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Die Geisel von Zir

Titel: Die Geisel von Zir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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folgen konnte. Also musste in einer umständlichen Prozedur erst einmal Khorsh den ganzen Sermon für Reith ins Portugiesische übersetzen, der diesen dann für seine Schäfchen ins Englische übertrug. Als Reith den Tempeldiener bat, ein paar Passagen zu wiederholen, die er verpasst hatte, verlor dieser den Faden, stotterte konfus herum, gab schließlich resigniert auf und begann seinen ganzen Vortrag noch einmal von vorn.
    Am hinteren Ende der Tempelhalle stand die Hauptstatue des fidelen Vergnügungsgottes. Spitzbäuchig, grinsend, die Beine zum Lotossitz verknotet, thronte er da, in dreifacher Lebensgröße. Vor der Statue erhob sich ein Sockel aus Onyx. Auf diesem ruhte, angestrahlt vom Licht der Lampen, das durch ein geschicktes Arrangement von Hohlspiegeln zu Lichtkegeln gebündelt war, eine kaum zehn Zentimeter hohe Nachbildung der Statue aus einer lichtdurchlässigen grünen Substanz.
    »Dieses«, erklärte der Tempeldiener, auf die Statuette deutend, »ist unser heiligstes Stück. Es wurde in den Tagen des Kalwm-Reiches von Khorbize, dem Halbgott der Künste, aus einem einzigen Balzhik-Block gehauen. Auf diese kleine Statue konzentrieren wir den Strom unserer ätherischen Kräfte, wenn wir zu Dashmok beten.«
    »Was meint er mit Balzhik?« fragte Reith.
    Der Priester übersetzte die Frage dem Tempeldiener, der zu einer wortreichen Erklärung anhub. Als er damit fertig war, sagte Khorsh: »Ein Balzhik ist … nun, eben ein Balzhik. Ich weiß nicht, wie ich das übersetzen könnte.«
    »Nichts weiter als ein Klumpen grünes Glas«, plärrte Silvester Pride.
    Aime Jussac klemmte sich eine Juwelierlupe ins Auge.
    »Fragen Sie ihn doch bitte mal, ob ich mir das Ding mal aus der Nähe anschauen darf.«
    »Er sagt, okay, wenn Sie es nicht berühren«, sagte Reith.
    Jussac beugte sich über die Statue und betrachtete sie einen Moment durch seine Lupe. Dann wandte er sich um und steckte die Lupe wieder ein. »Entweder handelt es sich um einen Smaragd von überragender Größe und Reinheit, oder die Krishnaner sind uns in der synthetischen Herstellung von Edelsteinen gewaltig voraus.«
    »Hey!« ächzte Pride. »Darf ich auch mal gucken?«
    »Aber nicht dran rumfummeln, Silvester!« zischelte Reith.
    »Nun halt mal die Luft an, Freundchen!« polterte Pride los, aber Mrs. Whitney Scott brachte ihn mit einem gestrengen Blick und einem »Psst!«, das keinen Widerspruch duldete, zum Verstummen.
    »Kommt, Leute, genug geguckt!« drängte Reith. »Wir müssen in einer Viertelstunde Krishnazeit in Kosambis Kapelle sein.«
    Die Kapelle der Herren des Lichts war ein großer kahler Raum, den die Sekte einen Block entfernt vom Tempel des Dashmok gemietet hatte. Man hatte einige Anstrengungen unternommen, dem Raum durch das Aufhängen von ein paar Bildern mit religiösen Motiven die Aura religiöser Weihe zu verleihen, was die Trostlosigkeit des Gesamteindrucks jedoch kaum lindern konnte.
    Stühle gab es nicht. Ungefähr dreißig Krishnaner saßen reihenweise auf dem Fußboden, das Gesicht der Stirnwand des Raums zugewandt. Dort stand hinter einem Chorpult Ganesh Kosambi, in eine orangegelbe Robe gehüllt.
    »Willkommen, liebe Freunde!« rief Kosambi strahlend, als Reith und seine Touristen hereingetröpfelt kamen. »Setzen Sie sich, wohin Sie wollen.«
    Die Touristen ließen sich auf dem Fußboden nieder. Kosambi nahm seine eben begonnene Predigt auf Gozashtando wieder auf. Zwischendurch hielt er immer wieder kurz inne und gab eine kurze Zusammenfassung auf Englisch. Seine Worte schienen der übliche Sermon, wie man ihn an jedem Sonntag in jedem beliebigen terranischen Gottesdienst hören konnte: feurige Ermahnungen an die Gemeindemitglieder, nicht zu lügen, zu stehlen, andere zu hauen oder umzubringen, gut und edelmütig gegenüber dem Nächsten zu sein, gegenüber den Nachbarn stets freundlich und zuvorkommend zu sein, den fremden Wanderer an den Abendbrottisch zu bitten und sich im übrigen aller sonstigen handelsüblichen Tugenden zu befleißigen. Kurz, es war hehr, hochherzig und tödlich langweilig.
    »Scheißgelaber!« murmelte Silvester Pride.
    Zum Glück war Kosambis Predigt kurz darauf zu Ende. Als nächstes sang die Gemeinde ein Lied auf Gozashtando.
    »Und nun, meine lieben Freunde«, begann Kosambi alsdann mit verheißungsvollem Beben in der Stimme, »kommen wir zu einem besonderen Teil unseres Rituals, an welchem teilzunehmen ich Sie herzlich einladen möchte. Wenn Sie mich rufen hören: Shar pu’an!, bedecken

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