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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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gehört Allah doch alles, was in Himmeln und auf Erden ist, und Allah ist allwissend und allweise.«
    Uthman hob den Kopf und deutete auf Henri.
    »Das ist für Christen wie dich geschrieben. Es richtet sich gegen die Lehre von der Dreifaltigkeit.«
    Henri nickte ernst. »Weiter, bitte.«
    »Überschreitet nicht die Grenzen eurer Religion und sagt nichts anderes von Allah als das, was wahr ist Wahrlich, der Messias Jesus, der Sohn Marias, ist ein Gesandter Allahs, und die frohe Botschaft, die er Maria nieder sandte, eine Erfüllung Allahs und sein Geist.«
    Joshua legte seine Hand auf Henris Unterarm und sagte: »Wir kennen die Lehre des Koran. Der Islam sagt, dass Jesus Christus ein Gesandter Allahs ist, nicht der Messias der Juden.«
    Uthman fuhr fort, und sein Zeigefinger wanderte dabei nach links unter den Zeilen. »Glaubt daher an Allah und seinen Gesandten, sagt aber nichts von einer Dreiheit Vermeidet das, und es wird besser um euch stehen. Es gibt nur einen einzigen Gott Fern von ihm, dass er einen Sohn habe. Sein ist, was in den Himmeln und auf Erden ist Allah genügt als Beschützer!«
    »Die Sure sagt, dass Allah keinen Sohn zum Herrschen über seine Schöpfung braucht.« Joshua machte eine verlegene Geste.
    »Und wer hat Recht?«, fragte Henri laut. »Der Koran oder die Bibel?«
    »Eine uralte Frage«, antwortete Joshua. »Viele lange Jahre haben sich Gelehrte darüber gestritten, im Guten wie im Bösen. Furchtbare Kriege sind deswegen entbrannt. Ihr wisst, dass ich Uthman Recht geben müsste. Aber zwischen uns dreien darf es keinen Streit geben. Es hat so viele grausame Kriege gegeben, und alle haben darunter gelitten. Juden, Christen und Muslime.«
    »Selbst wenn wir uns nicht streiten«, sagte Uthman ruhig, »so sollten wir darüber nachdenken, warum ausgerechnet an uns eine solche Botschaft gerichtet wurde.«
    »Ich würde vermuten, um Streit zwischen uns auszulösen«, sagte Uthman und begann, das Pergament vorsichtig zusammenzurollen.
    »Oder als Warnung für mich?« Henri zog die Brauen hoch und machte eine beschwichtigende Geste. »Man hat herausgefunden, dass du im Haus eines Muslims einen Ungläubigen beherbergst, Joshua.«
    »Dass jemand daran Anstoß nimmt, ist auch nicht unwahrscheinlich«, sagte Uthman.
    »Was sollen wir tun?« Zum wiederholten Mal stellte Henri die Frage. Er wusste selbst keine Antwort, außer geduldig zu warten.
    »Auf keinen Fall werden wir drei uns wegen unserer unterschiedlichen Glaubensgrundsätze entzweien«, sagte er. Leise Hoffnung klang aus seiner Stimme. »Wir wissen noch nicht genug über die Hintergründe, aber wahrscheinlich stellt die Steinbotschaft eine Drohung oder auch eine Warnung dar.«
    »Warnung oder Drohung, was auch immer«, sagte Joshua, »in jedem Fall halten wir zusammen. Uthmans Haus ist sicher genug.«
    Er riss ein Stück vom Fladenbrot ab, tunkte es in einen honigsüßen Brei und kaute den Bissen genüsslich. Nach kurzem Zögern tat es ihm Henri gleich.

7
    Die Schwerter Allahs
     
    Nadschib ben Sawaq tauchte beide Hände tief in den Kessel, der mit Rosenwasser gefüllt war. Dann trocknete er Finger um Finger sorgfältig an einem blütenweißen Tuch ab. Er verbeugte sich kurz vor dem Hausherrn und sagte: »Bei Allah! Abermals habe ich die Wohltaten deiner Gastfreundschaft genießen dürfen. Ein köstliches Mahl, o Abu Lahab.«
    Abu Lahab formte ein Bällchen aus fettem Safranreis und schob es sich zwischen die Zähne. Undeutlich gab er zur Antwort: »Einem armen alten Schmied bleibt wenig anderes zur Freude. Ein karges Essen, ebensolcher Verdienst und gute Gespräche mit Freunden.«
    »Die den unabweisbaren Vorteil haben, nicht allzu teuer zu sein«, bemerkte Nadschib mit feinem Spott. Abu Lahab nickte und tauchte ein Stück zarten Lammbraten ins Kichererbsenmus.
    »Wahr gesprochen, Hüter meiner Drachmen.«
    Abu Lahabs weiträumiges Haus sowie der innere und der äußere Garten lagen innerhalb der Mauer, einen kurzen Fußmarsch vom Gerbertor entfernt in Richtung Tempelbezirk. Eine acht Ellen hohe Mauer umgab das Anwesen. Alte Bäume mit raschelnden Blättern breiteten ihre Äste über die Spaliere aus Obstpflanzen, Blütenranken und Klettergewächsen aus, in denen Singvögel nisteten. Im inneren Garten sprudelte Brunnenwasser über marmorne Stufen in Becken, in denen sich Lotosblüten öffneten. In einem Teil des Atriums stieg der Strahl eines Springbrunnens in die Höhe und fiel in tausend Tropfen in eine große Schale aus Alabaster. Das Essen

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