Die geheimnisvolle Limousine
Teil
der Leute war in andere Fabriken gekommen, wo die
Werkstücke noch nach altertümlichen Methoden be-
arbeitet wurden, das heißt, nach den allgemein üblichen.
Sie hatten dort unter anderem die Aufgabe, auch die neue
Technik zu verbreiten. Ein Teil der früheren Arbeiter der
Abteilungen lernte um. Sie qualifizierten sich als Spezia-
listen für die Montage und Wartung der neuen Maschinen.
Einige, besonders die Jugendlichen, gingen in die Lehre,
um ihre theoretische Ausbildung zu vervollkommnen. Ja,
unter den Arbeitern dieser Abteilungen gab es keinen,
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dessen Gesichtskreis und Kenntnisse sich nicht erweitert
hätten. Das Leben der Menschen im sozialistischen Staat
wurde täglich interessanter.
Die grüne Limousine mischte sich in den Strom der in die
Stadt eilenden Autos. Die großen hellen Werkhallen des
„Automatischen Mähdreschers" blieben zurück.
Auf der linken Seite tauchte^ eine Tankstelle auf, und
Soja beschloß, den Benzinvorrat zu ergänzen. Gleichzeitig
bat sie, den linken Vorderreifen zu überprüfen, an dem
etwas ständig auf den Asphalt klopfte. Der Tankstellen-
wart klebte den von der Reifendecke losgetrennten Strei-
fen Gummi rasch wieder an, während Soja im Auto
sitzen blieb, und fragte dann: „Können Sie mir sagen, wie
spät es j e t z t . . . "
Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als aus dem
Innern der Limousine eine laute Stimme die Zeit mitteilte.
Der Tankstellenwart schaute verblüfft durch das Wagen-
fenster. Darauf fuhr er sich mit der Hand ins Genick, und
sein Gesicht nahm einen noch fassungsloseren Ausdruck
an. Soja ließ gerade den Wagen an. Sein erstauntes Ge-
sicht war das letzte, was sie von ihm sah.
Aber die Überraschungen dieses Tages waren noch nicht
zu Ende. Soja saß am Steuer, schlug ein rasches Tempo
an und grübelte darüber nach, wo sie Bobrows Ver-
schwinden melden sollte, als der Wagen plötzlich mitten
auf der Chaussee stehenblieb. Ein Mann in Milizuniform
kam heran. Sein Kamerad hatte sich dem Auto ungefähr
fünf Schritte entfernt mit erhobener Hand in den Weg
gestellt. Soja hatte das Signal noch gar nicht bemerkt
und wäre vorübergefahren, wenn die grüne Limousine
dem Befehl nicht gehorsam Folge geleistet hätte.
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Schon das zweite Mal nicht aufgepaßt! Soja war ärgerlich
über sich selbst. Das Lenkrad ist doch kein Schreibtisch
und der Führersitz kein Platz, um Betrachtungen anzu-
stellen. Da ließ der Milizmann die erhobene Hand sinken,
und die Limousine setzte sich unverzüglich in Bewegung.
Soja zog die Bremse und brachte den Wagen endgültig
zum Stehen.
„Seltsam", sagte der erste Milizmann zum zweiten, „am
Steuer sitzt ein junges Mädchen. Und es hieß doch, daß
der Wagen ohne Chauffeur und Passagiere fahre. — Ihre
Papiere, bitte!" Soja zog das Büchlein hervor, das be-
scheinigte, daß sie die Fahrprüfung abgelegt hatte.
„Gut, alles in Ordnung! Ist das Ihr Wagen?"
„Nein, der Wagen gehört Ingenieur Bobrow", antwortete
Soja fest.
„Stimmt auch", entgegnete der Milizmann. Er schien sich
darüber nicht im geringsten zu wundern. „Wohin fahren
Sie, bitte?"
„Ich suche Ingenieur Bobrow .. .*
„Das trifft sich ja gut. Wir suchen ihn auch. Warten Sie
bitte einen Augenblick."
Der Milizmann wollte zu dem Telefonhäuschen gehen,
das etwas entfernt am Rande der Chaussee stand.
„Wollen Sie anrufen?" rief ihm Soja nach. „Im Auto ist
ein Telefon."
„Ausgezeichnet!" Der Milizmann kehrte um.
Er öffnete die Autotür und nahm den Telefonhörer ab.
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Eine nutzbringende Bekanntmachung
Soja gab nun genau auf die Straße acht. Jetzt wäre es
auch viel zu gefährlich gewesen, am Steuer zu träumen,
denn der Berufsverkehr hatte begonnen. Am Ende des
Arbeitstages herrschte in den Straßen der großen Stadt
besonders starker Verkehr. Die breite, tiefliegende Li-
mousine fuhr ohne anzuhalten die schnurgerade Haupt-
straße entlang. Tauchte eine Kreuzung auf, so senkte sich
der Fahrdamm allmählich, und an der Kreuzung vet-
schwand Sojas Wagen in einem breiten Tunnel, der mit
unsichtbaren Lampen so hell erleuchtet war, daß kein
Unterschied zum Tageslicht bestand. Manchmal war es
umgekehrt. Soja sauste auf einem ansteigenden Asphalt-
rücken über die Kreuzung, und unter den Reifen ihres
Autos floß der querlaufende Wagenstrom. Im Zentrum
der Stadt, wo große Häuser gebaut wurden, dauerte es
zu lange, bis sich eine Kolonne Zehntonner durch ein
breites Tor
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