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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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riss an seinem Burnus, eine andere packte den Geldgurt.
    Er verlor die Besinnung und merkte nicht, wie ein Dolch mit zwei heftigen Schnitten das dünne Leder des Gurts durchtrennte. Er spürte auch nicht, dass die Spitze des Dolches seine Haut über der Hüfte aufriss, und hörte nicht, wie die beiden, die ihn beraubt hatten, durch die Dunkelheit davonhasteten.
    Einer hetzte die Stufen hinauf, der andere rannte durch die menschenleere Gasse davon.
     
    Als al-Quasim wieder zu sich kam, kämpfte er gegen das Ersticken und die Finsternis an, bis er begriff, dass er einen stinkenden Sack über dem Kopf trug. Er riss und zerrte ihn herunter, schleuderte ihn zu Boden und schrie: »Helft mir! Man hat mich beraubt! Alles ist fort! Helft mir!«
    Das Haus, in dem er wohnte, war nur drei Dutzend Schritte entfernt. Unsicher lief und schwankte er darauf zu und sah, wie sich manche Türen öffneten und seine Nachbarn mit Kerzen oder Öllichtern hervorkamen, um ihm zu helfen. Die Diebe waren längst in der Dunkelheit verschwunden.

14
    Nächtliches Treiben in Al Quds
     
    Zwischen Abdullah ibn Aziz und dem jungen Mann, dessen langes Haar im Nacken mit einer Lederschnur zusammengebunden war, brannte ein Öllämpchen. Brot, Olivenöl und eine Schale angebratener, gewürzter Zwiebeln standen auf dem Steinblock, der als Tisch diente. Abdullah tunkte ein Stück Brot ins Öl, streute einige Körnchen Salz darauf und schob es in den Mund. Als er wieder deutlicher reden konnte, sagte er:
    »Du bist Hasan al-Maqrizi, der Laufbursche von Abu Lahab. Willst du einen Silberdinar verdienen?«
    Hasan grinste und langte nach dem Brotfladen.
    »Einen? Dutzende, o Emir!«
    Abdullah musterte das schmale Gesicht des Vierzehnjährigen. Die dunkelbraunen Augen, in denen sich das Flämmchen spiegelte, blickten aufmerksam. Für Abu Lahab erledigte der Junge alle Botengänge, schleppte Ware zu den Händlern und machte wenige Fehler. Er war in Al Quds aufgewachsen und kannte die Stadt besser als Abdullah. In Lahabs Haus schlief er unter der Treppe und schien alle Geheimnisse des Harems zu kennen, aber er plapperte nichts aus.
    »Es gibt nicht mehr, und den Dinar auch nur, wenn du Erfolg hast.« Abdullah packte die schmutzige Hand des Jungen und fügte grob hinzu: »Und nachdem du dich gesäubert hast, wie es sich für einen muslimischen Späher gehört.«
    »Späher? Ich renne für Abu Lahab in der Stadt herum und schleppe schwere Waren.«
    »Damit ist es in der nächsten Zeit vorbei«, sagte Abdullah und biss genussvoll in eine Zwiebel. »Natürlich kennst du Suleiman, den Sohn unseres Effendi.«
    »Allah! Ich sehe ihn jeden Tag. Und oft auch nachts.«
    Abdullah nickte bedächtig und musterte Hasans bartloses Gesicht. Unter dem rechten Auge prangte eine Narbe. Die Nase war scharf wie der Schnabel eines Habichts und verlieh dem Jungen einen hungrigen, lauernden Ausdruck.
    »Sein Vater will wissen, wohin er geht, wenn er das Haus verlässt. Und woher er kommt, wenn er nachts wieder heimkehrt.«
    »Ich gehe ihm nach, und bald werden wir’s wissen«, sagte Hasan selbstbewusst. »Es sei denn, er verlässt die Stadt.«
    Sie aßen und tranken ruhig weiter, bis die Schale mit den Zwiebeln leer war.
    »Abu Lahabs Haus steht am Rande der Stadt, Suleimans Ziel liegt wahrscheinlich in der Stadtmitte«, erklärte Abdullah. »So viel weiß ich schon. Er darf dich nicht sehen. Auf keinen Fall darf er merken, dass er verfolgt und ausgespäht wird. Denk daran – er ist so listig wie sein Vater.«
    »Warum willst du wissen, was Suleiman macht?«
    Hasan al-Maqrizi legte den Kopf schief und zwinkerte.
    »Weil Abu Lahab es wissen will. Er denkt, Suleiman sucht die Freundschaft zu aufrührerischen Ungläubigen. Aber er will Suleiman im Guten bekehren.«
    Hasan nickte. »Das ist verständlich, sein Sohn ist immerhin sein einziger Erbe. Wann soll ich mit der Beobachtung anfangen?«
    Der Junge schien sich auf die neue Aufgabe zu freuen. Wahrscheinlich dachte er an die Drachmen, die ihm Abdullah versprochen hatte. Dieser hatte zuerst einen seiner eigenen Männer mit der Beobachtung Suleimans beauftragen wollen, aber Hasan schien ihm um einiges unauffälliger zu sein.
    »Morgen, wenn Suleiman das Haus verlässt«, beantwortete er die Frage des Jungen. »Wenn du jemanden kennst, der dir hilft, lass dir helfen. Auch ihm gegenüber werde ich mich großzügig erweisen.«
    »Ich höre mich um. Was soll ich tun, wenn mich Abu Lahab zum Schleppen braucht?«
    »Dann werde ich ihm sagen,

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