Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
besänftigen könnte …
„Sir, Ihr setzt die Feder falsch an“, tadelte Lizzie und nahm ihm den Federhalter aus der Hand. Sie hielt den Stift hoch. „Seht Ihr?“
Mr. Chiao-Ho seufzte.
„Ich fürchte, ich begreife es nicht.“
„Verzeiht, wenn ich das sage, aber jedes Kind in England beherrscht das besser als Ihr.“
Er reckte sein Kinn vor. „Nun, Miss Lizzie, die Kinder Englands sind glücklicherweise nicht gezwungen, dich als Lehrmeisterin zu haben!“
Lizzie schnaubte. Noch nie hatte sie erlebt, dass sich ein erwachsener Mann so dumm anstellte wie Mr. Chiao-Ho. Sie ging um den Tisch herum und setzte sich neben ihren Schüler. Sie gab ihm den Federhalter in die Hand, korrigierte den Griff und hielt seine Hand fest, während sie den Stift führte.
Eine Weile unterstützte sie ihn, bis sie das Gefühl hatte, er könnte es allein versuchen. Sofort kratzte die Feder über das Papier und die Schrift mutierte zu kaum leserlichen Schwüngen und Bögen.
„Mr. Chiao-Ho“, sie schüttelte frustriert den Kopf. „Ich fürchte, Ihr lernt es nie.“
Lizzie ignorierte das wilde Pochen ihres Herzens, als der Blick seiner schrägstehenden Augen sie traf. Seit jenem ersten Tag auf hoher See hatte er keine Annäherungsversuche mehr gewagt, doch sie wusste, dass sein Interesse keineswegs nachgelassen hatte. Sie sah es an den Blicken, die er ihr zuwarf. Sie spürte es an der Art, wie er ihre Hand bei sich einhakte. Sie erkannte es an der Weise, wie er beim Sonnenuntergang neben ihr an der Reling stand und schweigend auf das Meer hinausblickte.
„Vielleicht benötige ich nur etwas Ermutigung“, erklärte er. „Ein wenig weibliche Zärtlichkeit.“
„Ganz bestimmt.“
„Du stimmst mir zu?“ Seine Miene erhellte sich, und Lizzie dachte, auch wenn er ein Chinese war, so war er doch nur ein Mann und als solcher keinen Deut besser als die englischen Männer.
Sie seufzte und sah auf das Blatt Papier vor Mr. Chiao-Ho.
„Ihr solltet Euch mit dem Buchstaben T mehr Mühe geben. Es sieht aus, als ob ein Gockel über das Papier gehüpft wäre.“
Kapitel 4
„Liebster Jake,
ich bereue nichts. Weder die Art und Weise, wie ich ging noch alles, was folgte …“
Lizzie an ihren Bruder Jake, fünf Jahre nach ihrer Flucht aus England
Lizzie steckte ihren Kopf vorsichtig in die Kombüse.
„Bonnet?“
Der Zwerg knurrte unwillig.
„Rein oder raus, aber steh’ nicht rum wie bestellt und nicht abgeholt.“
Er war über einer großen Kiste Obst gebeugt und schüttelte wütend den Kopf. „Diese Idioten! Schwachköpfe!“, fluchte er.
Lizzie trat näher und besah sich die Bescherung.
Bonnet griff nach einem Apfel und betrachtete das matschige Obst.
„Ich wies sie an, alle Behälter zu überprüfen. Und nur einwandfreie Früchte anzunehmen.“ Er knallte den Apfel an die Wand, wo dieser mit einem dumpfen Schmatzen aufkam und platzte. Matschige Batzen fielen zu Boden.
„Du kannst doch sicher trotzdem noch etwas daraus zaubern, Bonnet?“
„Zaubern? Allerdings, da müsste man wirklich die Magie beherrschen, um aus dem Mist noch was Anständiges herzustellen!“, spottete Bonnet ätzend.
Lizzie lächelte.
„Mein lieber Bonnet, du bist der beste Koch weit und breit. Wenn jemand das schafft, dann du“, schmeichelte sie ihm.
Der bärbeißige Schiffskoch schnaubte.
„Da hängt wohl eine gewisse Lady nicht sonderlich an ihren Fingern!“ Er schielte nach seinem Fleischerbeil.
Lizzie tätschelte seine Wange. Sie hatte keine Angst vor dem kleinwüchsigen Koch. Sie wusste, dass er sie mochte und dass sie die Einzige an Bord war, die vor ihm aussprechen durfte, was alle dachten: Dass Bonnet ein erstklassiger Koch war.
„Komm schon, was könnte man mit dem Obst noch anfangen?“
Bonnet kratzte sich das Kinn.
„Möglicherweise ein Kompott kochen. Hab noch ein Säckchen Gewürze, die nur für Süßes taugen. Und Rum, ’ne Maulvoll Rum ließe sich drüberkippen. Dann ist da Geschmack dran, aber die faule Bande da draußen ist nicht gleich besoffen.“
Lizzie klatschte in die Hände. „Hervorragend! Soll ich dir helfen?“
„Was denn sonst? Willst du etwa Maulaffen feilhalten, Mädchen?“
Sie lächelte und holte sich ein Messer.
Sehr viel später lag Lizzie auf ihrer schmalen Pritsche und versuchte einzuschlafen. Immer noch hing ihr der Geruch des überreifen Obstes in der Nase. Sie stöhnte. Der Rum, den ihr Bonnet aufgezwungen hatte, als er sah, wie grün sie um die Nase geworden war,
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