Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
angelernt werden. Der arme Hund war mit seinen vier Pfoten von der Natur nicht zu solchen Seiltänzerübungen bestimmt, brachte es aber durch seinen eifrigen Lehrmeister Pencroff dahin, die Strickleiter ebenso hurtig hinauf zu laufen, wie man es von seinen Anverwandten dann und wann in einem Circus sieht. Selbstverständlich erfüllte den Seemann ein gerechter Stolz auf seinen Schüler, nichtsdestoweniger lud er letzteren, wenn er in die Höhe stieg, nicht selten auf die Schultern, worüber sich Top gar nicht zu beklagen schien.
    Es bedarf wohl keiner Bemerkung, daß während der eifrigen Betreibung dieser Arbeiten, zu welcher die nahende schlechte Jahreszeit drängte, die Nahrungsfrage niemals vernachlässigt wurde. Tagtäglich verwendeten der Reporter und Harbert, die officiellen Lieferanten der Colonie, einige Stunden auf die Jagd. Bis jetzt durchstreiften sie immer und immer wieder den Jacamar-Wald am linken Ufer der Mercy, da sie letztere in Ermangelung einer Brücke oder eines Bootes nicht zu überschreiten vermochten. Alle die ungeheuren Dickichte, denen man den Namen der Wälder des Fernen Westens gegeben hatte, blieben vorläufig also noch undurchsucht. Einen Ausflug dahin verschob man bis zu den ersten schönen Tagen des nächsten Frühlings.
    Ueberdies erwies sich der Jacamar-Wald ausreichend wildreich; Kängurus und wilde Schweine barg er in Menge, und die Spieße und Pfeile der Jäger thaten das Ihrige. Zudem entdeckte Harbert nahe der südwestlichen Ecke des Sees ein prächtiges Kaninchengehege, einen mäßig feuchten Wiesengrund, bedeckt mit Weiden und wohlriechenden Kräutern, wie Thymian, Lavendel, Basilicum, Saturei u.a., die mit ihrem Wohlgeruch die Luft erfüllten und nach denen die wilden Kaninchen so besonders lüstern sind.
    Nach der Beobachtung des Reporters, daß wenn der Tisch für Kaninchen gedeckt war, es wunderbar zugehen müßte, wenn keine Kaninchen vorhanden wären, untersuchten die Jäger das Gehege möglichst aufmerksam. Jedenfalls brachte es nützliche Pflanzen in Menge hervor und hätte ein Naturforscher Gelegenheit gehabt, hier eine große Anzahl verschiedener Familien zu studiren. Harbert pflückte sich eine Quantität Basilicum, Rosmarin, Melisse, Betunia u.s.w., welche Kräuter alle therapeutische Eigenschaften, die einen als Hustenmittel, Adstringentia und Fiebermittel, die anderen als krampfstillende oder antirheumatische Mittel besitzen. Als Pencroff später fragte, was dieser Vorrath an Kräutern nützen solle, antwortete der junge Mann:
    »Den, uns zu helfen und zu behandeln, wenn wir krank würden!
    – Warum sollen wir denn krank werden, erwiderte der Seemann ganz ernsthaft, es sind ja keine Aerzte auf der Insel!«
    Dem war nun freilich nicht zu widersprechen; dennoch setzte der junge Mann seine Ernte fort, welche im Granithause sehr gern aufgenommen wurde, und das um so mehr, als er derselben noch einen reichlichen Vorrath an der in Nordamerika unter dem Namen »Oswego-Thee« bekannten Pflanzenart hinzugefügt hatte.
    Als die Jäger weiter und weiter suchten, gelangten sie an demselben Tage auch noch zu dem eigentlichen Kaninchenbau, in dessen Umgebung der ganze Boden wie ein Sieb durchlöchert erschien.
    »Hier sind Erdbaue! rief Harbert.
    – Ja, erwiderte der Reporter, das sehe ich wohl.
    – Ob diese wohl bewohnt sind?
    – Das ist die Frage.«
    Diese Frage sollte indeß bald gelöst werden, denn fast in demselben Augenblicke entflohen wohl an hundert kleine, den Kaninchen ähnliche Thiere, nach allen Richtungen und mit einer Schnelligkeit, daß selbst Top sie kaum einzuholen im Stande gewesen wäre. Jäger und Hund hatten gut laufen; die Nager entwischten mit Leichtigkeit. Der Reporter entschloß sich aber, nicht eher von der Stelle zu weichen, als bis er etwa ein halbes Dutzend der Thiere gefangen habe. Zunächst wollte er den Tisch damit versorgen, andere aber später zu zähmen suchen. Mit einigen an der Mündung der Oeffnungen angebrachten Schlingen hätte das nicht schwierig sein können, letzt hatte man aber weder solche, noch irgend ein geeignetes Material, dieselben anzufertigen. Man mußte sich also darauf beschränken, jedes einzelne Lager zu untersuchen, mit einem Stocke hineinzustechen und durch Geduld das zu erreichen trachten, was man auf andere Weise nicht zu erzwingen vermochte.
    Nach einer Stunde fing man endlich vier Nager in ihrem Baue. Es waren wirklich Kaninchen, ihren Verwandten in Europa ziemlich ähnlich und allgemein unter dem Namen

Weitere Kostenlose Bücher