Die geheimnißvolle Insel
verschwunden.
Wo hatte Prinz Dakkar jene Unabhängigkeit gefunden, die er auf Erden vergebens suchte? Unter den Wassern, in der Tiefe des Meeres, wohin ihm Keiner zu folgen vermochte.
An Stelle des Kriegers trat jetzt der Gelehrte. Eine verlassene Insel des Pacifischen Oceans diente ihm als Werft; dort wurde nach seinen Plänen ein unterseeisches Schiff gebaut. Die Elektricität, deren ungemessene Kraft er durch Mittel, welche dereinst noch allgemein erkannt sein werden, zu benutzen wußte und welche er unerschöpflichen Quellen entnahm, fand für alle Zwecke seines Verwendung als motorische, als Licht-und als Wärmequelle. Das Meer mit seinen ungezählten Schätzen, seinen Myriaden von Fischen, seinen Feldern voll Varec und Sargasso, seinen enormen Säugethieren, nicht allein mit alle dem, was die Natur demselben verlieh, sondern auch mit dem, was die Menschen je darin verloren hatten, deckte vollkommen die Bedürfnisse des Prinzen und seiner Begleitung, und hiermit war sein innigster Wunsch erfüllt, da er mit der Erde ferner keinerlei Verbindung haben mochte. Seinen unterseeischen Apparat nannte er den Nautilus, sich selbst Kapitän Nemo, und so verschwand er unter den Meeren.
Eine Reihe von Jahren hindurch besuchte der Kapitän alle Meere von Pol zu Pol. Ein Paria der bewohnten Erde, sammelte er ungeheure Schätze dieser unbekannten Welten. Die im Jahre 1702 von den spanischen Gallionen in der Bai von Vigo verlorenen Millionen lieferten ihm unerschöpfliche Reichthümer, über die er uneingeschränkt verfügte zu Gunsten der Völker, welche für ihre Unabhängigkeit kämpften. 2 Schon lange Zeit war er gänzlich außer Verbindung mit Seinesgleichen, als in der Nacht des 6. November 1866 drei Personen an seinen Bord geworfen wurden. Das waren ein französischer Professor, dessen Diener und ein canadischer Fischer. Diese drei Menschen wurden durch einen Zusammenstoß zwischen dem Nautilus und der ihn verfolgenden Vereinigten-Staaten-Fregatte Lincoln in das Meer geschleudert.
Von diesem Professor vernahm Kapitän Nemo, daß der Nautilus einmal für ein Seeungeheuer gehalten werde, das andere Mal für einen submarinen Apparat, der eine Besatzung von Seeräubern verberge und deshalb in allen Meeren verfolgt werde.
»Kapitän Nemo! Sie haben uns gerufen?« (S. 657.)
Kapitän Nemo hätte die drei Menschen, welche der Zufall ihm zuführte, einfach dem Ocean wieder überliefern können; er that es aber nicht, er behielt sie als Gefangene, und während sieben Monaten konnten sie alle Wunder einer Reise kennen lernen, welche sich 20,000 Meilen weit unter dem Meere fortsetzte.
»Hatte ich Recht, hatte ich Unrecht?« (S. 668.)
Eines Tages, am 22. Juni 1867, gelang es diesen drei Männern, die nichts von der Vergangenheit des Kapitän Nemo wußten, zu entfliehen, nachdem sie sich eines Bootes des Nautilus bemächtigt. Da das Schiff aber gerade nahe der Küste Norwegens in den Strudel des Maëlstromes gerissen war, durfte der Kapitän glauben, daß die Flüchtlinge in dem schäumenden Abgrunde den Tod gefunden hätten. Es blieb ihm also unbekannt, daß der Franzose und seine beiden Gefährten auf wirklich wunderbare Weise an die Küste geschleudert worden waren, daß Fischer von den Lofoten sie auffingen, und daß der Professor nach seiner Rückkehr nach Frankreich ein Werk veröffentlicht hatte, in dem sieben Monate jenes sonderbaren Lebens und Treibens im Nautilus der Welt bekannt gemacht wurden.
Noch lange Zeit lebte Kapitän Nemo in derselben Weise und durchstreifte die Meere. Nach und nach starben aber seine Gefährten und fanden im Grunde des Pacifischen Oceans ihr Grab in ihrem Korallenfriedhofe. Im Nautilus ward es leer, und endlich war Kapitän Nemo nur noch allein von allen denen übrig, die mit ihm in die Tiefen des Oceans geflohen waren.
Jetzt zählte Kapitän Nemo sechzig Jahre. Als er wieder allein stand, führte er seinen Nautilus nach einem der unterseeischen Häfen, die ihm dann und wann als Ruheplatz dienten.
Einer jener Häfen dehnte sich unter der Insel Lincoln aus, und dieser war es, der jetzt das Asyl des Nautilus abgab.
Seit sechs Jahren befand sich Kapitän Nemo hier, schiffte nicht mehr umher, und erwartete den Tod, d.h. den Augenblick, da er wieder mit seinen Gefährten vereinigt werden sollte, als er zufällig Zeuge wurde von dem Falle des Ballons, der die Gefangenen der Südstaatler daher trug. Mit seinem Skaphander bekleidet erging er sich gerade wenige Kabellängen vom
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