Die Geisel von Zir
Gozashtandou zu bremsen. »Er sagt, die Preise wären erstens wegen des Fests so hoch, und zweitens, weil Gorbovast ihm ein Viertel davon als Provision abknöpft. Scheint ganz wie bei uns auf der Erde zu sein; unser reizender Gastgeber gerät jedenfalls wegen uns nicht an den Bettelstab.«
»Was?« keifte Considine. »Ha, dieser elende Beutel-Schneider! Verfrachtet uns hierhin, erzählt uns was von Gastfreundschaft und es wäre selbstverständlich alles kostenlos, und dann lässt er diese Geier auf uns los! Das sind alles Erzgauner und Halunken!«
»Was regst du dich eigentlich so auf? Zu Hause bei uns machen sie’s doch genauso.«
Diese Bemerkung brachte Considine nur noch mehr in Rage. »Und hier? Ha! Wir sind noch nicht einen Tag hier, und schon klaut mir einer von diesen Ganoven mein kleines blaues Täschchen! Und du, was hast du bis jetzt dagegen unternommen? Nichts, keinen Handschlag! Was für eine Polizei haben die eigentlich hier? Ich suche mir jemanden zum Obersetzen und gehe selbst hin und mache denen mal Feuer unterm Hintern. Ich werde denen klarmachen, dass wir Terraner ihr lausiges Kaff mit einer einzigen Bombe von der Landkarte putzen könnten! Wenn du diesem Lumpenpack nicht den Arsch aufreißt, dann muss ich das eben selbst machen! Wollen doch mal sehen, ob …«
Ein wettergegerbter Krishnaner, der Reith irgendwie bekannt vorkam, tauchte in diesem Moment von der Straße her auf. Reith zermarterte sich das Gehirn, wo er den Mann schon einmal gesehen hatte. Plötzlich fiel es ihm schlagartig wieder ein: Es war niemand anderer als Kapitän Ozum von der Zaidun. Der Flussbootschiffer trat auf die beiden zu, schaute Considine an und sagte in abscheulichem Portugiesisch: »Senhor, ist das nicht Ihres?«
Gleichzeitig zog er unter dem Arm das vermisste blaue Köfferchen hervor. »Ich habe es heute morgen in Ihrer Kajüte gefunden. Ich habe Sie in ganz Majbur gesucht, bis mir dann jemand sagte, dass Sie hier seien.«
»Oh«, sagte Considine, nachdem Reith übersetzt hatte. Nach einem Moment des Zögerns murmelte Considine »Obrigado«, nahm das Köfferchen entgegen und drehte sich wieder dem Händler zu, um das Schwert zu bezahlen.
»Er ist vor Dankbarkeit ganz sprachlos«, erklärte Reith dem verdutzt dastehenden Kapitän. »Ich darf Ihnen jedenfalls ganz herzlich danken, auch im Namen von Senhor Considine. Darf ich Ihnen eine kleine Anerkennung überreichen?«
Er drückte Ozum einen Silberkard in die Hand. Der Kapitän machte zunächst eine ablehnende Geste, nahm die Münze dann aber an. Dann verabschiedete er sich sehr förmlich von Reith, warf Considine einen verächtlichen Blick zu und stieg in eine wartende Kutsche.
»Das hier«, erklärte Reith, »ist der Tempel Dashmoks, des Gottes des Tanzes und des Vergnügens, gleichzeitig der Schutzpatron der Stadt Majbur. Bevor wir hineingehen, müssen Sie Ihre Schuhe ausziehen.«
»Heißt das«, rief Considine, »wir müssen sie draußen lassen, wo jeder sie stehlen kann?«
»Ja. Die Torwächter – das sind die langen Burschen dort, die mit den Speeren – passen auf sie auf.«
»Ich traue diesen Gaunern nicht«, knurrte Considine. »Ich nehme meine jedenfalls mit rein.« Er zog seine Schuhe aus, knotete sie an den Schnürriemen zusammen und hängte sie sich um den Hals.
»Lieber Mann«, schwärmte Varlerie Mulroy mit einem schmachtenden Blick auf die kräftig gebauten Torwächter mit ihrer glänzenden olivfarbenen Haut, »die sehen so aus, als könnten sie einer Frau verdammt was Gutes tun.«
»Konzentriere deinen Geist auf höhere Dinge«, sagte Reith trocken. »Dies ist eine religiöse Stätte, senkt also eure Stimmen ein bisschen. Und fasst mir bloß nichts an, hört ihr? Vater Khorsh, wie hoch, sagtet Ihr noch, ist die übliche Spende?«
Nach einer kurzen Wartezeit im Vorraum wurde Reiths Herde von einem jungen krishnanischen Altardiener ins Schlepptau genommen und ins Innere des Tempels geführt. Die Besucher brachen in begeisterte Ahs und Ohs aus ob der goldenen Pracht, die ihnen entgegenschlug, der kunstvoll verschlungenen Blumenreliefs an den Wänden, der farbenprächtigen Fresken, der funkelnden Mosaiken aus Perlmutt und scharlachrot, grün und azurblau leuchtenden Halbedelsteine, die die Säulen und Postamente zierten.
Der Tempeldiener kannte seinen Vortrag gut, leierte ihn aber so hastig herunter, dass keine Pausen zum Übersetzen blieben. Hinzu kam, dass er mit einem derart ausgeprägten Majbur-Akzent sprach, dass Reith ihm nicht
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