Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
nöthige Muße gewann, wollte Pencroff auch Fallen aufstellen, von denen er sich das Beste versprach. Er verfertigte also Schlingen aus holzigen Fasern, und bald verging kein Tag, an dem der Kaninchenbau nicht sein Contingent dieser Nagethiere geliefert hätte, so daß Nab kaum mit dem Pökeln und Räuchern des Fleisches fertig werden konnte, das eine so schöne und haltbare Nahrung versprach.
    Nach und nach drängte sich nun auch die Bekleidungsfrage mehr in den Vordergrund. Die Colonisten besaßen ja Nichts, als was sie auf dem Leibe trugen, als der Ballon sie auf die Insel warf. Ihre Bekleidung war wohl warm und dauerhaft; sie wandten ihr ebenso wie der Leibwäsche die strengste Sorgfalt zu und hielten Alles so sauber als möglich, und doch machte sich ein Ersatz bald nöthig. Sollte nun gar der Winter recht anhaltend und streng auftreten, so mußte die Kälte ihnen gar empfindlich zusetzen.
    Hier ließ nun Cyrus Smith fast seine Weisheit im Stiche. Das zunächst Nothwendigste, Wohnung und Nahrung, hatte er zu beschaffen gewußt, und jetzt konnte ihn die Kälte überraschen, noch bevor die Frage bezüglich der Kleidung gelöst war. Man mußte sich wohl oder übel darein ergeben, diesen ersten Winter ohne vieles Murren zu ertragen. Bei Wiederkehr der besseren Jahreszeit sollte dann den wilden Schafen, die man schon bei Gelegenheit der Besteigung des Franklin-Berges bemerkte, ernstlich nachgestellt werden. Hatte man nur die nöthige Wolle, so würde der Ingenieur schon warme und haltbare Stoffe herzustellen wissen … Wie? … Das würde er sich schon überlegen.
    »Ei was, sagte Pencroff, da versengen wir uns die Beine im Granithause! Brennmaterial haben wir ja genug und brauchen es also nicht zu sparen.
    – Uebrigens, bemerkte Gedeon Spilett, liegt auch die Insel Lincoln nicht unter so hoher Breite, und hat voraussichtlich gar keinen so strengen Winter. Sagten Sie uns nicht, Cyrus, daß dieser fünfunddreißigste Breitengrad etwa dem von Spanien auf der nördlichen Halbkugel entspreche?
    – So ist es, erwiderte der Ingenieur, und doch hat Spanien manchmal verhältnißmäßig recht harte Winter, denen weder Schnee noch Eis fehlen; dasselbe können wir wohl auf der Insel Lincoln erleben. Indeß, Lincoln ist eben eine Insel und wird als solche hoffentlich eine gemäßigtere Temperatur haben.
    – Und warum das, Mr. Cyrus? fragte Harbert.
    – Weil das Meer als ein ungeheures Reservoir betrachtet werden kann, in dem sich die Sonnenhitze aufspeichert. Im Winter strahlt dasselbe diesen Wärmevorrath wieder aus, und das sichert den Nachbarländern jedes Oceans eine mittlere Temperatur, die im Sommer nie so hoch steigt und im Winter nie so tief herabgeht.
    – Das wird sich ja zeigen, fiel Pencroff ein; darüber aber, ob es sehr kalt werden mag oder nicht, wollen wir uns jetzt nicht beunruhigen. Ganz gewiß aber nehmen die Tage ab und die Abende zu. Ich meine, wir besprächen Ueber das Thema der Beleuchtung.
    – Nichts leichter als das, antwortete Cyrus Smith.
    – Zu besprechen? fragte der Seemann.
    – Nein, auch zu lösen.
    – Und wann gehen wir daran?
    – Morgen, und beginnen nämlich mit einer Robbenjagd.
    – Um Talglichter zu erhalten?
    – Pfui, Pencroff! Feine Kerzen.«
    In der That lag das in der Absicht des Ingenieurs. Da er Kalk und Schwefelsäure besaß und die Amphibien des Eilandes das nöthige Fett liefern mußten, so erschien ihm die Ausführung derselben mit Recht nicht so schwierig.
    Man schrieb den 4 Juni; es war Pfingstfest, das man unter allseitiger Zustimmung andächtig feiern wollte Alle Arbeiten ruhten, dafür wurde manches Gebet zum Himmel emporgesandt, in dem sich jedoch nur der fromme Dank der Colonisten aussprach. Jetzt waren sie ja keine elenden Schiffbrüchigen mehr, sie hatten Alles und priesen Gott für seine Gnade.
    Am anderen Tage, dem 5. Juni, begaben sich Alle bei ziemlich unsicherer Witterung nach dem Eilande. Jetzt war man noch immer gezwungen, die Ebbe abzuwarten, um den Canal zu durchwaten, und so wurde denn beschlossen, recht bald und so gut es sich eben ausführen ließ, ein Canot zu erbauen, das die Verbindung mit dem Eilande erleichtern und bei Gelegenheit der für das Frühjahr geplanten großen Expedition stromaufwärts der Mercy benutzt werden sollte.
    Robben gab es in Menge und erlegten die Jäger mit ihren Spießen in nicht zu langer Zeit ein halbes Dutzend derselben. Nab und Pencroff häuteten sie ab und brachten nach dem Granithause nur das Fett und die Häute mit,

Weitere Kostenlose Bücher