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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Napoleon geplündert, Paris von den Nazis, Berlin von den Sowjets und Moskau von der eigenen Mafia.» Nikolić lächelte traurig. « Sic transit gloria mundi oder nach der freien Übersetzung eines Historikers: So ist das Leben.»
    Sein Computer ließ ein Klingelzeichen verlauten. «Ich muss jetzt ins Seminar. Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr bieten konnte.»
    Abby und Michael kehrten auf den Studentenplatz zurück. Am Straßenrand parkten Trolleybusse, ihre Fahrer standen in den geöffneten Türen und rauchten. Michael warf einen Blick auf seine Uhr.
    «Hoffentlich erfahren wir von Gruber mehr.»

[zur Inhaltsübersicht]
    32
    Konstantinopel – Mai 337
    Ich haste durch die Gasse auf die mit Platanen gesäumte Chaussee hinaus. Die Bäume sind erst vor kurzem gepflanzt worden und noch klein, werden aber eines Tages die Straße überschatten. Falls die Stadt überlebt. Es gibt so manche Stadt im Reich, die zum Ruhm wechselnder Herrscher gegründet, aber nie zu Ende gebaut wurde – Thessaloniki, Nikomedia, Mailand, Aquileia, Sirmium. Selbst Rom hat viele Hippodrome, in denen nie ein Rennen stattfand, Mausoleen, die nie bezogen wurden. Welcher Kaiser würde eine Stadt beziehen, die den Namen seines Vorgängers trägt?
    Von meinen rasenden Gedanken angetrieben, beschleunige ich den Schritt. Ich erinnere mich an Konstantins Worte, die er mir an dem Tag sagte, als ich zu ihm in den Palast kommen musste. Die Christen spucken und kratzen, aber sie beißen nicht. Und ich erinnere mich an Flavius Ursus’ Frage zum Abschied an der fernen Bosporusküste. Hast du dich schon einmal gefragt, warum Konstantin ausgerechnet dich, der nichts über die Christen weiß, beauftragt, den Mord an einem Bischof aufzuklären?
    Will mich Konstantin für dumm verkaufen? Hat Eusebius ihn dazu angestiftet? Sie wissen doch sowieso, dass ich, falls meine Ermittlungen denn zu Ergebnissen führen sollten, die Wahrheit zurückhalten werde. Schließlich habe ich zeit meines Lebens Konstantins Probleme unter den Tisch gekehrt.
    Sie sind in zwei Lager gespalten, die sie wechselseitig unterschiedlich benennen. Am einfachsten ist es, die einen als Arianer, die anderen als Orthodoxe zu bezeichnen. Die Arianer folgen der Doktrin eines Priesters mit Namen Arius, der daran glaubt, dass Christus, der Sohn Gottes, von seinem Vater aus dem Nichts geschaffen wurde. Die Orthodoxen halten dagegen, dass Christus aus derselben ewigen Substanz wie sein Vater bestehen muss, um in Gänze Gott sein zu können.
    All das hatte ich schon einmal gehört.

Nicäa – Juni 325, zwölf Jahre zuvor
    Ich kann diese Streitereien nicht verstehen. Hat man sich früher etwa den Kopf darüber zerbrochen, ob Apoll und Diana identisch sind oder ob Herkules aus demselben Holz geschnitzt ist wie Jupiter? Nicht dass ich wüsste. Meine Brüder und ich führten auch nie Gespräche über das Wesen und die Personen von Mithra. Wir opferten und vollzogen unsere Riten, wie man es uns beigebracht hat. Wir trauten den Göttern durchaus zu, dass sie allein zurechtkommen.
    Die Christen aber sind anders. Sie sind eine kleinliche, Erbsen zählende Schar, die sich mit Fragen herumquält, auf die es keine Antwort gibt. Ich glaube, das tun sie in der Hoffnung auf jene freudigen Momente, wenn sie entdecken, dass es etwas gibt, worüber man streiten kann. Konstantin lässt sich davon ablenken. Er will, dass die Christen für seinen Erfolg beten und nicht wie Rechtsgelehrte um Detailfragen zanken.
    «Ein vereintes Reich braucht eine vereinte Religion», beklagte er sich einmal bei mir. «Eine geteilte Kirche spottet dem einen Gott.»
    Und ein Gott, der sich verspottet fühlt, könnte womöglich nach einem neuen Stellvertreter Ausschau halten.
    Die Christen haben sich darauf geeinigt, dass ihr Gott aus drei Teilen besteht – aus einem Vater wie Jupiter, seinem Sohn Christus, den er mit einer sterblichen Frau gezeugt hat, damit er wie Herkules sein Werk auf Erden tut, und schließlich einem geistigen Boten, der also das Amt von Merkur hätte. Warum diese drei in eins gehen müssen und nicht drei gesonderte Instanzen sein können, weiß niemand zu erklären. Stattdessen debattieren diese Christen stundenlang über die Beziehungen zwischen diesen dreien, gerade so, wie die Senatoren über das wechselnde Glück ihrer Günstlinge spekulieren.
    Einer der eifrigsten Haarspalter ist ein aus Alexandria stammender Priester namens Arius. In dem Versuch, seinen Gott zu beschreiben, hatte er etwas so Empörendes

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