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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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»Und so hungrig und durstig.«
    Mara schloss die Tür. Joshua kam die Treppe herunter und begrüßte Sean überschwänglich.
    »Schaffst du’s noch bis zum Dach, zum Essen?«, fragte Joshua.
    Sean nickte, leerte noch einen Becher von dem Trunk, der Wein und unbekannte Gewürze enthielt, und ließ sich von Henri die Treppen hinaufziehen.
    Er schnallte den Gürtel ab, zog mit letzter Kraft die Stiefel aus und sank schwer in einen Sessel.
    »Ich hab viel zu erzählen«, sagte er schwach und rieb den Staub aus seinen Augen. »Es war ein mühevoller Weg von Roslin über London nach Akkon und hierher.«
    »Das weiß ich«, antwortete Henri. »Während wir auf dich warteten, haben wir es hier inzwischen mit jemandem zu tun, der uns Sorge bereitet.«
    Sean blickte seine schmutzigen Hände an und tauchte sie lange in den Kupferkessel neben dem Tisch. Während er die Finger langsam mit einem Tuch abtrocknete, das sich grau färbte, zog er die Schultern hoch und sagte: »Gefährlich war auch der Ritt von Akkon nach Jerusalem.«
    »Was ist vorgefallen?«, wollte Henri wissen. Joshua stützte die Ellbogen auf den Tisch und betrachtete schweigend Sean, der auf dem Fladenbrot kaute.
    »Man hat mich überfallen und gefangen genommen.«
    »Erzähl uns davon!«, sagte Henri aufgeregt.
    »Gern, aber eins nach dem anderen, Henri«, antwortete Sean kauend und schluckend. »Nur mit viel Glück konnte ich mich befreien.«
    »In Akkon? Wo haben sie dich überfallen?«, fragte Joshua.
    »Weißt du, wer es war?«, wollte Henri wissen.
    »Das waren etwa zehn oder zwölf Männer, aber gewöhnliche arme Räuber waren das nicht«, antwortete Sean und spülte die Bissen mit einem Schluck Wein hinunter. Mara stellte gefüllte Schüsseln und Schalen auf den Tisch. Die Riegel der Eingangstür klirrten leise. »Sie waren gut ausgerüstet und gekleidet. Später haben sie sich in zwei Gruppen geteilt. Die eine ist wahrscheinlich voraus nach Jerusalem geritten.«
    Uthman kam herauf und setzte sich. »Dein Schwarzer wird gut versorgt. Er kann so lange im Stall bleiben, wie es nötig ist.«
    »Danke, Uthman.« Sean versuchte, seine Muskeln zu lockern, holte tief Luft und fing nun tatsächlich der Reihe nach an zu erzählen. Die Fahrten zu Schiff waren mit wenigen Sätzen geschildert. Er wurde ausführlicher, als er von der Landung und den ersten Stunden in Akkon und auf der leeren Straße berichtete. Noch genauer schilderte er, mehrere Male von ausdauerndem Gähnen unterbrochen, den Überfall, seinen Kampf und wie es ihm gelungen war, sich zu befreien.
    »Und dann habe ich viel zu lange gebraucht, um quer durch die Stadt zu kommen und das Haus zu finden.«
    Sean sah Henri einen Moment wie hilfesuchend an, legte dann den Kopf auf die Hände und schlief auf der Stelle am Tisch ein.
    Henri und Uthman trugen den schlafenden Sean in ein kleines Zimmer, zogen ihn aus und breiteten Decken über ihn. Sean schlief bis zum frühen Nachmittag, dann nahm er ein Bad und schlüpfte, nachdem er seinen Bart geschabt hatte, in frische Kleidung, die von Mara bereitgelegt worden war. Mit Strohsandalen an den Füßen kletterte er die beiden Treppen zum Dach hinauf und traf dort im Schatten Joshua, der, in einen weißen Mantel aus dünnem Stoff gekleidet, einige Pergamentrollen vor sich ausgebreitet hatte.
    »Gott sei Ehre«, sagte Joshua und betrachtete über den Rand der Brille den jungen Freund. »Sauber, geschoren und geschabt, in reinlicher Kleidung, so soll es sein. Es scheint, als seist du ausgeschlafen, auf jeden Fall sehen deine Augen wach aus. Gestern hätte ich dich fast nicht mehr erkannt.«
    »Ach, mein Joshua«, antwortete Sean und lächelte, »gestern habe ich weder euch alle noch die Welt um mich herum erkannt. Noch eine Nacht richtig schlafen, und ich bin wieder bei Kräften.«
    »Vielleicht wirst du sie auch dringend brauchen.«
    Joshua rollte die Schriften zusammen und schilderte Sean, was in den vergangenen Tagen und Nächten vorgefallen war und dass sie befürchteten, dies alles sei wohl nur ein Vorspiel, und dass es zu erwarten sei, dass sie von fanatischen Muslimen bedrängt oder gar angegriffen werden könnten. Schweigend hörte Sean sich zunächst einmal alles an, später stellte er dann einige Fragen.
    »Ich kann mir auch keinen richtigen Reim darauf machen, Joshua, aber vielleicht hängt das alles miteinander zusammen. Aber eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, was ich als hier gänzlich unbekannter Schotte mit dem Hass auf die Christen und

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