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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Schmuck zu suchen. Die Griffe um seine Arme waren hart. Ihm war sofort klar, dass er in eine Falle geraten war. Henri ließ sich fallen und machte den Rücken krumm, sodass er sich abrollen konnte.
    Durch Löcher im Dach und Spalten in den Wänden fiel etwas Sonnenlicht ein und bildete gelbe Bahnen im Staub. Er zog mindestens zwei Angreifer mit sich. Die Männer in Henris Rücken keuchten und riefen sich kurze Befehle zu. Er riss, als er sich abrollte und wieder auf die Füße kam, zwei der anderen Männer zu Boden. Henri gelang es, den rechten Arm frei zu bekommen. Er holte zu einem Schlag aus, drehte sich und schlug mit der Faust in ein Gesicht. Der Räuber rechts hinter ihm schrie auf.
    Dann fuhr Henris Hand unter den Burnus und packte den Dolchgriff, während er nach links sprang und die Männer, die ihn festhielten, hart gegen die Mauer stieß. Wieder ertönten Schmerzensschreie, doch dann fegte ihm ein Schlag den Turban vom Kopf.
    Henri zog mit einem Ruck den Dolch hervor, wobei der Stoff des Burnus riss. Henri drehte sich herum, zerrte die Männer mit sich und duckte sich. Er schleuderte sie zur Seite, stach einem Räuber in die Schulter und schlug den Dolchgriff gegen den Schädel des nächsten Angreifers.
    Plötzlich zersplitterte in seinem Rücken eine Tür oder ein Fenster. Eine Gestalt, die schreiend in den Raum eindrang, verdeckte für einen Augenblick die Öffnung. Henri sprang zwischen den beiden zusammenbrechenden Räubern hindurch und sprengte den Eingang mit einem Fußtritt auf, in den er seine ganze Kraft legte. Griffe, Splitter und Latten zerbarsten.
    Undeutlich sah Henri, wie der Eindringling, einen Knüppel schwingend, sich auf seine Angreifer stürzte und wild um sich hieb. Flüche und Schmerzensschreie hallten in dem stauberfüllten Raum wider, als Henri die Trümmer der eingetretenen Tür zur Seite schlug und in die Gasse hinaussprang. Er wandte sich nach links, sprang über einige blökende Lämmer hinweg und stieß mit einem Karren zusammen, der mit Melonen und Kürbissen beladen war. Die Hälfte der Früchte prasselte zu Boden, rollte hinter Henri her oder platzte auseinander. Wieder erhob sich hinter ihm wütendes Geschrei. Flüche verfolgten ihn, als er davonrannte und den Dolch unter den Burnus schob. Henri hastete entlang der Hausmauern durch die nächste Gasse, dann über eine Kreuzung, und schließlich befand er sich nach einem weiteren Dutzend Schritten, ohne verfolgt zu werden, im Gedränge einer belebten Straße. Er hörte auf zu rennen, wischte sich den Schweiß von der Stirn und blickte sich, als er sich mit schnellen Schritten auf den Heimweg machte, immer wieder um.
    Beruhigt atmete Henri tief ein und aus. Er schien in Sicherheit zu sein. Nur seinen Turban hatte er verloren.
    Er änderte wieder die Richtung und tauchte in der Menge unter. Auf diese Weise kam er durch die Gassen und über die vielen kleinen Plätze zum Jüdischen Viertel, wo er jedes Haus zu kennen glaubte. Auf sein Klopfzeichen öffnete Mara und ließ ihn herein.
    Erst jetzt fühlte er sich geschützt und in Sicherheit.

6
    Vor den Mauern Jerusalems
     
    Seit dem Morgengrauen hatte sich die Straße bevölkert. Reiter galoppierten in langen Reihen hintereinander. Die Hufe der Pferde wirbelten Staub, Kiesel und Geröll auf. Eine Karawane von zwei Dutzend Eseln trippelte am Straßenrand in die Richtung der Stadt. Schwer beladene Kamele trotteten die Windungen der Straße hinauf, zwischen einzelnen Wanderern und Gruppen, die ihre Bündel mit sich schleppten. Sean of Ardchatten saß – ohne Fußfesseln, aber mit gefesselten Händen – hinter dem Sattel des Anführers, der einen stämmigen Braunen ritt. Seans Knie, Fußgelenke und Sohlen schmerzten, als hätte man ihm dort die Haut abgezogen.
    Die Räuber, die ihn gefangen genommen hatten, ritten im kräfteschonenden Trab auf Jerusalem zu, und ihren Reden hatte Sean entnehmen können, dass sie die Stadt am nächsten Tag um die Mittagszeit herum erreichen würden. Sie betrachteten ihn noch immer als wertvolles Pfand.
    Aber er hatte noch immer nicht herausgefunden, von wem sie Lösegeld erpressen wollten. Und was er ihnen wert war, wusste er auch nicht einzuschätzen. Kurz vor dem höchsten Stand der Sonne, als sich schon die ersten grünen Täler im Weichbild der Stadt zeigten, gab es einen erregten Wortwechsel an der Spitze des Zuges. Eine halbe Stunde danach ritten fünf oder sechs der Räuber im Galopp davon und in einer Reihe auf die Stadt zu. Sie verschwanden

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