Die geheimnißvolle Insel
da man letztere zur Anfertigung dauerhaften Schuhwerks zu verwenden gedachte.
Das Jagdergebniß bestand übrigens in etwa dreihundert Pfund Fett, welche ganz und gar zur Kerzenfabrikation dienen sollten.
Diese Operation gestaltete sich überraschend einfach, und wenn sie auch nicht allseitig vollkommene Erzeugnisse lieferte, so zeigten sich dieselben doch ganz brauchbar. Hätte Cyrus Smith nur Schwefelsäure zu Diensten gestanden, so konnte er wohl durch Erhitzung derselben mit dem Fettkörper, – hier dem Robbenthran, – das Glycerin isoliren und aus der entstandenen neuen Verbindung durch Absieden mit Wasser das Oleïn, Margarin und Stearin abscheiden. Um die Operation zu vereinfachen, zog er es vor, das Fett durch Kalk zu verseifen. Hierbei erhielt er eine unlösliche Kalkseife, aus welcher bei ihrer Zersetzung durch Schwefelsäure der Kalk in schwefelsauren Kalk umgewandelt, obige Fettsäuren aber frei wurden.
Von diesen drei Säuren, dem Oleïn, Margarin und Stearin, entfernte er die erstere, welche flüssig ist, einfach durch Auspressen. Die beiden übrigen stellten nun die zu Kerzen bestimmten Stoffe dar.
Das ganze Verfahren nahm kaum vierundzwanzig Stunden in Anspruch. Die Dochte bereitete man nach mehreren fehl geschlagenen Versuchen aus Pflanzenfasern, die mit Oleïn getränkt wurden. So entstanden denn wirkliche, freilich aus freier Hand geformte, Stearinkerzen, denen im Grunde nur die Bleiche und die Politur fehlten. Die Dochte boten freilich nicht dieselbe Bequemlichkeit, wie die gebräuchlichen, welche mit Borsäure getränkt sind und sich je nach dem Herabbrennen der Kerze verglasen und vollständig verflüchtigen; da es Cyrus aber auch gelang, eine ganz praktische Lichtscheere herzustellen, so fanden jene Kerzen bei den Abendzusammenkünften im Granithause die ausgedehnteste Anwendung.
Den ganzen Monat über fehlte es an Arbeiten im Inneren der neuen Wohnung nie. Die Tischler bekamen zu thun. Man suchte die sehr primitiven Werkzeuge zu verbessern und zu vervollständigen.
So wurden unter anderem Scheeren hergestellt und konnten die Colonisten endlich einmal ihre Haare schneiden und den Bart, wenn auch nicht rasiren, doch nach Belieben stutzen. Harbert hatte einen solchen noch nicht, Nab nur sehr wenig, die Uebrigen dagegen waren nach und nach so struppig geworden, daß die Fabrikation einer Scheere schon aus diesem Grunde gerechtfertigt erschien.
Die Anfertigung einer Handsäge kostete unendliche Mühe; endlich erhielt man aber doch ein Werkzeug, mit dem sich bei dem nöthigen Kraftaufwande Holz schneiden ließ.
Nun baute man sich Tische, Sitze, Schränke zur Möblirung der Zimmer, Bettgestelle, deren ganze Ausstattung aus einer Seegrasmatratze bestand. Die Küche mit ihren Brettern, auf denen die irdenen Gefäße ihren Platz hatten, ihrem Ziegelsteinosen und der steinernen Aufwaschplatte bot ein recht freundliches Aussehen, und Nab vollzog seine Geschäfte in derselben mit einem Ernste, als befände er sich in einem chemischen Laboratorium.
Bald mußten die Tischler aber den Zimmerleuten den Platz wieder räumen. Der neue, durch die Minensprengung geschaffene Abfluß machte zwei kleine Brücken nöthig, die eine auf dem Plateau der Freien Umschau selbst, die andere auf dem Strande. Beide Oertlichkeiten waren in der That jetzt durch den Wasserlauf durchschnitten, den man allzu häufig überschreiten mußte, wenn man sich nach dem Norden der Insel begab. Wollte man diesen vermeiden, so ging das nur mit dem ungeheuren Umwege um die Quelle des Rothen Flusses nahe dem Franklin-Berge herum. Am einfachsten erschien es also, auf dem Plateau, wie auf dem Strande, zwei kleine, zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß lange Brücken darüber zu schlagen, deren Grundlager einige mit der Axt roh vierkantig behauene Baumstämme bildeten. Das war das Werk weniger Tage. Nach Fertigstellung der Brücken benutzten sie Nab und Pencroff sogleich, um sich nach der in der Nähe der Dünen aufgefundenen Austernbank zu begeben, dabei nahmen sie auch eine Art Wagen mit, der jetzt die Stelle der früheren, gar so unbequemen Schleife ersetzte, und brachten einige Tausend Austern mit, welche zur Anlage einer künstlichen Bank zwischen den Felsen, welche die Mündung der Mercy umgaben, dienten. Die Mollusken von wahrhaft trefflicher Qualität bildeten einen täglichen Bestandtheil der Tafel unserer Colonisten.
Wie man sieht, lieferte die Insel Lincoln, trotzdem, daß sie bis jetzt nur zum kleinsten Theile untersucht war, den
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