Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
fielen die Ruder nieder, ließen einen wahrhaften Karfunkelregen aufspringen, und das Boot wandte sich jenem Lichtherde zu, von dem es noch eine halbe Kabellänge entfernt sein mochte.
    An dieser Stelle maß die Breite des Wasserspiegels wohl gegen 300 Fuß, und über jenem blendenden Centrum hinaus schloß eine enorme Basaltwand die Höhle ab. Sie enthielt hier also einen kleinen See; ihre ganzen Umgebungen waren aber dermaßen in Licht gebadet, daß man jeden Stein, jede Säule, wie große, kostbare Demanten, für selbst leuchtend halten konnte.
    In der Mitte dieses Sees schwamm ruhig und unbewegt ein langer, unförmiger Gegenstand. Der Glanz, den er verbreitete, drang aus seinen Seiten, dessen Oeffnungen wohl dem Schlunde eines mit weißglühendem Erze gefüllten Hohofens glichen. Dieser Apparat, in der Form einem großen Celaceer nicht unähnlich, war etwa 250 Fuß lang und ragte zehn bis zwölf Fuß aus den Fluthen empor.
    Langsam näherte sich ihm das Boot. Im Vordertheile desselben hatte sich Cyrus Smith lang aufgerichtet. Er richtete, eine Beute der maßlosesten Aufregung, seine Blicke nach vorwärts, ergriff aber plötzlich des Reporters Arm und rief:
    »Aber er ist es! Es kann kein Anderer sein! – Er! …«
    Dann fiel er fast auf die Bank zurück und flüsterte einen Namen, den Gedeon Spilett allein verstehen konnte.
    Ohne Zweifel kannte der Reporter diesen Namen, denn er schien’ einen wunderbaren Eindruck auf ihn zu machen, und er antwortete mit gedämpfter Stimme:
    »Er! – Ein Geächteter!
    – Er ist es!« antwortete Cyrus Smith.
    Auf Anordnung des Ingenieurs ging das Boot jetzt dicht an den eigenartigen, schwimmenden Körper heran. Es legte sich an seine linke Seite, von der aus ein blendendes Licht durch dicke Glasscheiben drang.
    Cyrus Smith und seine Gefährten stiegen auf eine Art Plateform. Dort stand eine Luke offen. Alle drangen durch diese Oeffnung ein.
    Am Fuße der hinabführenden Treppe gelangten sie in einen Gang mit elektrischer Beleuchtung. Sein Ende schloß eine Thür, welche Cyrus Smith öffnete.
    Ein reichgeschmückter Salon, den die Colonisten durchschritten, grenzte an ein Bibliothekzimmer, von dessen Decke überreiches Licht hernieder floß.
     

    Auf der Fahrt zur Lösung des Räthsels. (S. 653.)
     
    An der entgegengesetzten Seite dieses Raumes öffnete Cyrus Smith eine gleichfalls geschlossene Thür.
    Ein weiter Saal, eine Art Museum, in dem neben den Schätzen des Mineralreiches die Werke der Kunst und die Wunder der Industrie aufgehäuft waren, lag vor den erstaunten Blicken der Colonisten, welche sich in die Welt der Träume versetzt glaubten.
     

    In der Mitte des Sees schwamm … ein langer, unförmiger Gegenstand. (S. 655.)
     
    Auf einem Divan ausgestreckt sahen sie einen Mann liegen, den ihr Eintreten gar nicht zu berühren schien.
    Da nahm Cyrus Smith das Wort und sagte zum größten Erstaunen seiner Gefährten:
    »Kapitän Nemo! Sie haben uns gerufen? – Hier sind wir!«

Sechzehntes Capitel.
Der Kapitän Nemo. – Seine ersten Worte. – Die Geschichte eines Helden der Unabhängigkeit. – Der Haß gegen die Eroberer. – Seine Genossen. – Das Leben unter dem Meere. – Allein. – Der letzte Hafen des Nautilus an der Insel Lincoln. – Der geheimnißvolle Genius der Insel.
    Bei diesen Worten erhob sich der daliegende Mann und erschien sein Antlitz in vollem Lichte: ein prächtiger Kopf, eine hohe Stirn, stolzer Blick, weißer Bart, reichliches, nach rückwärts gestrichenes Haar.
    Dieser Mann stützte sich mit der Hand auf die Rücklehne des Divans, den er soeben verließ. Sein Blick war ruhig. Man sah, daß eine heimliche Krankheit ihn nach und nach gebrochen hatte, doch erschien seine Stimme voll und stark, als er auf englisch und in einem Tone des höchsten Erstaunens sagte:
    »Ich habe keinen Namen, mein Herr!
    – Ich kenne Sie«, erwiderte Cyrus Smith.
    Kapitän Nemo richtete einen glühenden Blick auf den Ingenieur, als wolle er ihn vernichten.
    Dann sank er in die Kissen des Divans zurück:
    »Doch, was thut es, murmelte er, ich werde ja doch bald sterben!«
    Cyrus Smith näherte sich dem Kapitän Nemo, und Gedeon Spilett ergriff seine Hand, welche er brennend heiß fand. Ayrton, Pencroff und Harbert hielten sich in ehrerbietiger Ferne in einer Ecke des prächtigen Salons, dessen Luft mit elektrischen Effluvien gesättigt schien.
    Kapitän Nemo hatte seine Hand zurückgezogen und nöthigte den Ingenieur und den Reporter durch ein Zeichen, Platz zu

Weitere Kostenlose Bücher