Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
schwarzen Augen tanzten silberne Lichter. Seine sinnlichen Lippen waren nur wenige Zentimeter von den ihren entfernt. Sein Atem streifte ihre Wange. Tief in ihrem Bauch entfachte seine Nähe ein flatterndes Gefühl, als wollten tausend Schmetterlinge durch ihren Körper fliegen. Ihre Fußsohlen kribbelten und sie versuchte, ihre Hände ruhig zu halten. Das Bedürfnis, ihn anzufassen, sogar zu küssen, wurde übermächtig.
Der Blick seiner Augen flackerte. Ehe sie wusste, was mit ihr geschah, beugte Mr. Chiao-Ho sich über sie und küsste sie. Seine Lippen waren weich und warm, und die Berührung sandte kribbelnde Wellen durch ihren Leib. Der Kuss dauerte eine süße Ewigkeit, und als Mr. Chiao-Ho seinen Mund von ihr löste, war sie atemlos und erhitzt, obwohl es ein schlichtes Aufeinandertreffen ihrer Lippen gewesen war. Einen Moment starrte Lizzie Mr. Chiao-Ho mit träumerischer Versunkenheit an, dann wich er zurück und zerstörte den Zauber des Augenblicks.
Er räusperte sich.
„Verzeihung!“ Die Entschuldigung schien ihn Überwindung zu kosten. „Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Das war ein unverzeihliches Benehmen.“
Er erhob sich, verbeugte sich und ließ Lizzie allein. Sie blickte ihm hinterher, hob ihre Hand an die Lippen, die unter dem Nachhall seiner Liebkosung immer noch kribbelten, und kämpfte gegen die Tränen der Enttäuschung an.
Was hatte er sich nur dabei gedacht? Cai schalt sich einen Dummkopf. Wieso küsste er Lizzie? Die Erinnerungen an ihren warmen, duftenden Körper, ihre blütenzarte Haut und die weichen Lippen entflammten seine Lust. Ihr sehnsüchtiger Blick hatte ihn mitten ins Herz getroffen.
Cai schritt in seiner Kajüte auf und ab. Sie war eine Barbarin. Sie besaß nichts, das ihn locken konnte. Ihre Haut zu blass, ihre Augen zu blau, ihr Haar zu wild, ihr Benehmen grob und primitiv. Doch die Hitze, die sein Innerstes erfüllte, war unerträglich. Und er, der so erfahren war, zitterte vor Begehren nach einer Fremden, einer yi . Zornig griff er nach den Frachtpapieren und entschied, unter Deck nach dem Rechten zu sehen. Wenn er die Kisten zählte, nachsah, dass alles seine Richtigkeit besaß, würde sein Geist Herr über seine Lust werden.
Er zählte zum wiederholten Mal die Behälter, ehe er frustriert aufgab. Es war unmöglich, mit der Arbeit fortzufahren, wenn ihn die Lust so sehr quälte. Er kannte die englischen Gepflogenheiten bezüglich amouröser Abenteuer zwischen Herrschaft und Dienstboten. Zeitweise gewann er den Eindruck, es war eine Art sportlicher Betätigung junger Gentlemen, sich mit der weiblichen Dienerschaft zu vergnügen. Nicht selten gingen die Frauen willig darauf ein.
Cai ballte die Fäuste. Warum sträubte er sich also gegen seine Begierde? Ließ der Appetit nicht üblicherweise nach, wenn man die begehrte Speise genoss? Er wusste, als Reisender in exotischen Gefilden musste man sich vor der einheimischen Kost in Acht nehmen. Doch er war ein erfahrener Gourmet, für ihn war Lizzie die Vorspeise, die seinen Appetit stillte.Vielleicht wäre sie einer kleinen Liaison nicht abgeneigt? Wenn sie einander die Wonnen des Bettes geschenkt hatten, könnte das Feuer gelöscht sein und die Reise ginge entschieden entspannter weiter.
Lizzie stand an der Reling und starrte auf das Meer hinaus. Die Sonne hatte ihre höchste Position erreicht und reflektierte quecksilberne Lichter auf der Wasseroberfläche. Hinter ihr schrubbten einige Seeleute das Deck, während andere in der Takelage herumkletterten und sich gegenseitig Befehle zuriefen.
Seit Stunden scharwenzelte Lizzie an Deck herum und langweilte sich entsetzlich. Mr. Chiao-Ho blieb verschwunden.
Sein Kuss hatte Lizzie um ihre Fassung gebracht. Er war unerwartet gekommen – und diese Sanftheit! Eine wohlige Gänsehaut überzog ihre Arme. Die wenigen Gelegenheiten, bei denen sie zuvor geküsst worden war, waren entweder von gierigem Schlabbern begleitet gewesen oder fast schon gewaltsame Übergriffe.
Dass ein Kuss so sein konnte, hatte sie nicht einmal geahnt!
Versonnen berührte sie ihre Lippen. Es war wundervoll! Nur zu gern ließe sie sich erneut von Mr. Chiao-Ho küssen. Aber es hatte ihn offenbar nicht annähernd so sehr überwältigt wie sie.
„Lizzie.“ Seine Stimme erklang hinter ihr.
Sie verharrte einen Moment reglos, ehe sie sich ihm zuwandte.
„Mr. Chiao-Ho.“ Sie nickte ihm zu.
Er gesellte sich neben sie, in gesellschaftlich akzeptiertem Abstand, und sah auf
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