktrin, musste in die zweite Reihe zurücktreten. Auf der anderen Seite stand Alexander den Orthodoxen als führender Denker voran. Der Wettstreit um das Patriarchat von Konstantinopel war die letzte Schlacht in ihrem Krieg.»
    Ich denke an jene Nacht im Palast zurück. An Eusebius, den obersten Ankläger, und seine Wut, als Symmachus den Namen Asterius erwähnte. Er wird mit Sicherheit gefürchtet haben, dass Symmachus mit der Wahrheit herausrückt.
    Ich versuche zusammenzufassen:
    «Alexander konnte beweisen, dass Eusebius die Kirche verraten hat. Er bestellte ihn in die Bibliothek, um ihn zum Verzicht auf das Patriarchat zu zwingen, und rief auch Symmachus als Zeuge zu sich. Eusebius hatte gute Gründe, beide aus dem Weg zu schaffen, die beiden Männer, die ihn des Verrats an der Kirche überführen konnten.»
    Sie haben ihren eigenen Gott getötet. Was würden sie nicht alles tun, um ihre Privilegien zu schützen?
    «Eusebius war am fraglichen Tag nicht in der Bibliothek»,

Weitere Kostenlose Bücher