Die geheimnißvolle Insel
Jenem nicht lästig fallen und durch ihre Anwesenheit vielleicht zu einem ihn schwer ankommenden Abschiednehmen veranlassen wollten, hatten sie ihn allein gelassen und sich nach der Wohnung hinausbegeben.
Nur wenige Worte waren daselbst gewechselt worden, als es leise an die Thüre klopfte und gleich darauf der Unbekannte eintrat.
»Bevor ich Sie verlasse, meine Herren, begann er ohne Umschweif, wird es gut sein, daß Sie meine Geschichte kennen lernen. Zu diesem Zwecke sehen Sie mich hier.«
Diese einfachen Worte machten auf Cyrus Smith und die Uebrigen begreiflicher Weise einen tiefgehenden Eindruck.
Der Ingenieur erhob sich.
»Wir fragen Sie nach Nichts, mein Freund, sagte er. Sie haben das Recht zu schweigen …
– Nein, die Pflicht zu reden.
– So setzen Sie sich.
– Ich werde stehen bleiben.
– Wir sind bereit, Sie anzuhören«, antwortete Cyrus Smith.
Der Unbekannte verhielt sich, etwas durch das Halbdunkel geschützt, mehr in einer Ecke des Zimmers. Entblößten Hauptes und mit über der Brust gekreuzten Armen stand er da, und so sprach er auch, wie Einer, der sich Gewalt anthut, zu sprechen. Ohne von ihnen je unterbrochen zu werden, theilte er den lauschenden Zuhörern das Folgende mit:
»Am 12. December 1854 warf eine Dampfyacht, der Duncan, im Besitze eines schottischen Lords, des Lord Glenarvan, an der Westküste Australiens unter dem 37. Grade der Breite, nahe dem Cap Bernouilli, Anker. An Bord dieser Yacht befanden sich Lord Glenarvan, seine Gemahlin, ein Major der englischen Armee, ein Geograph aus Frankreich, endlich ein junges Mädchen und ein Knabe. Letztere waren die Kinder eines Kapitän Grant, dessen Schiff ein Jahr vorher gescheitert war. Der Duncan stand unter dem Befehle des Kapitän John Mangles und führte eine Besatzung von fünfzehn Mann.
Erwähnte Yacht erschien nun aus folgendem Grunde zu jener Zeit an der Küste Australiens:
Sechs Monate vorher schwamm im irischen Meere eine Flasche, mit einem englisch, deutsch und französisch abgefaßten Documente darin, die der Duncan auffischte. Das Document meldete, daß aus dem Schiffbruche der Britannia Drei gerettet seien, jener Kapitän Grant und zwei von der Mannschaft, welche Ueberlebenden auf einem Lande Zuflucht gefunden hatten, dessen geographische Breitenlage es sicher angab, während die Bezeichnung der Längengrade, durch eingesickertes Meerwasser verwischt, ganz unleserlich erschien.
Jene Angabe bezeichnete 37°11’ südlicher Breite. Da die Länge unbekannt blieb, so mußte man bei Verfolgung des 37. Grades quer durch die Länder und über die Meere auch das von Kapitän Grant und seinen beiden Gefährten bewohnte Land antreffen.
Bei der Zögerung, Nachforschungen seitens der englischen Admiralität anzustellen, beschloß Lord Glenarvan, den Kapitän auf eigene Faust zu suchen. Mary und Robert Grant hatten sich mit ihm in Einvernehmen gesetzt. Die Yacht Duncan wurde für eine weite Reise ausgerüstet, an der die Familie des Lords und die Kinder des Kapitäns Theil nehmen sollten; so verließ der Duncan Glasgow, durchschnitt den Atlantischen Ocean und die Magellansstraße, dampfte im Pacifischen Ocean wieder nordwärts bis zu einem Küstenpunkte Patagoniens, wo man nach einer ersten Auslegung des lückenhaften Documentes den Kapitän in der Gefangenschaft der Eingeborenen vermuthete.
Der Duncan setzte einen Theil seiner Passagiere an der Westküste Patagoniens aus, und wendete dann, um sie auf der Ostküste bei Cap Corrientes wieder aufzunehmen.
Immer der 37. Parallele folgend durchzog Lord Glenarvan Patagonien, und schiffte sich am 13. November, nachdem er auch keine Spur des Kapitäns entdeckt hatte, wieder ein, um seine Nachforschungen quer über den Ocean weiter fortzusetzen.
Nach einem erfolglosen Besuche der in seinem Curse liegenden Inseln Tristan d’Acunha und Amsterdam gelangte der Duncan nach dem erwähnten Cap Bernouilli, an der Küste Neu-Hollands.
Lord Glenarvan’s Absicht ging dahin, Australien, ebenso wie es in Amerika geschehen, auf dem Landwege zu durchreisen. Einige Meilen von der Küste befand sich eine irländische Farm, deren Gastfreundschaft die Reisenden genossen. Lord Glenarvan äußerte sich gegen den Irländer über den Zweck, der ihn in diese Gegend geführt habe, und fragte diesen, ob ihm etwas über einen englischen Dreimaster, Britannia, der vielleicht an der Westküste Australiens zu Grunde gegangen, zu Ohren gekommen sei.
Der Irländer hatte nie von einem Schiffbruche,
Weitere Kostenlose Bücher