Die geheimnisvolle Tuer
anstoßen, wo doch nichts ist, absolut nichts?
Nach einiger Zeit überlegt Alexander, ob er die Richtung ändern soll, entschließt sich aber doch, weiter geradeaus zu gehen. Ohne dass er genau sagen könnte warum, scheint ihm der gerade Weg der richtige zu sein.
Nach vielen, vielen Schritten durch das Dunkel bleibt Alexander stehen, lauscht – und schnuppert. Ein Geruch streicht ihm um die Nase, ein Geruch, der nicht in dieseDunkelheit passt. Alexander schnuppert in alle Richtungen.
Es riecht … es riecht … Alexanders Gehirn arbeitet fieberhaft. Es riecht nach Leben! In der Oberwelt ist ihm nie aufgefallen, dass man es riechen kann. Aber jetzt ist er ganz sicher: So riecht Leben.
Aufgeregt und schnuppernd wie ein Hund geht er weiter. Der Geruch wird stärker, Alexander geht schneller, obwohl er weder etwas sehen noch hören kann.
Plötzlich stößt er irgendwo an. »Au!«, sagt er und reibt sich die Nase. Dann greift er nach vorn. Seine Finger spüren eine Wand, eine Wand aus Steinen.
Er tastet die Steine ab. Sie sind rau wie die Steine einer unverputzten Mauer.
Und er spürt die Mörtelfugen. Also ist es eine von Menschen gebaute Mauer. Dann ist bestimmt auch irgendwo eine Tür oder ein Tor, jedenfalls eine Öffnung. Und die kann nicht weit sein, sonst würde es hier nicht nach Leben riechen.
Alexanders Hände huschen suchend über die Steine. Schon nach wenigen Metern spürter etwas Glattes. Dieses Glatte fühlt sich kalt an und könnte eine Tür aus Metall sein. Alexander sucht nach einer Klinke, findet aber keine. Er legt ein Ohr an das kalte Metall, kann jedoch nichts hören.
Vorsichtig klopft er und lauscht – nichts. Dann schlägt er mit der Faust dagegen. Schließlich trommelt er mit beiden Fäusten gegen das Metall und schreit, so laut er kann: »Aufmachen! Ich will hier raus!«
Er lauscht wieder, hört, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wird, und weicht zurück. Langsam geht die Tür auf.
Alexander steht im Lichtschein und drückt die Hände schützend vor die Augen.
»Wer bist du?«, fragt eine Männerstimme.
»Ich bin Alexander«, antwortet er. »Aber alle nennen mich Alex.« Er spreizt die Finger ein wenig, um etwas zu sehen.
»Bist du allein?«
»Ja.«
»Dann komm!«
Alexander geht zögernd vorwärts. Durch seine gespreizten Finger kann er nicht vielerkennen. Die Augen schmerzen ihn vom hellen Licht.
Es dauert eine Weile, bis sie sich daran gewöhnt haben. Was sie dann sehen, lässt ihm den Atem stocken. Vor ihm steht ein Mann mit zwei Löwen.
Der Mann ist kaum größer als Alexander, hat schulterlanges rötliches Haar und einen ebensolchen Vollbart. Ein wenig ähnelt er einem Zwerg. Er trägt einen ärmellosen Umhang aus grobem braunem Stoff mit einer dicken Schnur als Gürtel. Daran hängt ein Täschchen aus dem gleichen Stoff.
Der Umhang reicht bis zu den Knien, die Beine sind unbedeckt, und der Mann ist barfuß. Links und rechts von ihm stehen die beiden kräftigen Löwen. Einer knurrt, wirft den Kopf in den Nacken, reißt seinen gewaltigen Rachen auf und brüllt so laut, dass Alexander bis zur Tür zurückweicht.
»Sei ruhig, Balbaro«, sagt der kleine Mann, »du machst ihm ja Angst.«
»Was will der bei uns?«, fragt Balbaro.
»Das wird er uns gleich sagen.« Der kleine Mann schaut Alexander an. »Also, was willst du hier im Land des Lichts?«
Alexander kann nicht antworten. Balbaros Gebrüll hat ihm die Sprache verschlagen.
»Vor Balbaro brauchst du keine Angst zu haben«, beruhigt ihn der kleine Mann. »Ertut nur ein bisschen wild, ist aber so friedlich wie wir alle – wenn man uns nichts Böses will. Also, was willst du hier?«, wiederholt er seine Frage.
»Ich … ich … ich will… äh … nichts«, stammelt Alexander.
»Nichts?«, fragt der kleine Mann und scheint etwas überrascht zu sein. »Warum kommst du dann zu uns?«
Alexander zieht die Schultern hoch. »Ich weiß nicht, ich wollte einfach mal sehen, wie es hier unten ist.«
»Dem glaub ich kein Wort«, knurrt Balbaro.
»Sei doch mal still«, brummt der zweite Löwe. Dann fragt er Alexander: »Woher weißt du überhaupt etwas vom Land des Lichts?«
Alexander erzählt die Geschichte vom Aufzug, von dem U-Knopf , von Daniel und von den fürchterlichen Wesen, die er hier unten erwartet hat.
»Dann bist du aber ganz schön mutig«, sagt der kleine Mann anerkennend. »Auf so einen mutigen Jungen haben wir schonlange gewartet. Komm, steig auf, wir bringen dich zur Herrin
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