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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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anderen Dörfern. Von
überallher nämlich gingen die Leute nach Naha.“
    Fisby war jetzt neugierig geworden.
„Und was habt ihr in Naha gemacht?“
    „Zuerst fuhren wir zum Markt. Da haben
sie einen großen viereckigen Platz, um den herum Bäume stehen. Dort wurden alle
Wagen in einer Reihe aufgestellt, und man wartete auf die Käufer für die süßen
Kartoffeln.“
    „Und dann?“
    „Wenn wir alle Kartoffeln verkauft
hatten, bezahlte Großvater den Mann, der uns den Wagen vermietet hatte. Und
wenn er dann noch etwas Geld übrig hatte, sagte er: ,Komm, Sakini, du bist ein
guter Junge gewesen. Hier, kauf etwas für dich.’ Und dann suchte ich Hokkaido.“
    „Ach“, sagte Fisby, „Hokkaido war auch
da?“
    „Ja, und in seinem schönsten Staat. Er
trug hier immer seinen Panamahut und sein bestes Hemd. Und er hatte sich sogar
aus Stroh einen Gürtel geflochten, den er sich um die Taille band, damit seine
Hosen nicht herunterrutschen konnten.“
    „Tatsächlich?“ Fisby blickte suchend
um sich. „Warte mal, Sakini, wir wollen dort hinübergehen und uns auf den
Holzstapel setzen.“ Sie gingen auf eine Stelle zu, wo ein Wagen eben Holz
abgeladen hatte. „Und was geschah“, fuhr Fisby fort, „wenn du Hokkaido gefunden
hattest?“
    „Nun, dann spazierten wir ins
Tsuij-Viertel.“
    „Ins Tsuij-Viertel?“
    „Dort waren alle Cha yas, Chef. Ein
sehr, sehr großer Block, der nur aus Teehäusern bestand. Manchmal kauften wir
uns an einer Bude eine Orange, die wir dann unterwegs aßen. Wissen Sie, was man
in Naha mit den Schalen macht, wenn man die Orange aufgegessen hat? Man wirft
sie einfach in die Gosse. Da wird sie vom Wasser fortgetrieben.“
    „Das war ja höchst luxuriös“, meinte
Fisby. „Eine Gosse mit fließendem Wasser!“
    „Sie hätten aber erst die Häuser sehen
sollen! Viele hatten fünf Stockwerke. Eins immer auf das andere gebaut, und ich
blieb auf der Straße stehen und konnte mich nicht satt sehen.“
    „Blieb Hokkaido auch immer stehen?“
    „Natürlich, Chef. Aber er achtete
nicht auf die Häuser, er achtete auf die Mädchen, die an uns vorüberkamen.“
    Fisby wunderte das nicht. Hokkaido
machte sich bestimmt nichts aus prächtigen Bauten. „Und was geschah, wenn ihr
ins Teehaus kamt?“ fuhr er fort. Sakinis Augen leuchteten verklärt. „Die vielen
Leute, die da waren! Sogar welche aus Kunigami, hoch im Norden. Man traf auf
Menschen, die man sonst ein ganzes Jahr nicht sah. Wir tranken Tee. Wir aßen
eine Portion Nudeln, man saß zusammen, man sprach vom Getreide und von der
Ernte, man erzählte Witze und lachte. Es war ein großer Spaß.“
    „Und sangen die Geishas für euch?“
    Sakini schüttelte den Kopf. „Dafür
hatten wir nie genug Geld, Chef.“
    „Ach so, dann kanntest du also
,Goldblume’ und Lotosblüte’ noch nicht, ehe sie hierherkamen?“
    „Nein, ,Lotosblüte’ habe ich einmal
gesehen, als sie in einer Rikscha an mir vorüberfuhr“, erklärte Sakini stolz.
„,Goldblume’ habe ich niemals gesehen. Es gab mehr als dreihundert Geishas in Naha,
und sie ist die berühmteste von allen. Wenn der Gouverneur ein großes Fest gab,
dann sang und tanzte sie dort. Oder sie ging in ein großes Cha ya, aber nie in
solche kleinen wie wir.“
    „Sie war also ziemlich berühmt?“
    „Das kann man wohl sagen. Überall auf
Okinawa kannte man ihren Namen. Sie war auch sehr reich, sie besaß eine Rikscha
und einen Boy, der sie zog. Und dreimal am Tag aß sie Reis; man erzählt sich,
sogar zum Frühstück schon.“ Der Ton, in dem Sakini das alles berichtete,
verriet, wie sehr ihm das alles imponierte. „Und einige behaupten sogar, daß
sie Leute hatte, die den Reis für sie kochten, die ihr den Tee bereiteten, und
Leute, die ihr die Wohnung fegten. Und alle ihre Kimonos sollen von der Ginza
stammen.“
    „Woher?“
    „Von der Ginza. Das ist eine große
Straße in Tokio, wo es nur die teuersten Sachen zu kaufen gibt. Neulich abends
sagte der Bürgermeister, einige von ihren Kimonos kosteten zweitausend Yen. Und
sie trinkt nur Tee aus China und den Ginsengtee aus Korea.“ Fisby wurde
nachdenklich. Sie kaufte also in einer Straße, die für Japan das gleiche sein
mochte wie die Fifth Avenue für Amerika, und sie trank nur Tee aus dem Auslande
— wie war das alles nur möglich? „Sakini, ich denke, sie und ,Lotosblüte’
gehörten Herrn Motomura — woher hatten sie dann das viele Geld?“ Sakini kratzte
sich am Kopf. „Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, Chef.

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