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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Elvestad
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gerufen, wieder durch einen Eilboten, und ich fand Aakerholm womöglich in einem noch schlimmeren Zustand als das vorige Mal. Zu Tode erschrocken und fast geistesabwesend war er von einem Spaziergang im Gutspark zurückgekommen. Während ich ihn untersuchte, hörte ich ihn wiederholt flüstern:
    ›Ist es der Teufel selbst oder ein Mensch?‹
    Bei meinem heutigen Besuch nun lag der alte Herr nicht mehr zu Bett, und es ging ihm im allgemeinen etwas besser. Aber er war noch immer sehr niedergedrückt. Ich fragte ihn, was ihm auf dem Spaziergang passiert sei, erhielt aber wieder die gewohnte abweisende Antwort:
    ›Nichts, nichts ...!‹
    Da beschloß ich zu dir zu fahren, Asbjörn Krag, und dich um dein Eingreifen zu bitten. War es eine Dummheit von mir?«
    Krag sah auf seine Uhr und stand auf.
    »Nein«, sagte er, »es war recht von dir, und ich bin dir dankbar dafür, daß du kamst.«
    »Doch Aakerholm weiß nichts davon.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Ich sagte, daß ich einen mir befreundeten Spezialisten für Nervenkrankheiten zuziehen wolle; als solcher kannst du dich ja ausgeben.«
    »Ja, darüber sprechen wir noch. Aber nun müssen wir fort. Der Zug geht in einigen Minuten.«
    Der Arzt fragte unsicher:
    »Glaubst du, daß eine ernste Gefahr vorliegt? Ein Verbrechen vielleicht ...?«
    »Ohne Zweifel.«
    Krag öffnete die Tür und rief dem Diener zu:
    »Sie haben doch vor allem den schwarzen kleinen Kasten eingepackt?«
    An den Arzt gewandt, fuhr er fort:
    »Eins hast du mir zu sagen vergessen: Lebt der alte Herr ganz allein? Hat er gar keine Angehörigen?«
    »Doch. Sein Pflegesohn wohnt bei ihm.«
    »So, so, er hat also einen Pflegesohn! Dachte ich mir's doch, daß er nicht allein sei. Von diesem Pflegesohn möchte ich gern Näheres hören. Doch gehen wir nun. Unterwegs kannst du mir von ihm erzählen.«
    Im nächsten Augenblick fuhren die beiden Herren durch die Straßen Kristianias nach dem Ostbahnhof hinunter. Es war ein kalter Winterabend mit heftigem Schneetreiben.

II
Der Mann im Dunkeln.
    Asbjörn Krag und der Arzt hatten in dem südwärts fahrenden Schnellzuge ein Abteil für sich bekommen.
    Sie machten es sich in dem dämmerigen Raum bequem und zündeten sich eine Zigarre an. Die Fenstervorhänge wurden zusammengezogen, die Schiebetüren geschlossen.
    »Es freut mich«, sagte der Arzt, »daß du gleich mit mir kommst. Das ist wirklich sehr gütig von dir. Deine Zeit ist doch gewiß außerordentlich in Anspruch genommen?«
    »Allerdings«, antwortete Krag. »Aber wenn ich von einer Sache höre, die mich in besonders hohem Grade interessiert, so lasse ich alles andere, was mich gerade beschäftigt, ohne weiteres liegen. Und diese Angelegenheit interessiert mich sehr. Also Aakerholm hat einen Pflegesohn ...«
    »Ja. Ein junger Mann von jetzt etwa dreißig Jahren.«
    »Weißt du etwas von ihm?«
    »Nicht viel. Er ist Schiffsmakler in der benachbarten Stadt. Aber ich glaube nicht, daß er besonders begabt ist, in keiner Beziehung.« »Nationalität?«
    »Schwedisch-Amerikaner, wie sein Pflegevater. Er wurde von diesem im Alter von siebzehn Jahren adoptiert.«
    »Weißt du weshalb?«
    »Sicher aus keinem anderen Grunde, als dem, daß er der Sohn eines seiner alten Freunde war, der in Amerika starb. Aakerholm ist nämlich trotz seiner äußeren Schroffheit ein herzensguter Mensch.«
    »Was sagt der Pflegesohn zu diesen merkwürdigen Ereignissen?«
    »Er begreift sie nicht, wie er behauptet.«
    »Es ist selbstverständlich«, fuhr Krag fort, »daß der alte Aakerholm etwas unerhört Erschütterndes erlebt haben muß.«
    »Ja, er ist jedenfalls in wenigen Wochen ein gebrechlicher alter Mann geworden«, murmelte der Arzt. »Auch ich fürchte, daß eine Gefahr vorliegt. Vielleicht steht sein Leben jeden Augenblick auf dem Spiel.«
    »Der Gedanke liegt nahe«, sagte der Detektiv, »daß irgend jemand ein Interesse an dem Tode des alten Herrn hat. Wer kann das sein? Der Pflegesohn?«
    Der Arzt sah Krag an.
    »Darüber habe ich auch bereits nachgedacht«, sagte er dann, »schlug es mir aber wieder aus dem Sinn. Ich weiß nicht, was Aakerholm erlebt hat, aber was es auch sein mag, so geschah es jedenfalls auf Kvamberg oder in der unmittelbaren Nähe des Gutshofs. Und beide Male war der Pflegesohn nicht anwesend. Das erste Mal unterrichtete ich ihn selbst telephonisch von dem Vorkommnis. Er befand sich in seinem Kontor in der Stadt, und als er nach Hause kam, war er offenbar sehr überrascht. Das sah ich ihm

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