Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
Muster eingehend. »Sieht so aus, als sei dieser Teil des Bodens älter als der Rest. Schau her, die Steine sind ganz anders.« Sie kniete sich hin und fuhr die Umrisse der Mondsichel jetzt mit dem Finger nach. Ein paar Tropfen ihrer silbernen Aura flossen aus ihrer Fingerspitze, drangen durch ihren Panzerhandschuh und sammelten sich wie flüssiges Blei in der Mondsichel. »Ich wüsste zu gern, woher er stammt …«
… eine Wand …
… unwahrscheinlich lang, unglaublich hoch …
… in einer zerklüfteten Wüstenlandschaft, wo Himmel und Erde gleichermaßen braun waren und die Sonne als entfernter Fleck zu erkennen war …
Es überlief sie kalt, als die Bilder vor ihrem geistigen Auge erstanden und wieder verblassten. Sie blickte hinüber zu ihrem Bruder. »Dieser Teil ist definitiv älter als die Pyramide. Viel älter. Vermutlich stammt er nicht mal von dieser Welt.«
Josh ging um das Mosaik herum und nahm es ebenfalls genau unter die Lupe. »Diese Welt ist eine so verrückte Mischung aus Magie und Technologie. Sie stellen hier diese Riesenpyramide mit selbst leuchtenden Wänden hin, sind aber nicht imstand, ein Vimana zu reparieren. Sie erschaffen Schattenreiche und menschlich-tierische Hybriden, tragen aber eine Rüstung und alle Welt läuft mit einem Schwert herum. Es gibt keine Autos, keine Telefone und nichts, das auch nur annähernd aussieht wie ein Fernseher!«
»Ich glaube, wir haben eine sterbende Welt vor uns«, bemerkte Sophie gedehnt. »Alle, die die ursprüngliche Technologie erfunden und die Pyramiden gebaut haben, sind entweder tot oder vom Wandel verändert. Klar, es gibt auch Leute wie Isis und Osiris mit ihren ganz erstaunlichen Fähigkeiten. Aber was machen sie damit? Anstatt ihre Kräfte für etwas Nützliches einzusetzen, haben sie jahrtausendelang nichts anderes getan, als dafür zu sorgen, dass wir einmal Danu Talis regieren.«
»Für sie«, erkannte Josh plötzlich. Er kauerte sich hin und blickte seine Schwester eindringlich an. »Sie haben alles Mögliche auf sich genommen, damit wir Danu Talis regieren können – für sie! « Die letzten beiden Worte betonte er noch extra.
»Sie gehen wahrscheinlich davon aus, dass wir tun, was sie sagen.«
»Da werden wir sie wahrscheinlich enttäuschen müssen.«
»Und was passiert dann?«, fragte Sophie.
Josh schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Na ja, eine leise Ahnung habe ich schon, aber daran will ich jetzt nicht einmal denken.« Er richtete sich auf und lockerte seine Schultern. »Hier drin ist es irgendwie unheimlich, findest du nicht auch?«
»Unheimlich? Wovor hast du denn Angst?« Auch Sophie stand auf, klopfte den Staub von ihren Panzerhandschuhen und trat von dem antiken Mosaik zurück. »Hast du dir ein paar der Leute, an denen wir eben vorbeigegangen sind, genauer angeschaut, Josh? Wahrscheinlich waren es gar keine Leute im eigentlichen Sinn. Aber denk mal drüber nach, was wir in den letzten Tages alles gesehen und getan haben.«
Josh nickte.
»Wenn du dir das klarmachst, brauchst du nie mehr vor etwas Angst zu haben.«
Ihr Zwillingsbruder zuckte mit den Schultern. »Ich habe jetzt trotzdem ein bisschen Angst«, gab er zu.
»Musst du aber nicht«, entgegnete sie bestimmt.
Josh verdrehte die Augen. »Ständig kommandierst du mich herum. Ich kann Angst haben, wann ich will.«
Sie grinsten beide, dann beugte Sophie sich zu ihm und sagte leise: »Vielleicht liegt es an meinen geschärften Sinnen, aber ich glaube, wir werden beobachtet.«
Wieder nickte Josh. Wie unabsichtlich rieb er sich den Nacken. »Mein Nacken kribbelt – kennst du das Gefühl, wenn jemand dich anstarrt?«
»Isis und Osiris?«, vermutete sie.
»Glaube ich nicht. Weshalb sollten sie uns nachspionieren? Sie sind es gewohnt, dass wir wie brave Kinder tun, was sie uns sagen. Sie haben uns Gehorsam beigebracht, genau wie ihren Untertanen.«
»Lass uns herumgehen«, sagte sie im Flüsterton. »Unsere Schritte hallen hier drin, dann versteht man uns nicht so gut.« Sie verschränkte die Hände auf dem Rücken und setzte sich in Bewegung, immer an der Längsachse des Raumes entlang. Dabei versuchte sie zu erkennen, ob sich in der Dunkelheit etwas bewegte.
Josh passte sich ihrem Schritt an. Ihre Eisenschuhe klackten auf dem Boden und die Wände warfen das Echo mehrfach zurück.
»Vielleicht war es einmal eine Bibliothek. Sieht so aus, als seien hier an den Wänden Regale gewesen«, sagte Sophie laut und zeigte mit dem Finger. »Man erkennt die Spuren
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